Infektionsschutz-Parlamentsbeteiligungsgesetz in der Ersten Lesung

28.05.2020

Die FDP hat den Entwurf eines Infektionsschutz-Parlamentsbeteiligungsgesetzes in den Landtag eingebracht. Mit diesem sollen die Rechte der Volksvertretung bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie gestärkt werden. „Wir haben in den vergangenen zweieinhalb Monaten die drastischsten Einschränkungen unserer Grundrechte in der Geschichte der Bundesrepublik erlebt, ohne dass das Parlament dem auch nur einmal zugestimmt hätte“, klagte FDP-Fraktionschef Martin Hagen. Wegen ihrer Tragweite sollten die Volksvertreter aber das letzte Wort über alle Corona-Maßnahmen haben. Auch in Zeiten einer Krise bedürfe das Handeln der Exekutive einer parlamentarischen Kontrolle.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Staatsregierung in den kommenden zwölf Monaten alle Verordnungsentwürfe mit für die Bürger einschränkenden Wirkungen zwingend dem Parlament zur Zustimmung vorlegen muss. Im Regelfall soll dies vor der Veröffentlichung geschehen. Ist dies nicht möglich, müsste die Regelung spätestens sieben Tage nach ihrem Inkrafttreten im Landtag beraten werden. Andernfalls würde sie automatisch unwirksam. Eine Debatte über die von der Staatsregierung erlassenen Verordnungen schaffe nicht nur mehr Legitimität und Transparenz, sie sorge auch für eine „qualitativ bessere Rechtsetzung“, erklärte Hagen. Sein Fraktionskollege Alexander Muthmann ergänzte, es dürfe nicht sein, „dass der Ministerpräsident den Freistaat stilllegt und der Landtag schaut zu“. Wenn es um Versammlungs- oder Gottesdienstverbote gehe, müsse der Landtag mitreden dürfen.

Widerspruch kam vom parlamentarischen Geschäftsführer der CSU-Fraktion, Tobias Reiß. Er betonte, die Pläne der FDP würden die nötige Reaktionsschnelligkeit in einer Krise beeinträchtigen. Zudem befürchtete er ein „Kompetenzwirrwarr“ in Zeiten, in denen entschlossenes Handeln erforderlich sei. Das Recht der Staatsregierung, im Rahmen der geltenden Gesetze Verordnungen zu erlassen, sei auch kein Blankoscheck für die Exekutive. Zudem sah Reiß den FDP-Vorstoß nicht vom Grundgesetz gedeckt. Demnach könne der Landtag der Staatsregierung keine Kompetenzen entziehen und sie zur Vorlage von Verordnungen verpflichten. Landtagsvizepräsident Alexander Hold (FREIE WÄHLER) verwies auf praktische Probleme. Bei der Vielzahl von im Krisenfall nötigen Regelungen könne der Landtag nicht jede einzelne durchdiskutieren. Dieses Verfahren könne Menschenleben gefährden.

Toni Schuberl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) erläuterte dagegen, es sei Aufgabe des Parlaments, alles Grundsätzliche wie zum Beispiel die Einschränkung von Grundrechten zu diskutieren und zu beschließen, während es dann der Staatsregierung obliege, die Beschlüsse zu vollziehen. Die Staatregierung habe keine Befugnis, mittel- und langfristig geltende Maßnahmen per Verordnung zu beschließen, verwies Schuberl auf einen Beschluss des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs. In der Mitwirkung der Abgeordneten sah der Grüne auch die Chance, vom Bürger akzeptierte Vorgaben zu erlassen. In der Corona-Krise habe man den Verordnungen angesehen, „dass sie im Hinterzimmer der Staatskanzlei entstanden sind und nicht durch die Mühen des Landtags gegangen sind“, sagte Schuberl.

SPD-Fraktionschef Horst Arnold betonte, trotz Not und Eile müssten die Grundzüge des Parlamentarismus eingehalten werden. Dazu gehöre die Zustimmung des Landtags zu dauerhaften Einschränkungen von Grundrechten der Bürger. Es handle sich daher um einen Rechtsbruch, wenn das Parlament allein aus Pressekonferenzen des Ministerpräsidenten von entsprechenden Verordnungsinhalten erfahre, urteilte Arnold. Auch Andreas Winhart (AfD) forderte die Einbeziehung des Landtags. Einige der umstrittenen und aus Sicht der AfD überzogenen Einschränkungen wären dann womöglich gar nicht in Kraft getreten, mutmaßte er.

Jürgen Umlauft

 

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