Europaausschuss: Bilanz und Ausblick der Europäischen Kommission
Viel erreicht bei Verbaucher-, Daten- und Umweltschutz
21. Mai 2019
– Von David Lohmann –
MÜNCHEN. Am 23. Mai beginnen die Europawahlen, in Deutschland finden sie am 26. Mai statt. Zeit für eine Rückschau: Was lief gut in den letzten fünf Jahren, was weniger? Und wo muss in Zukunft nachgebessert werden? Richard Kühnel, Vertreter der Europäischen Kommission in Deutschland, zog im Europaausschuss Bilanz.
Aus Kühnels Sicht hat die EU-Kommission viel erreicht. Mehr Menschen denn je seien in Arbeit, die Jugendarbeitslosigkeit befinde sich auf einem Zehn-Jahres-Tief. Vor allem durch den Fonds für strategische Investitionen wachse die europäische Wirtschaft seit Jahren. Beim grenzüberschreitenden Arbeiten gelte das Prinzip: „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort“. Beim Umweltschutz verwies Kühnel auf das Verbot von Einwegplastik und auf Handelsabkommen wie jenes mit Kanada, die Umwelt- und Sozialstandards in alle Welt exportieren würden. Gleiches gelte für das Thema Datenschutz, die Datenschutz-Grundverordnung werde immer mehr zur Referenz für andere Staaten. Auch der Verbraucherschutz sei durch die Abschaffung der Roaming-Gebühren beim Telefonieren und Internetsurfen gestärkt worden. 30.000 junge Menschen hätten bereits von kostenlosen Interrailtickets, über zehn Millionen vom Erasmus-Programm profitiert.
West-Balkan muss eingebunden werden
Zu den „unerledigten Hausaufgaben“ gehört laut Kühnel vor allem die Migrationspolitik. Von den geplanten 10.000 Beamten an den EU-Außengrenzen seien erst 1600 im Einsatz. Auch bei der Ausrichtungen der künftigen Agrar-Förderung sei in der Haushaltsplanung keine Einigung gelungen. Künftige Schwerpunkte der EU-Kommission seien unter anderem der Schutz vor Cyberkriminalität, eine nachhaltige Afrika-Politik, künstliche Intelligenz nach europäischen Wertevorstellungen, die Vernetzung nationaler Energienetze und ein stärkerer Einfluss Europas in der Welt. Dazu gehöre nicht zuletzt die Erweiterung der EU um die Länder des westlichen Balkans. Auch Russen, Türken und Chinesen würden in der Region um Einfluss buhlen.
In der anschließenden Aussprache dankte der Ausschussvorsitzende Tobias Gotthardt (FREIE WÄHLER) Kühnel für den „atemberaubenden Marathon durch die Themen“. Er wünschte sich, dass die EU-Kommission weiterhin in engem Kontakt mit den regionalen Parlamenten bleibe – was Kühnel zusicherte. „Wenn der bayerische Landtag ruft, stehen wir bereit.“
Dr. Franz Rieger (CSU) sorgte sich angesichts der Wahlprognosen, dass Großbritannien nach der Europawahl viele EU-Gegner nach Brüssel schicken darf – obwohl das Land die Union ja eigentlich verlassen will. Kühnel beruhigte, britische Politiker hätten bis zum nächsten Brexit-Stichtag am 31. Oktober 2019 kaum Gestaltungsmöglichkeiten im Parlament und den Institutionen.
Einstimmigkeitsprinzip überdenken
Anne Franke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) lobte die Ergebnisse der EU-Kommission. Zu wenig erreicht worden sei allerdings bei den Themen Finanztransaktionssteuer, Flugbenzinsteuer und Digitalsteuer. Kühnel betonte, Letzteres wolle die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bis 2020 umsetzen. Auch bei der Finanztransaktionssteuer sei man auf einem guten Weg.
Markus Rinderspacher (SPD) sah das Einstimmigkeitsprinzip bei Abstimmungen als Grund, warum in Brüssel manches nicht vorangehe. „Wie stehen die Realisierungschancen, auf das Mehrheitsprinzip umzustellen?“, fragte er. Diese ständen „nicht schlecht“, antwortete Kühnel. Dadurch würde die EU schneller und effizienter. Wie schnell die Umsetzung gelinge, hänge aber vom neuen EU-Kommissionspräsidenten ab.
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Weiterführende Informationen
- Faktenchecks zu den gängigsten Mythen über die Europäische Union