Zwischenbericht der 18. Wahlperiode: starker Anstieg an Eingaben durch Petitionen mit Corona-Bezug

 

MÜNCHEN.    Gemäß § 82 der Geschäftsordnung für den Bayerischen Landtag ist der Vollversammlung über die Behandlung der Petitionen jeweils zur Hälfte der Wahldauer des Landtags mündlich zu berichten. Die Zahlen des aktuellen Zwischenberichts weisen einen deutlichen Zuwachs an Eingaben durch Petitionen mit Corona-Bezug auf – und damit verbunden ein beachtlicher zusätzlicher Arbeitseinsatz in den Ausschüssen.

„Das Petitionsrecht ist ein Grundrecht und sowohl im Grundgesetz als auch in der Bayerischen Verfassung verankert. Wer dieses Recht in Anspruch nimmt, ist weder Bittsteller noch Besserwisser, sondern Bürger oder Bürgerin mit einem konkreten Problem oder einem mehr oder weniger konkreten Anliegen.“ Mit diesen Worten eröffnete Stephanie Schuhknecht (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), Vorsitzende des Ausschusses für Eingaben und Beschwerden, die mündliche Berichterstattung über die Behandlung von Petitionen zur Hälfte der 18. Wahlperiode in der Vollversammlung am 6. Juli 2021. Eine Petition ist für Bürgerinnen und Bürger der direkte Weg, ihre Anregung oder Kritik an das Parlament zu richten. Pro Legislaturperiode gehen tausende Petitionen beim Landtag ein und in den vergangenen Monaten konnte ein enormer Anstieg verzeichnet werden, wie der Zwischenbericht(Dokument vorlesen) zeigt.

 

Petitionen mit Corona-Bezug machen fast ein Sechstel aller Eingaben aus

Im Berichtzeitraum vom 05.11.2018 bis 30.04.2021 reichten Bürgerinnen und Bürger – einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen – insgesamt 6.025 Petitionen ein. Das entspricht einem Anstieg von acht Prozent.

 

Die Eingaben und Beschwerden wurden den Ausschüssen wie folgt zugewiesen:

 

Für den maßgeblichen Zeitraum konnten 954 Petitionen mit Corona-Bezug ermittelt werden. Sie machen somit fast ein Sechstel aller Eingaben aus. Die überwiegende Zahl wurde dabei im Ausschuss für Gesundheit und Pflege behandelt – sei es zum Abstandsgebot in Pflegeeinrichtungen, zur Durchführung von Hochzeitsfeiern oder zur schnellstmöglichen Öffnung der Kitas.

Verteilung der Petitionen mit Corona-Bezug in den Ausschüssen:

Ausschuss Petitionen mit Corona-Bezug
Bildung und Kultus 194
Wohnen, Bau und Verkehr 10
Eingaben und Beschwerden 50
Gesundheit und Pflege 476
Staatshaushalt und Finanzfragen 7
Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport 24
Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 3
Fragen des öffentlichen Dienstes 21
Arbeit und Soziales, Jugend und Familie 40
Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Integration 27
Wirtschaft, Landesentwicklung, Energie, Medien und Digitalisierung 16
Wissenschaft und Kunst 74
Sonstige (nicht als Petition behandelt) 11

 

Stimmen der Abgeordneten zu den Stimmen von Bürgerinnen und Bürgern

Dass das Petitionsrecht ein wichtiges Instrument der Bürgerinnen und Bürger ist, um politisch mitzuwirken, darin waren sich alle Ausschuss- und Fraktionsmitglieder in der Vollversammlung einig. Doch auch für die Abgeordneten sah Alexandra Hiersemann (SPD) immense Chancen des Wirkens: „Petitionen sind der Dialog zwischen Repräsentanten und Repräsentierten. Dieser Dialog ist gerade in Zeiten von Fake News, von Politikverdrossenheit und angesichts der Ablehnung unseres Rechtsstaats von vielen Menschen wichtiger denn je zuvor. Der Petitionsausschuss erfüllt hier eine ganz besondere Aufgabe“.

Viele der Ausschussmitglieder begrüßten zudem, dass trotz zahlreicher abgelehnter Anträge die Zahl der Eingaben, insbesondere durch die Petitionen mit Corona-Bezug, weiterhin zunehmen. „Leider können wir nicht allen Petenten helfen. Zwei Drittel der Petitionen werden negativ verabschiedet. Das ist für uns sehr ernüchternd. Umso erfüllender ist es, wenn es uns gelingt, zielorientierte Lösungen zu finden. Bei vielen Eingaben können wir im Sinne der Petenten vermitteln“, so Rainer Ludwig (FREIE WÄHLER).

Dr. Harald Schwartz (CSU) wertete die Ablehnung zahlreicher Petitionen als gutes Zeichen für das Funktionieren unseres Staatswesens: „Ich halte es für sehr, sehr positiv, dass wir feststellen können, dass ganz vielen Anliegen nicht abgeholfen wird. Warum? – Das zeigt doch, dass, wenn die drei Gewalten ihren Job richtigmachen, es für uns an ganz vielen Stellen keinen Anlass gibt, einzuschreiten. Manchmal ist es notwendig, Dinge noch besser zu erklären, manchmal vielleicht auch richtig, dem einen oder anderen Bürger eine unbequeme Wahrheit zu sagen. Es ist aber sehr positiv, festzustellen, dass Bayern insgesamt in allen Bereichen so gut funktioniert, dass es schlicht keinen Anlass, keinen Grund gibt, einzuschreiten.“

 

Kritik an den Ausschusssitzungen

Etwas Positives, derart viele Anträge ablehnen zu müssen, konnte Toni Schuberl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) nichts abgewinnen: „Zentral für unsere Entscheidung ist weniger die Petition an sich, sondern – ich betone – die Stellungnahme der Staatsregierung. (…) Statt weiterhin Enttäuschungen zu produzieren, sollten wir versuchen, mit den Menschen gemeinsam Lösungen für ihre Probleme zu finden. Das bedeutet Arbeit. Das braucht Zeit, personelle Ressourcen und vor allem eine Stelle im Landtag, die eine Stellungnahme unabhängig von der Staatsregierung erstellt. Wir schlagen daher eine Reform des bayerischen Petitionsrechts vor.“

Während es Schuberl mit seiner Kritik vor allem um die organisatorischen Abläufe ging, die seiner Ansicht nach einer Reform bedürfen, sah Uli Henkel (AfD) die Ursache für die Unzufriedenheit einiger Bürgerinnen und Bürger vielmehr in den inhaltlichen Schwerpunkten der Ausschüsse: „Ich weiß, dass leider viele von Ihnen auch hier im Hohen Hause mit Enthusiasmus daran arbeiten, eine diverse Einwanderungsgesellschaft zu schaffen. Das ist ein Sozialexperiment, dem ich kein gutes Ende prophezeie. Im wohlverstandenen Interesse unseres Landes liegt es jedenfalls aus meiner Sicht nicht, weshalb wir uns stattdessen doch lieber deutlich mehr um die Anliegen unserer eigenen Bürger kümmern sollten.“

Von den Abläufen, Verfahren und Debatten in den einzelnen Ausschüssen kann sich jeder auf dem YouTube-Kanal des Bayerischen Landtags selbst ein Bild machen – wie Albert Duin (FDP) zum Zwischenbericht in der Vollversammlung bestätigte: „Wir haben im Ausschuss eine Besonderheit: Wir tagen nämlich öffentlich, und zwar jedes Mal zum großen Teil. Das haben nicht einmal die Berliner, die das nur vier Mal im Jahr tun. Wir sollten stolz darauf sein, hier die direkte Demokratie zu leben.“

 

/ LC

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