Europaausschuss: Informationsgespräch zum Programm des kroatischen EU-Ratsvorsitzes

22. Oktober 2019
– David Lohmann –

Im ersten Halbjahr 2020 wird nicht nur Bayern, sondern die ganze Europäische Union (EU) ihren Blick verstärkt auf Kroatien richten: In diesem Zeitraum übernimmt das Land den EU-Ratsvorsitz. Was sind die wichtigsten Vorhaben? Bei einem Informationsgespräch berichtete der Generalkonsul der Republik Kroatien in München, Vladimir Duvnjak, dem Europaausschuss des Landtags über die Pläne in der sechsmonatigen EU-Ratspräsidentschaft.

Duvnjak versicherte den Abgeordneten in fließendem Deutsch, Kroatien werde seine Sache während des Ratsvorsitzes gut machen. Aktuell würden mehrere hundert Mitarbeiter entsprechend ausgebildet. Die meisten der 1400 Besprechungen sollen in Brüssel stattfinden – lediglich Gespräche auf informeller und ministerieller Ebene in Kroatien. Insgesamt 60 bis 70 Millionen Euro werde das Land für die Ratspräsidentschaft bereitstellen. Die Schwerpunktsetzung in den sechs Monaten ist wegen des offenen Ausgangs des Brexit noch nicht abgeschlossen.

Kroatische To-do-Liste

Priorität habe aber auf jeden Fall der Abschluss des mehrjährigen Finanzrahmens. Dieser gibt die Obergrenzen für die EU-Ausgaben von 2021 bis 2027 vor. Außerdem sollen die Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Nordmazedonien weiter vorangetrieben werden, die Frankreich, die Niederlande und Dänemark aktuell blockieren. Nicht zuletzt stehen Wirtschaftswachstum, die Integration von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt, eine bessere digitale Infrastruktur und eine verstärkte polizeiliche sowie justizielle Zusammenarbeit zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität auf der kroatischen To-do-Liste.  

Auch für sich selbst hat sich Kroatien laut Duvnjak für nächstes Jahr hohe Ziele gesetzt. So will das Land dem Wechselkursmechanismus beitreten. Die mindestens zweijährige Mitgliedschaft ist eine Vorstufe für die Einführung des Euro. Während dieser Zeit darf die kroatische Kuna nur um maximal 15 Prozent vom Eurokurs abweichen. Das zweite Vorhaben dürfte grenzstaugeplagte Pendler und Touristen freuen: Kroatien will dem Schengenraum beitreten. 300 Millionen Euro seien investiert worden, um die EU-Auflagen zu erfüllen. Just kurz nach der Ausschusssitzung gab die EU-Kommission grünes Licht für einen Beitritt zum grenzkontrollfreien Schengenraum. Allerdings müssen noch alle Mitgliedstaaten zustimmen, weshalb Kroatien vor allem in Slowenien noch viel Überzeugungsarbeit leisten muss. Das Land hat bereits Vorbehalte angemeldet. Hintergrund sei ein Grenzkonflikt der beiden Länder an der nördlichen Adria, erklärte Duvnjak. Rumänien und Bulgarien warten wegen eines Vetos von Frankreich und den Niederlanden seit neun Jahren auf den Schengen-Beitritt.

Diskussion mit den Abgeordneten

In der anschließenden Aussprache pochte der Ausschussvorsitzende Tobias Gotthardt (FREIE WÄHLER) darauf, die Beitrittsgespräche mit Albanien und Nordmazedonien unbedingt weiterzuführen. „Alles andere sorgt für Frustration – in der Politik, aber noch mehr in der Bevölkerung.“ Der Vizevorsitzende Franz Rieger (CSU) drängte darauf, 2020 vor allem den EU-Haushalt voranzubringen, sonst sei die Finanzierung der ganzen EU gelähmt. Florian Siekmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) forderte von der designierten kroatischen EU-Kommissarin für Demokratie und Demografie, Dubravka Šuica, die Auszahlung der EU-Gelder stärker an die Einhaltung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu knüpfen. Markus Rinderspacher (SPD) zeigte sich besorgt, weil laut einer Umfrage die Hälfte der kroatischen Bevölkerung die Einführung des Euro ablehne. Duvnjak beruhigte, der Euro sei durch den Tourismus schon längst als Zahlungsmittel akzeptiert.

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