Bayerisches Brexit-Übergangsgesetz steht im Landtag auf der Tagesordnung

Mittwoch, 13. Februar 2019
– Von Jürgen Umlauft –

Mit einem Brexit-Übergangsgesetz will die Staatsregierung nach dem geplanten Austritt Großbritanniens aus der EU am 29. März Rechtssicherheit für bayerische Bürger, Behörden und Unternehmen schaffen. Staatskanzleiminister Florian Herrmann (CSU) bedauerte, den Entwurf in den Landtag einbringen zu müssen, da damit eine von der Staatsregierung nicht gewünschte Entwicklung nachgezeichnet werden müsse. „Der Brexit ist nach wie vor ein historischer Fehler und ein zivilisatorischer Rückschritt für die gesamte europäische Entwicklung“, sagte er. Man müsse aber das Votum der Menschen in Großbritannien zur Kenntnis nehmen und sich deshalb bestmöglich auf den Brexit vorbereiten.

Der Gesetzentwurf (Drucksache 18/266(Dokument vorlesen)) geht davon aus, dass das britische Parlament den mit der EU ausgehandelten Brexit-Vertrag doch noch ratifiziert und es zu einem geordneten EU-Austritt mit einer Übergangsfrist bis Ende 2020 kommt. In dieser Zeit sollen die vertraglichen Vereinbarungen zwischen den EU-Staaten und Großbritannien in Kraft bleiben, um in Ruhe Nachfolgeregelungen aushandeln zu können. Dementsprechend sieht der Gesetzentwurf der Staatsregierung vor, dass auch die rechtlichen und vertraglichen Bindungen zwischen Bayern und Großbritannien in diesem Zeitraum unverändert Gültigkeit haben. Sollte es einen „No-Deal-Brexit“ geben, wäre das Übergangsgesetz obsolet, da alle Vereinbarungen mit Großbritannien mit einem Schlag unwirksam wären. „Das wäre ein gewaltiger historischer Rückschritt, denn das Vereinigte Königreich ist seit jeher ein wichtiger Partner des Freistaats“, erklärte Staatskanzleiminister Dr. Florian Herrmann.

Eine sofortige Änderung ergibt sich mit dem Brexit beim Wahlrecht. Demnach dürfen sich alle in Bayern lebenden Briten weder an der Europawahl im Mai noch an den Kommunalwahlen im März 2020 beteiligen. Der Verlust des Wahlrechts sei mit dem Austritt Großbritanniens aus der EU rechtlich zwingend, betonte Staatskanzleiminister Florian Herrmann (CSU) –zwar unabhängig davon, ob es zu einem harten Austritt („No Deal“) oder der geplanten Übergangsregelung bis Ende 2020 kommt. 2014 bei der letzten Kommunalwahl gewählte Gemeinde-, Stadt- und Kreisräte mit britischem Pass müssten mit dem Austrittsdatum 29. März ihre Mandate unverzüglich zurückgeben und durch Listennachfolger ersetzt werden. In Bayern lebende Briten dürfen sich dann auch nicht mehr an Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden beteiligen.

Übergangsentwurf der Staatsregierung findet breite Zustimmung

Der Übergangsentwurf der Staatsregierung fand im Landtag breite Zustimmung. Die Grünen allerdings kritisierten den Wegfall des Wahlrechts für Briten bei Kommunalwahlen. Hier lebende Menschen sollten nicht von der kommunalen Teilhabe ausgeschlossen werden, erklärte Florian Siekmann Er forderte ein Kommunalwahlrecht auch für alle Nicht-EU-Bürger in Bayern. Siekmann sprach sich dafür, dass Großbritannien auch nach dem EU-Austritt „Nachbar und Partner bleiben“ müsse. Dabei müsse aber klar sein, „dass ein Drittstaat nicht alle Vorteile der EU genießen kann, ohne die Pflichten der Union mitzutragen“.

„Kleines Pflaster auf eine große Wunde“

Die AfD begrüßte den Brexit. Die Briten würden damit ihre Souveränität wiedererlangen, auch wenn dies absehbar wirtschaftlich negative Folgen für das Land haben werde, sagte der AfD-Abgeordnete Uli Henkel Die EU müsse mit grundlegenden Reformen auf den Austritt Großbritanniens reagieren. Markus Rinderspacher (SPD) erklärte, mit dem Gesetzentwurf mache die Staatsregierung ihre „legislativen Hausaufgaben“. Helmut Markwort (FDP) bezeichnete den Gesetzentwurf der Staatsregierung als „kleines Pflaster auf eine große Wunde“. Das sei „korrekt und ehrenwert“, werde aber der „Katastrophe Brexit nicht annähernd gerecht“. Markwort kritisierte, dass sich Bayern anders als andere Bundesländer noch nicht intensiv um die Ansiedlung britischer Firmen bemüht habe, die nach dem Brexit einen Standort in der EU suchten.

Nach Ansicht von Dr. Franz Rieger (CSU) schafft der Gesetzentwurf Kontinuität, Rechtssicherheit und Berechenbarkeit für den angestrebten zweijährigen Übergangszeitraum. Ob dieser aber komme, sei wegen der unübersichtlichen innenpolitischen Lage in London ungewiss. „Mit bangem Blick schauen wir nun seit Wochen über den Ärmelkanal und hoffen alle, dass die Briten noch einen guten Austritt schaffen“, sagte Rieger. „Bayern ist bestens auf den Brexit vorbereitet – so gut es eben geht“, ergänzte Europaausschussvorsitzender Tobias Gotthardt (FREIE WÄHLER). Man müsse alles daran setzen, dass es im Freistaat keine Brexit-Verlierer gebe. Insgesamt sei der Brexit ein großer „Schmarrn“, klagte Gotthardt.

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Redebeiträge

Die Redebeiträge zur Ersten Lesung zum Bayerischen Brexit-Übergangsgesetz können Sie auch nachträglich mitverfolgen auf den Seiten des parlamentarischen Informationssystems von  Plenum Online

Siehe dazu 9. Plenarsitzung, Top 1, vom 13.02.2019

Den Wortlaut der Reden finden Sie auch hier im Protokoll

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