Debatte um Zukunft der Realschulen

Dienstag, 12. Juli 2016
– Von Ina Friedl –

Die Freien Wähler des Landtags machen die Realschulen zum Thema der Aktuellen Stunde und überraschen damit die Regierungsfraktion. Die Realschule sei im Gegensatz zum Gymnasium in der Vergangenheit keine Herzensangelegenheit der Freien Wähler gewesen, sagt Peter Tomaschko (CSU). Die Wahl des Themas und die damit verbundene Kritik an der Staatsregierung hält die CSU dann auch für nicht angebracht: Es gebe keinen Grund, die Realschulen schlechtzureden, findet Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU). Von zu großen Klassen, über einen Mangel an Lehrkräften, bis zu massivem Stundenausfall finden die Freien Wähler indes einige Kritikpunkte, in die SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einstimmen.

Nach vielen Fußball-intensiven Wochen, muss Prof. Dr. Michael Piazolo (FREIE WÄHLER) dieser Vergleich wohl auf der Hand gelegen sein: „Die Realschule ist für Bayern, was Toni Kroos für die deutsche Nationalmannschaft ist“, sagt er in der Aktuellen Stunde im Bayerischen Landtag. Sie seien enorm wichtig und leistungsstark, würden aber irgendwie nicht so wahrgenommen.

In der Aktuellen Stunde bietet sich jetzt Gelegenheit ausführlich über die bayerischen Realschulen zu sprechen. Für die CSU eine Gelegenheit, die Bedeutung der Realschule und aktuelle positive Entwicklungen darzustellen – für die Opposition eine Gelegenheit Kritik zu üben. Und diese kommt reichlich: Zunächst einmal sind da übervolle Klassen zu beklagen. 30 Schüler in einer Klasse sind keine Seltenheit und für die Opposition deutlich zu viele. Der Schnitt liege bei 26,2 für das Schuljahr 2014/2015, entgegnet Peter Tomaschko. Im Vergleich zu den Vorjahren ein abermals niedrigerer Wert. Im Übrigen gäbe es keine wissenschaftlichen Studien, die einen Zusammenhang zwischen großen Klassen und schlechter Leistung belegen, fügt Prof. Dr. Gerhard Waschler noch hinzu.

Weiterer Kritikpunkt Stundenausfall: Eine Anfrage der SPD-Fraktion hat ergeben, dass in bayerischen Realschulen 11 Prozent der Stunden ausfallen. Das sei aber nur der Anteil des nicht planmäßig stattgefundenen Unterrichts, entgegnet die CSU-Fraktion. Ersatzlos ausgefallene Stunden befänden sich auf einem Tiefstand.

Der genaue Wortlaut der Aktuellen Stunde „Zukunft der Realschulen jetzt gestalten“, bringt auch eine Diskussion über den Aufbau der Ganztags-Klassen mit sich. Kerstin Schreyer-Stäblein (CSU) beteuert, dass beim Ausbau der Ganztagesklassen kein Unterschied zwischen Gymnasium und Realschule gemacht werde. Der Aufbau von Ganztagsklassen sei auch in der Realschule eine Aufgabe für die Zukunft. Für sie besonders erfreulich: Jeder genehmigungsfähige Antrag auf eine Ganztagsklasse konnte bisher auch bewilligt werden. Allein die Nachfrage sei geringer als in anderen Schularten. Margit Wild (SPD) teilt diese Euphorie nicht. Für sie fehlt es dem Aufbau von Ganztagsklassen an Mitteln und pädagogischen Konzepten.

Der ganz große Aufreger aber ist für die Opposition die Stellensituation. Originäre Planstellen sind in ein allgemeines Stellen-Kontingent eingegangen und werden daraus nur mehr nach Bedarf verteilt. Diese Praxis wird demografische Rendite genannt und ist für die Staatsregierung gerade das Mittel, mit dem ein Stellenabbau verhindert wird. „Diese Stellen hätten eigentlich gestrichen werden müssen“, sagt Tomaschko. „Die CSU hat aber erwirkt, dass diese Stellen weiterhin zur Verfügung stehen“. Das kommt auch der Realschule zugute: Staatsminister Dr. Ludwig Spaenle spricht von 250 Stellen, die zusätzlich den Realschulen zugehen. „Das ist ungefähr eine zusätzliche Stelle pro Realschule“, sagt Tomaschko.

Noch ärger stößt FREIE WÄHLER, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Situation der Referendare auf. Kerstin Schreyer-Stäblein muss der Kritik zustimmen: Es sei eine schwierige Situation, dass manch gut ausgebildeter Realschul-Referendar nicht übernommen werden kann, aber man habe hier leider einen engen Einstellungskorridor. Manch Referendar könne nicht eingestellt werden – ein Raunen geht durch die Bänke der Opposition. Nur 3,5 Prozent der Referendare ist letztes Jahr übernommen worden, so Michael Piazolo und Margit Wild sagt: „Das ist schizophren für mich: So viele gut ausgebildete Lehrer stehen auf der Straße und in den Klassen gibt es so viel zu tun.“

So viel zu tun – da denkt Margit Wild zum Beispiel an die Inklusion, die als neue Aufgabe auch den Realschulen abverlangt wird. Die Realschule habe ohnehin ein sehr breites Aufgabenspektrum, sagt Thomas Gering (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Die Schülerschaft spanne den gesamten Bogen von Gymnasium bis Mittelschule. Zur Erfüllung all dieser Aufgaben fordert Gehring eine bessere Ausstattung der Realschulen.

Die Anforderungen an die Realschule werden wachsen, das sieht auch Staatsminister Spaenle so. Wie Waschler fordert aber auch er, die Realschule nicht schlecht zu reden. Sie sei eine starke Schulart im gegliederten bayerischen Bildungswesen. Auf die Herausforderungen der Zukunft sei man vorbereitet.

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