Europaausschuss: Bericht der Staatsministerin über europa- und entwicklungspolitische Aktivitäten Bayerns

Dienstag, 28. März 2017

Brexit, Migration, Terror, Euro-Schuldenkrise – zum 60. Jahrestag der Römischen Verträge steht die Europäische Union vor gewaltigen Herausforderungen. Dabei sei gerade in dieser schwierigen Zeit die Zusammenarbeit wichtig, um die innere und äußere Sicherheit der Gemeinschaft auszubauen, den Austritt Großbritanniens aus der EU vorzubereiten und eine nachhaltige Migrationspolitik entwickeln zu können, unterstrich Europaministerin Beate Merk (CSU). Sie stellte im Europaausschuss die Leitlinien der europa- und entwicklungspolitischen Aktivitäten der Staatsregierung vor.

Staatsministerin Beate Merk nannte das gemeinsame Bekenntnis der 27 Staats- und Regierungschefs zum Europa-Jubiläum in Rom ein starkes Signal, um die weltweite Bedeutung der EU weiter zu stärken. Es gäbe, so Merk, zentrale Themenfelder, wo alle zusammenstünden – etwa bei der Terrorbekämpfung oder beim Ausbau der Sicherheit. Aber nicht alle Erklärungen des Jubiläumsgipfels entsprächen der Linie der Staatsregierung. Unterschiede, so Merk, gäbe es etwa bei der Frage nach einem sozialen Europa, das aus der Sicht der Staatsregierung ein Thema der Nationalstaaten ist: „Wir wollen das soziale Europa unter Wahrung der sozialen Systeme in den Mitgliedstaaten fördern“, erklärte Merk. Notwendig, so die Staatsministerin sei es auch, dass Europa insgesamt flexibler werde und auch mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten bei der Integration voranschreiten könne.

Der Brexit, so Merk, sei weder gut für Großbritannien noch für uns. So entspreche das Bruttoinlandsprodukt Großbritanniens dem der 19 kleinsten Mitgliedstaaten zusammengerechnet. „Dies verdeutlicht die Auswirkungen, die der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union hat“, sagte die Staatsministerin. Derzeit gingen 44 Prozent der britischen Exporte in die EU. Sie plädierte für den Abschluss eines Freihandelsabkommens mit Großbritannien, denn sonst müsse auch Bayern mit Zöllen von zehn Prozent auf Autos beim Export nach Großbritannien rechnen. Merk forderte konstruktive Austrittsgespräche, da sich Europa und Großbritannien auch in Zukunft bräuchten.

EU-Fördermittel: 2,5 Milliarden Euro fließen nach Bayern

Ein weiteres Anliegen ist Merk die Kohäsionspolitik. Im Zeitraum zwischen 2014 bis 2020 fließen EU-Fördermittel in Höhe von insgesamt 351 Milliarden Euro direkt in die europäischen Regionen, davon 2,5 Milliarden Euro nach Bayern. Es gebe in der Kommission und anderswo allerdings Stimmen, die eine solche Politik in Zukunft nicht mehr wollen“, erläuterte Merk. Zusammen mit dem Freistaat Sachsen setze sich Bayern dafür ein, dass an der bisherigen, direkten Regionalförderung festgehalten werde.

Ebenfalls wichtig sind der Europaministerin die Fluchtursachenbekämpfung und die Entwicklungszusammenarbeit. Derzeit seien mehr als 65 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht, 90 Prozent stammten aus Entwicklungsländern und sähen für sich keine Perspektiven. Ein wichtiger Ansatz ist es aus der Sicht der Staatsregierung, Hilfe vor Ort zu ermöglichen und dabei auf eine Hebelwirkung durch die Zusammenarbeit mit NGOs zu setzen. Im Staatshaushalt 2017/2018 stünden 10 Millionen Euro pro Jahr für Projekte im Rahmen des Sonderprogramms zur Schaffung von „Perspektiven für Flüchtlinge in ihren Heimatländern“ bereit, informierte Merk. Mit den Landesmitteln würden unter anderem Wasserleitungen verlegt, Schulhäuser gebaut und Berufsbildungsprojekte, wie etwa „Handwerkerhäuser“ im Libanon und im Senegal, gefördert. Wegen des großen Erfolgs, werde derzeit überlegt, auch in Tunesien ein Handwerkerhaus mit Ausbildungsmöglichkeiten für jungen Menschen zu errichten.

 

In der anschließenden Aussprache lobte Klaus Steiner, entwicklungspolitischer Sprecher der CSU, den nachhaltigen Ansatz des Wissens- und Bildungstransfers. Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD) forderte hingegen, bei der Fluchtursachenbekämpfung das Hauptaugenmerk auf die Handelspolitik der Konzerne und der Europäischen Union zu richten. Er kritisierte den Bau von Zäunen gegen Flüchtlinge, die mit den Werten Europas nichts zu tun hätten, und ein „Europa der Finanzen“, das zwar Banken rette, aber jungen Menschen in ihrer Existenzsicherung nicht weiterhelfe. Hans Jürgen Fahn (FREIE WÄHLER) warnte davor, die EU schlechtzureden. „Im Kern ist Europa immer noch stabil“, betonte er. Ein wichtiger Schlüssel für die zukünftige europäische Entwicklung sei es, verstärkt junge Menschen bei Entscheidungen mit einzubinden. Christine Kamm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) konnte bei den entwicklungspolitischen Aktivitäten der Staatsregierung und des Bundesentwicklungsministers Gerd Müller (CSU) „keine Strategie“ erkennen. „Wir sehen weitestgehend nur eine Umfirmierung bereits bestehender Entwicklungshilfeprojekte“, kritisierte sie. 

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