Europaausschuss: Botschafter der Republik Estlands stellt EU-Ratsprogramm vor
Dienstag, 4. Juli 2017
- Von Anna Schmid -
Am 1. Juli hat Estland die EU-Ratspräsidentschaft von Malta übernommen. Der Botschafter des Landes, Wiliam Mart Laanemäe, hat die Abgeordneten im Europaausschuss über die Pläne seines Landes in den kommenden sechs Monaten informiert. Estland sei ein sehr europafreundliches Land, sagte er. „Wir möchten, dass es Europa gut geht.“
Ziel des 1,3-Millionen-Einwohner-Landes, das als Musterland der Digitalisierung gilt, sei es, den digitalen Datenverkehr auszubauen: etwa den grenzübergreifenden digitalen Handel oder grenzübergreifende öffentliche digitale Dienstleistungen. Internetfreiheit und Cybersicherheit seien dabei kein Widerspruch: „Man kann beides haben“, sagte Laanemäe. Sein Land sei in beiden Bereichen an der Spitze.
Schwerpunkte der estnischen Ratspräsidentschaft seien neben dem Digitalen die Themen Wohlstand, Soziales und Sicherheit. Zu letzterem gehörten auch die Themen Migration und Flüchtlinge.
In den vergangenen Tagen sei das Thema Migration wieder aktuell geworden, sagte der Ausschussvorsitzende Franz Rieger: Italien hatte die EU-Staaten um mehr Unterstützung bei der Versorgung von Flüchtlingen gebeten und gedroht, die italienischen Häfen für ausländische Boote mit geretteten Flüchtlingen zu schließen. Der CSU-Abgeordnete fragte Laanemäe, welche Lösung die Ratspräsidentschaft für das Migrationsproblem vorsehe. Das Thema sei nur gemeinsam zu lösen, antwortete ihm der Botschafter. Man müsse fragen „was machen wir mit den Quellen der Migration?“ Um die Fluchtursachen zu bekämpfen, sei eine europäische Lösung allein nicht genug. Grenzkontrollen bedeuteten nicht, dass niemand mehr herein komme. Sie bedeuteten, dass Migration kontrollierbar werde. Die zweite Frage sei: „Was machen wir mit denen, die da sind?“
Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD) fragte nach den konkreten Plänen der Esten zur Migrationspolitik: „Wir alle wünschen uns eine Reform des europäischen Asylgesetzes. Wie stehen Sie dazu?“ Mit Blick auf das Dublin II-Abkommen antwortete der Botschafter: „Was wir jetzt haben, funktioniert nicht. Wir sind bereit, so lange zu diskutieren, bis wir eine Lösung haben.“
Gabi Schmidt von den FREIEN WÄHLERN wollte wissen, wie Estland zum Vorreiter der Digitalisierung werden konnte: „Was haben Sie anders gemacht, dass Sie so schnell waren?“, fragte sie den Botschafter. „Die staatlichen Dienstleistungen sind einfach“, antwortete der. Der aktuelle Mobilfunkstandard 4G sei überall im Land verfügbar, jeder Personalausweis komme mit Chip und Aktivisten hätten sich dafür eingesetzt, dass es fast überall freies Internet gebe.
Welche Impulse die Esten für einen verbesserten europäischen Datenschutz setzen wollten, fragte die Abgeordnete Christine Kamm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Der Datenschutz werde im kommenden Jahr mit der neuen europäischen Datenschutzverordnung geregelt, Themen wie Handyüberwachung seien nationale Themen, keine europäischen, antwortete der Botschafter.