Staatsregierung bringt Gesetzentwurf für bayerisches Betreuungsgeld ein

Dienstag, 8. Dezember 2015
– Von Eva Spessa –
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Das Bundesgesetz zum Betreuungsgeld hatte das Bundesverfassungsgericht im vergangenen Juli gekippt. Die Begründung: Für Familienleistungen wie diese sind die Länder zuständig. Ministerpräsident Seehofer kündigte daraufhin an, das Betreuungsgeld in Bayern als Landesleistung erhalten zu wollen. In der Plenarsitzung vom 8. Dezember legte die Staatsregierung nun einen entsprechenden Gesetzentwurf vor.

„Die bayerische Staatsregierung hält Wort“, begann Sozialministerin Emilia Müller die Erste Lesung zum Gesetzentwurf der Staatsregierung für ein Bayerisches Betreuungsgeldgesetz. Mit dem Betreuungsgeld wolle man die Wahlfreiheit der Eltern stärken. Dass 73 Prozent der Bezugsberechtigten die Leistung in Anspruch genommen haben, wertete sie als klare Zustimmung der Eltern. Gleichzeitig, so betonte die Ministerin, wolle man die öffentlich geförderte Betreuung ausbauen: Es gehe hier nicht um ein Entweder-oder, sondern um ein Sowohl-als-auch – „Bayern macht beides“.

Den Leistungsumfang hat der bayerische Gesetzentwurf vom Bundesbetreuungsgeld übernommen: Eltern, die ihre Kinder unter drei Jahren nicht in einer öffentlich geförderten Kita betreuen lassen, erhalten im Anschluss an das Elterngeld 150 Euro pro Monat für maximal 22 Monate. Neu ist, dass die Jugendämter und Träger von Kindertageseinrichtungen die Eltern über die Inanspruchnahme einer öffentlich geförderten Kinderbetreuung als Ausschlusskriterium für das Betreuungsgeld informieren müssen. Eine weitere Neuerung: Die Leistung ist an den Nachweis altersentsprechender Früherkennungsuntersuchungen bei den Kindern geknüpft.

Doris Rauscher (SPD) eröffnete die Debatte: 150 Euro reichten nicht aus, um sein Kind ohne finanzielle Sorgen zu Hause zu betreuen. „Entscheidungsfreiheit haben nur die Eltern, die es sich ohnehin leisten können“, stellte sie fest. Alle anderen seien auf gute Rahmenbedingungen auch über Kitaplätze hinaus angewiesen: „Es geht nach wie vor um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.“ Außerdem, das hätten Studien aus Skandinavien gezeigt, schwäche das Betreuungsgeld die Position von Frauen in der Gesellschaft. Eine breite Zustimmung sah sie ebenfalls nicht: 63 Prozent der Menschen in Bayern sähen das Geld lieber in frühkindliche Bildung investiert, die für alle Kinder zugänglich sein solle.

Familien hätten das Recht, selbst über ihren Lebensentwurf zu entscheiden, betonte der Sozialausschussvorsitzende Joachim Unterländer (CSU), und das Betreuungsgeld sei ein Beitrag zu echter Wahlfreiheit. Man müsse nach der entsprechenden Zusage als Freistaat Bayern glaubwürdig bleiben, deshalb begrüße er die nahtlose Weiterführung des Betreuungsgeldes auf Landesebene – darauf hätten sich Menschen in ihrer Familienplanung verlassen. „Wir werden deshalb den Weg der weiteren Unterstützung der Familien in dieser wichtigen Lebensphase gehen.“

Das Betreuungsgeld würde von Eltern und Fachverbänden mehrheitlich abgelehnt, so Eva Gottstein (FREIE WÄHLER). Und anders als von der Staatsregierung behauptet, gäbe es durchaus einen Bestandschutz: Wer das Betreuungsgeld bis zum Stichtag beantragt habe, erhalte es auch weiterhin – das Argument, eine verlässliche Regelung für diese Eltern zu benötigen, sei also hinfällig. Das einzig gute an diesem „sinnlosen Gesetz“ sei die Kopplung der Leistung an die Früherkennungsuntersuchungen. Wahlfreiheit stelle es definitiv nicht her, und es würde auch der Erziehungsleistung der Mütter oder Väter, die zu Hause blieben, nicht gerecht.

Kerstin Celina (Bündnis 90/Die Grünen) fand es absurd, Eltern Geld dafür zu geben, dass sie aus ganz persönlichen Gründen eine Leistung nicht in Anspruch nehmen, die der Staat für alle Eltern und Kinder bereitstellt. Mittel würden mit der Gießkanne verteilt, ohne einen individuellen Bedarf in den Blick zu nehmen. Die Familien am unteren Rand des bayerischen Einkommensspektrums profitierten am wenigsten davon: Viele erhielten Unterstützung durch Landeserziehungsgeld, und dann sei es eine unzulässige Doppelleistung. Abschließend fragte sie, wo man die notwendigen 230 Millionen Euro pro Jahr einsparen wolle – „aus der Portokasse werden sie nicht kommen“.

Familien ließen sich nicht in ein Schema pressen, resümierte Ministerin Müller. Deshalb wolle man alle Möglichkeiten der Kinderbetreuung unterstützen. Das gälte sowohl für die Nutzung einer staatlich geförderten Kita als auch für eine selbstorganisierte Kinderbetreuung. „Wir haben nicht das Recht zu entscheiden, was für das Kind besser ist.“

 

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