Landtag regelt Rederechte im Plenum neu

Mittwoch, 21. März 2019

205 statt 180 Abgeordnete und 6 statt 4 Fraktionen: Der Bayerische Landtag in der neuen, 18. Wahlperiode ist größer und bunter geworden. Mit der Begründung, eine effiziente und bürgernahe Arbeit auch im 6-Fraktionen-Parlament zu ermöglichen, haben die Regierungsfraktionen CSU und FREIE WÄHLER rund 30 Änderungen im organisatorischen Ablauf der Plenarsitzungen initiiert und heute beschlossen.

Ein Großteil der Änderungen in der Geschäftsordnung, die in den letzten Wochen intensiv beraten wurden, sind fraktionsübergreifend Konsens. Umstritten sind allerdings insbesondere neue Regelungen bei den Zwischenbemerkungen, bei der Redezeitverteilung sowie bei der Begrenzung von Redezeiten im Landtagsplenum bei Einzelberatungen, weshalb die Oppositionsfraktionen des Landtags – BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, AfD, SPD und FDP – gegen die Änderungen der Geschäftsordnung stimmten.

Zwischenbemerkungen – spontane Wortmeldungen von Abgeordneten zu Redebeiträgen anderer Fraktionen – waren im Jahr 2000 in die Geschäftsordnung mit dem Ziel aufgenommen worden, die Debatten im Plenum zu beleben. Damals gehörten dem Parlament insgesamt drei Fraktionen an. Zwischenbemerkungen durften zwei Minuten dauern, waren von der Anzahl jedoch unbegrenzt.
Mit Blick auf die nun doppelte Anzahl an Fraktionen im Plenum sieht die Änderung in der Geschäftsordnung vor, dass künftig jeder Fraktion pro Beratungsgegenstand drei Zwischenbemerkungen mit einer Dauer von jeweils einer Minute zustehen, die nicht auf die Redezeit der Fraktionen angerechnet werden. Die Neuregelung soll verhindern, dass sich allein durch Zwischenbemerkungen das Redezeitbudget vervielfacht.

Auch Änderungen der Geschäftsordnung, die Einzelberatungen im Plenum betreffen, kritisiert die Opposition. Bislang können Einzelberatungen zu allen einzelnen Bestimmungen der Gesetzentwürfe durchgeführt werden – eine Regelung, die so bestehen bleibt. Angesichts der öffentlichen Beratungen, die dazu in den Ausschüssen stattfinden, sieht die Neuregelung der Geschäftsordnung vor, dass im Plenum die Gesamtredezeit der Einzelberatung das Doppelte der Gesamtredezeit des Beratungsgegenstands nicht überschreiten darf.

Auch bei der Verteilung der Gesamtredezeiten der Fraktionen gibt es umstrittene Änderungen: Bislang wurden die Redezeiten zu zwei Dritteln gleichmäßig auf alle Fraktionen und zu einem Drittel nach dem Stärkeverhältnis verteilt. Nach der neuen Regelung erfolgt die Aufteilung der Redezeit nun zur Hälfte nach dem Stärkeverhältnis, während die andere Hälfte der Gesamtredezeit zu gleichen Teilen auf alle Fraktionen entfällt. Anders verfahren wird lediglich bei den Dringlichkeitsanträgen, bei denen weiterhin die alte Redezeitverteilung gilt.

Ziel der Neuregelungen sei es, ein „faires und transparentes Verfahren“ im Plenum zu gewährleisten, erklärte der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU, Tobias Reiß. Hierzu seien im Vorfeld alle Fraktionen einbezogen worden. Bei 90 Prozent der Änderungen, so Reiß, bestünde ohnehin das Einvernehmen aller Fraktionen. Bei den umstrittenen Regelungen, etwa bei der Begrenzung der Anzahl der Zwischenbemerkungen, sei die Regierungskoalition nochmals mit einem Änderungsantrag auf die Opposition zugegangen. So sei die Anzahl der Zwischenbemerkungen von anfangs 2 auf jetzt 3 erhöht worden.

Für die Oppositionsfraktionen reichte dieses Entgegenkommen nicht aus, um den Änderungen der Geschäftsordnung insgesamt zuzustimmen. Die Regierungskoalition habe die Chance vertan, auf eine breite Mehrheit zu setzen, bedauerte Jürgen Mistol, Parlamentarischer Geschäftsführer von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Debatten über die Geschäftsordnung des Parlaments spiegelten immer dessen Selbstverständnis wider. Aus Sicht der Grünen sei der Bayerische Landtag ein Arbeitsparlament, in dem sich die Abgeordneten Zeit für Debatten nehmen sollten.

Als „Beschneidung der parlamentarischen Rechte“ wertete Christoph Maier, Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD, die Änderungen der Geschäftsordnung. Durch die neuen Regeln versuche die CSU, sich die Dominanz zurückzuholen, die sie bei den Wahlen verloren habe.

Heute sei kein guter Tag für den Umgang der Regierungsmehrheit mit den Rechten der Opposition, stellte Volkmar Halbleib, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD, fest. Er kritisierte insbesondere die Redezeitbegrenzung bei Einzelberatungen und bei den Zwischenbemerkungen.

Matthias Fischbach, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP, erblickte „Licht und Schatten“ bei den Änderungen. So gäbe es aus seiner Sicht durchaus sinnvolle Neuerungen. Die Debattenkultur, so Fischbach, würde allerdings „veröden“.

Demgegenüber verteidigte Dr. Fabian Mehring, Parlamentarischer Geschäftsführer der FREIEN WÄHLER, die Pläne als Kompromiss zwischen der Lebendigkeit von Plenardebatten einerseits und notwendiger Effizienz andererseits. Verhindert werde das „Filibustern“. Außerdem, so Mehring, beträfen alle Einschränkungen auch CSU und FREIE WÄHLER. /kh

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