Wie gelingt das Schaffen von bezahlbarem Wohnraum?

Expertenanhörung im Bauausschuss

Die Wohnungskosten in der Metropolregion München sind in den letzten Jahren rasant gestiegen. Auch wenn Geringverdiener, Alleinerziehende, Familien und junge Menschen sowie Seniorinnen und Senioren besonders von der Entwicklung betroffen sind, ist das Problem längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die Suche nach bezahlbarem Wohnraum wird zunehmend zu einer drängenden sozialen Frage und war Thema der Expertenanhörung im Rahmen der 41. Sitzung des Bauausschusses im Bayerischen Landtag.

Laut Andreas Eisele, Präsident des Bayerischen Landesverbandes der privaten Immobilienwirtschaft (BFW), sind die Ursachen für teures Wohnen vielschichtig: So seien nicht nur die hohen Grundstückskosten, sondern auch die durch die Corona-Pandemie verursachten knappen Ressourcen bei Fachkräften und Baumaterialien sowie komplexe Bauvorschriften Gründe für steigende Baukosten. Beim sozialen Wohnungsbau sei laut Eisele „der Staat aber nicht der bessere Unternehmer", denn allein durch den Ankauf von Wohnungsbeständen durch die öffentliche Hand entstehe keine einzige Sozialwohnung, so Eisele. Die Aufgabe des Staates sieht Eisele demnach darin, dass dieser flexible Rahmenbedingungen setzt, die es der Immobilienwirtschaft erlauben, die hohe Nachfrage an Wohnungen zu decken. Als mitunter "verzerrt" bezeichnete Eisele das derzeitige Wettbewerbsverhältnis zwischen öffentlicher und privater Immobilienwirtschaft. Wettbewerbliche Nachteile müssten daher zugunsten der freien Immobilienwirtschaft stärker berücksichtigt und von staatlicher Stelle ausgeglichen werden.

Dipl.-Ing. Andreas F. Heipp, Vorstand der Joseph-Stiftung, führte aus, dass verwertbare Liegenschaften nunmehr häufiger identifiziert und angezeigt würden. Sofern für entsprechende Areale noch keine baurechtliche Planung bestehe, könnten Städte und Gemeinden entscheiden, ob sie selbst oder mit Dienstleistern bzw. mit Investoren die Flächen entwickeln möchten. Wichtig sei vor allem, dass bei der Veräußerung von Flächen Konzepte mit gefördertem Wohnungsbau privilegiert würden, so Heipp. Zudem müsse der geförderte Wohnungsbau durch Zweckbindungen und Vorkaufsrechte abgesichert werden. Laut Heipp sei dabei allerdings zu vermeiden, dass „geförderter Wohnungsbau zu einer Asset-Klasse mutiert, bei der durch Mietsteigerungen nach der Bindungsphase hohe Renditen erwirtschaftet werden können". Aktuelle Mehrfachveräußerungen nach Projektentwicklung ließen diese Tendenz vermuten.

Experten: Geförderte Wohnungen dürfen nicht zu Spekulationsobjekten werden

Ulrike Klar, Stadtdirektorin und Leiterin der Hauptabteilung Stadtsanierung und Wohnungsbau der Landeshauptstadt München, führte aus, dass Wohnbaugrundstücke des Freistaats Bayern ausschließlich für den geförderten und preisgedämpften Wohnraum verwendet werden sollten. Darunter falle z.B. auch der Wohnungsbau für die Beschäftigten des Freistaats Bayern (StadiBau) oder der Bau von Studentenwohnungen, für die der Freistaat zuständig ist. Erheblichen Verbesserungsbedarf sieht Klar bei den Förderkonditionen im staatlichen Einkommens-orientierten-Förderungs-Verfahren (kurz EOF). Dies zeigten zahlreiche Rückmeldungen von unterschiedlichen Fördernehmern. Insbesondere blieben die in den Förderprogrammen vorgesehenen Kostenobergrenzen weit hinter den tatsächlichen Kosten und Kostensteigerungen zurück. Klar sprach sich weiterhin für eine längere Bindungsdauer beim Sozialwohnungsbau aus.

Hans Maier, Direktor des Verbands bayerischer Wohnungsunternehmen e.V., ergänzte, dass in Anbetracht der Wohnungsnot alle noch nicht bebauten Liegenschaften für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum in Betracht gezogen werden müssten: Insoweit müssten auch etwaige Umwidmungen von Bauland zugunsten von Wohnraumprojekten geprüft werden. Gleichzeitig warnte auch Meier davor, dass geförderte Wohnungen nicht zum Spekulationsobjekt werden dürften. Weiterveräußerungen sollten deshalb erst nach längeren Haltefristen genehmigt werden.

Daniel von Schamann, Ressortleiter Recht und Prokurist der GEWOFAG Holding GmbH, bezeichnete die „Förderung des Baus billiger Volkswohnungen als Aufgabe des Staates und der Gemeinden" und forderte einen stärkeren kooperativen Ansatz zwischen den staatlichen Stellen bzw. staatseigenen Gesellschaften und den Wohnungsgesellschaften vor Ort. Das Eingehen von Öffentlichen Partnerschaften sei für eine Verstärkung des sozialen Wohnungsbaus in dem Münchner Gebiet essenziell, so Schamann.

Maximilian Karl, Vorsitzender des Oberen Gutachterausschusses für Grundstückswerte im Freistaat Bayern unterstrich in seinen Ausführungen die Relevanz von Ausschreibungen zur Wertermittlung bei der Veräußerung staatlicher Grundstücke. Nicht das „billigste Gutachten sei automatisch das beste Gutachten", so Karl. Vor diesem Hintergrund müsse nicht zuletzt die Verzahnung zwischen Liegenschaftsverwaltung und Bauverwaltung intensiviert werden.

Abgeordnete stellen Fragen zu Sozialwohnungen, Bauflächen und Verkehrsgutachten

In der anschließenden Diskussion erkundigte sich Jürgen Mistol (BÜNDNIS 90/ GRÜNE) nach der aktuell gesetzlich vorgeschriebenen Bindungsdauer von Sozialwohnungen und der Möglichkeit, diese an das Erbbaurecht zu koppeln. Vor diesem Hintergrund betonte Mistol, dass "das öffentliche Eigentum an Grund und Boden der Schlüssel für Gemeinwohl und gesellschaftlichen Zusammenhalt" sei. Im Kampf gegen steigende Mieten seien öffentliche Grundstücke "Gold wert", so Mistol. Problematisch sei aber, dass sich Kommunen gerade im Speckgürtel von München teilweise gegen den öffentlich geförderten Wohnungsbau verwehrten, was dazu führe, dass Fördermittel nicht vollumfänglich abgerufen würden.

Natascha Kohnen (SPD) ergänzte, dass durch die Nutzung eines sog. Flächenkatasters noch mehr und möglicherweise auch schwieriger zu planende Bauflächen, z.B. über Parkplätzen, identifiziert werden könnten. Diesbezüglich sprach sich Kohnen für eine "Erweiterung der Aufgabenstellung der Immobilien Freistaat Bayern (IMBY) um die Themen 'Schwierige Flächen' und 'Erbbaurecht'" aus.

Ausschussvorsitzender Sebastian Körber (FDP) verglich die Leistungsbilanz der staatlichen Wohnungsbauer mit der der privatwirtschaftlichen und erkundigte sich nach den Verfahren bei der Veräußerung einer staatlichen Baufläche. Insbesondere erkundigte sich Körber, inwiefern vom Staat in Auftrag gebende Verkehrsgutachten die Veräußerung und Festsetzung des Verkaufspreises staatlicher Grundstücke plausibilisierten. Körber äußerte diesbezüglich Bedenken, dass staatliche Grundstücke zum Teil unter ihrem Marktwert veräußert würden.

Franz Bergmüller (AFD) stellte Fragen zum Nachverdichtungspotenzial in der Landeshauptstadt München und der Möglichkeit, mehr Wohnraum durch Aufstockung zu schaffen. Darüber hinaus fragte Bergmüller nach den Vorteilen des Einkommens-orientierten-Förderungs-Verfahrens (kurz EOF) gegenüber dem traditionellen Verfahren im sozialen Wohnungsbau, auch im Vergleich mit anderen Bundesländern.

Abschließend wollte Jürgen Baumgärtner (CSU) wissen, wie in Regionen in Bayern, "wo freifinanzierter Wohnungsbau nicht mehr funktioniert, da entsprechende Renditen ausbleiben", dennoch bezahlbarer Wohnungsraum entstehen könne. Insbesondere müssten laut Baumgärtner die Förderrichtlinien in Bayern dazu beitragen, dass überhitzte Räume auf der einen Seite und Räume mit demografischen Problemen auf der anderen Seite stärker gefördert werden.

/Eva Mühlebach.

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