Eröffnungsworte der Landtagspräsidentin nach der parlamentarischen Sommerpause

Mittwoch, 30. September 2015

Landtagspräsidentin Barbara Stamm hat in den Eröffnungsworten der ersten Plenarsitzung nach der parlamentarischen Sommerpause zu der Asylsituation in Bayern Stellung bezogen und die großartige Hilfsbereitschaft der Bürgerinnen und Bürger Bayerns gelobt. Die im Plenum über die Flüchtlingskrise geführte politische Debatte können Sie mitverfolgen auf den Seiten des parlamentarischen Informationssystems von Plenum-Online

Stamm erklärte: „In den vergangenen Wochen sind Tausende Flüchtlinge zu uns nach Bayern gekommen. Sie haben sich aus Krisen- und Kriegsgebieten auf den Weg in Richtung Europa gemacht in der Hoffnung auf ein Leben in Sicherheit und auf neue Perspektiven für sich selbst und ihre Familien. Viele begeben sich in die Hände von skrupellosen Schleppern, die ihre Notlage ausnutzen und sie in lebensgefährliche Situationen bringen. Wir alle kennen die unerträglichen Bilder.


Die Not der Flüchtlinge berührt die Menschen in Bayern. Und ihr Mitgefühl hat zu einer großartigen Welle der Solidarität und der Hilfsbereitschaft geführt, die weltweit größte Anerkennung gefunden hat. Im Namen des Bayerischen Landtags danke ich den vielen, vielen haupt- und ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern überall im Freistaat für ihr außerordentliches Engagement bei der Aufnahme und Betreuung von Flüchtlingen.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in allen staatlichen und kommunalen Behörden, in den Wohlfahrtsverbänden, bei den Rettungsdiensten und insbesondere auch unsere Polizistinnen und Polizisten leisten hervorragende Arbeit. Sie engagieren sich weit über ihre Dienstpflichten und Dienstzeiten hinaus. Und viele Bürgerinnen und Bürger helfen freiwillig in dieser humanitären Ausnahmesituation in eindrucksvoller Weise: Sie leisten Geld- und Sachspenden und sie nehmen sich für die Flüchtlinge Zeit, für Sprachunterricht oder Begleitung bei Behördengängen. Ohne ihren Einsatz wären die vielfältigen Aufgaben nicht zu bewältigen. Ob Haupt- oder Ehrenamtliche – sie alle sind in den letzten Wochen bis an ihre Grenzen gegangen – und oft auch darüber hinaus. Diese Menschen dürfen wir aber auch nicht überfordern.

Ihnen allen möchte im Namen des Bayerischen Landtags unseren herzlichsten Dank und unsere große Anerkennung aussprechen! Die beeindruckende Hilfsbereitschaft setzt den beschämenden Ausschreitungen einer Minderheit ein kraftvolles Zeichen entgegen. Gewalt gegen Flüchtlinge und Polizisten, Anschläge auf Unterkünfte, Einschüchterung von Menschen, die sich um eine Willkommenskultur bemühen – all diesen Tendenzen müssen und werden wir weiterhin mit der gebotenen Entschlossenheit begegnen. Intoleranz und Fremdenhass haben bei uns keinen Platz. Die Menschenwürde gilt für alle, die in unserem Land leben. Und dabei spielt es keine Rolle, wie lange jemand bei uns bleibt oder bleiben darf.

Allerdings ist es klar zu unterscheiden: Diese unerträglichen Ausschreitungen haben nichts zu tun mit den Sorgen und Bedenken der Bürgerinnen und Bürger, ob und wie wir in den Kommunen die Aufnahme und die Integration von Flüchtlingen stemmen. Haben wir ausreichend Unterkünfte und später auch genug Wohnraum? Brauchen unsere Lehrer und Schulen mehr Unterstützung? Gibt es genügend Angebote für den Sprachunterricht? Können wir die Erwartungen der Flüchtlinge erfüllen? Das alles sind berechtigte Fragen. Und auf sie gilt es Antworten zu finden. Antworten finden bedeutet, dass wir eine erfolgreiche Integration brauchen.“

Zugleich betonte die Landtagspräsidentin die Bedeutung der Integration der Asylbewerber: „Wer aus einer völlig anderen Kultur zu uns kommt, muss die Möglichkeit haben, sich zu orientieren, unseren Alltag mitzuerleben und teilzuhaben an unserer Gemeinschaft. Dafür brauchen wir Integrations-Angebote insbesondere im niederschwelligen Bereich. Denn sie schaffen die unbedingten Voraussetzungen für eine gelingende Integration.

Aber ich betone ganz bewusst in dieser Stunde: Eine gelingende Integration – das ist eine Gemeinschaftsleistung: Wer bei uns leben will, muss sich auf unsere Werte einlassen und unsere Gesetze anerkennen. Sie waren in den vergangenen 70 Jahren der Garant für unseren Wohlstand, unsere Sicherheit und die Stabilität unseres Landes. Sie werden und müssen es auch in Zukunft sein. Denn nur auf diesem Fundament können sind wir in der Lage, die Integration bewerkstelligen zu können. Wir sind uns einig: Zur Lösung der Aufgaben bedarf es einer gemeinsamen Anstrengung aller Beteiligten auf kommunaler, auf Landes- und Bundesebene sowie aller Nationalstaaten in der Europäischen Union. Ich würde heute sagen: Anstrengungen weltweit.

Das bedeutet, dass wir uns auch hier im Bayerischen Landtag intensiv mit dem Thema beschäftigen werden. Lassen Sie uns dies – bei allen Unterschieden in einzelnen Sachfragen –  konstruktiv und fair miteinander angehen – im Interesse aller, die unsere Hilfe brauchen, aber auch im Interesse der Bürgerinnen und Bürger Bayerns und im Interesse des Ansehens unseres Parlaments.“

Anknüpfend an ihre Worte anlässlich des Bürgerfests 25 Jahre Deutsche Einheit am 29. September unterstrich Landtagspräsidentin Barbara Stamm erneut, dass die aktuelle Situation eine weitaus größere Herausforderung bedeute, als es die Deutsche Einheit war.

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