Europaausschuss: Austausch mit US-Generalkonsulin Jennifer D. Gavito zu transatlantischen Beziehungen

Dienstag, 20. Juni 2017
 

Wie geht es weiter in der Handels-, Wirtschafts- und Außenpolitik der USA seit dem Amtswechsel im Weißen Haus? Die aktuellen Beziehungen Europas und Bayerns zu den Vereinigten Staaten standen im Mittelpunkt eines Fachgesprächs mit US-Generalkonsulin Jennifer Gavito im Europaausschuss des Landtags. Die oberste Repräsentantin der USA in Bayern zeigte sich bei dem Gedankenaustausch mit den Abgeordneten davon überzeugt, dass die Freundschaft diesseits und jenseits des Atlantiks weiterhin lebendig ist: „Die transatlantische Partnerschaft wird ein Fixpunkt unserer Außenpolitik bleiben“, versicherte sie.

Mit Blick auf den Slogan „America First“ erklärte die US-Generalkonsulin, dass die erste Priorität der US-Regierung auf die Sicherheit und das wirtschaftliche Wohlergehen der eigenen Bevölkerung gerichtet sei. Diese Prämissen seien in einer Demokratie ja eigentlich auch selbstverständlich für die Regierungsarbeit, sagte sie. Dabei, so Gavito, bedeute „America First“ aber keinesfalls „America Only“ und auch nicht „zum Nachteil Anderer“. Um die Ziele von Sicherheit und wirtschaftlichem Wohlstand zu erreichen, werde die enge Zusammenarbeit der USA mit Partnern weltweit weiterhin essentiell sein.

Die US-Generalkonsulin erinnerte an den Marshall Plan, der vor 70 Jahren initiiert worden sei und damit in Europa die Grundlage für Frieden und Wohlstand gelegt habe. „Damals wurde das transatlantische Band geschaffen, das uns so eng miteinander verbindet“, sagte Gavito. Auch wenn die westliche Welt heute vor anderen Herausforderungen und Gefahren stünde, verdeutliche der Marshall Plan, was möglich sei, wenn die Vereinigten Staaten und Europa zusammenarbeiten. Außer Frage stünde die weitere Zusammenarbeit in der NATO, dem Bündnis kollektiver Sicherheit. Die Lastenverteilung sowie die genaue Rolle der NATO seien allerdings wichtige Themen für die Zukunft der Allianz, erklärte die US-Generalkonsulin.

780 bayerische Unternehmen in den USA

Im Bereich der Wirtschaftspolitik hob Gavito hervor, dass Deutschland und die USA füreinander extrem wichtige Handels- und Investitionspartner seien. Dies gelte für Bayern umso mehr. Rund 780 bayerische Unternehmen seien derzeit mit eigenen Produktionen oder Niederlassungen in den USA vertreten und hätten dort bereits 55 Milliarden Euro investiert. Bayerische Unternehmen stellten in den USA mehr als 150.000 Arbeitsplätze. Umgekehrt seien etwa 240 US-Unternehmen in Bayern aktiv und beschäftigten im Freistaat rund 53.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Austausch sei diesseits und jenseits des Atlantiks essentiell für die Wirtschaftsunternehmen; Gleichzeitig, so Gavito, sei es aber ein wichtiges Ziel der neuen Administration, das Defizit in der US-Handelsbilanz, das von vielen Amerikanern als problematisch wahrgenommen wird, auszugleichen. Wichtig sei aus amerikanischer Sicht auch das Postulat, dass freier Handel „fair“ sein müsse. 

Zum – auch in den Vereinigten Staaten sehr umstrittenen – Rückzug der USA aus dem Pariser Klimaabkommen, erklärte Gavito, dass die Vereinigten Staaten auf einem guten Weg seien – auch ohne ein rechtlich bindendes Abkommen. Emissionen von Treibhausgasen und Kohlendioxid seien in den letzten Jahren stark reduziert worden, obwohl die Wirtschaft und der Energiebedarf seit den 90er-Jahren gestiegen seien. Während die US-Bundesregierung im Bereich der Umweltpolitik nur eine relativ begrenzte Rolle einnehme, würden insbesondere US-Bundesstaaten sowie die Städte dafür sorgen, dass sich die Umweltstandards in Amerika weiter verbesserten.

In der anschließenden Aussprache schwangen in den Redebeiträgen der Abgeordneten vielfach Skepsis und auch viele Sorgen zur Zukunft des transatlantischen Verhältnisses mit. Ausschussvorsitzender Dr. Franz Rieger (CSU) sah die Gefahr des Auseinandertriftens in der Handels- und Wirtschaftspolitik zum Schaden der beiden Partner. Auch Joachim Hanisch (FREIE WÄHLER) warnte davor, durch das Platzen von TTIP die Festlegung gemeinsamer Industriestandards jetzt zu verschlafen. Wenn dies geschehe, würden künftig Staaten aus dem asiatischen Raum die Standards setzen. Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD) sah einen Widerspruch bei der neuen Maxime „America First“ und den amerikanischen Forderungen nach „fairen“ Handelsbeziehungen. Beides, so Pfaffmann, passe nicht zusammen. Christine Kamm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zeigte den Zusammenhang von Klima- und Flüchtlingspolitik auf: In Ländern mit den größten Umweltschäden gäbe es auch die meisten Flüchtlinge. Sie forderte mehr Geld, um Probleme vor Ort lösen zu können, und kritisierte das diesbezüglich nachlassende Engagement der Vereinigten Staaten in der Fluchtursachenbekämpfung.

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