Europaausschuss kritisiert Qualifizierung der Landesparlamente als „stakeholder“

Dienstag, 7. Februar 2017

Nur 3 von insgesamt 27 EU-Mitgliedstaaten sind vollkommen föderativ strukturiert: die Bundesrepublik Deutschland, Österreich sowie Belgien. Dies ist eine Ursache, warum regionale Parlamente mit Gesetzgebungsbefugnis es in der Europäischen Union schwer haben, als unmittelbar demokratisch legitimierte Institutionen wahrgenommen zu werden. In einem fraktionsübergreifenden Antrag forderten jetzt alle Mitglieder des Europaausschusses, dass in Brüssel die Rolle der Landesparlamente im Subsidiaritätsverfahren künftig angemessen berücksichtigt werden soll.

Anlass für den Antrag (Drs. 17/15200) war der Jahresbericht 2015 der EU-Kommission über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität. Darin war nicht aufgezeigt worden, dass sich seit dem Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags neben den nationalen Parlamenten auch die regionalen Parlamente am Subsidiaritätsverfahren beteiligen. Der Bayerische Landtag tut dies in zweifacher Form: Zum einen werden Subsidiaritätsrügen, die per Beschluss festgestellt werden, der Staatsregierung übersandt, die diese wiederum in den Bundesrat einbringt; Zum anderen pflegt das bayerische Parlament diesbezüglich auch einen direkten Dialog mit Brüssel, indem die Beschlüsse des Bayerischen Landtags in Subsidiaritätsangelegenheiten direkt an die Europäische Kommission übermittelt werden.

Der Bericht der Kommission enthält dazu keine Ausführungen. Stattdessen werden die Stellungnahmen des Landtags bei der Gruppe der „Interessenträger“ (stakeholder) aufgeführt. Eine solche Gleichstellung mit Unternehmen und gesellschaftlichen Organisationen werde dem hoheitlichen, demokratisch legitimierten Charakter subnationaler Gebietskörperschaften nicht gerecht, kritisierte 1. Landtagsvizepräsident Reinhold Bocklet, der als Berichterstatter und „spiritus rector“ an der Sitzung des Europaausschusses teilnahm. Bocklet hatte sich diesbezüglich auch mit einem Schreiben direkt an Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gewandt und die Kommission aufgefordert, die bestehende Praxis zu ändern. Die Qualifizierung der Landesparlamente als stakeholder kritisierte auch Ausschussvorsitzender Dr. Franz Rieger (CSU): Der Landtag werde hier etwa mit einem Kunststoffverband gleichgestellt, sagte er. Dem pflichtete der stellvertretende Ausschussvorsitzende Georg Rosenthal (SPD) bei: „Eine Gleichstellung an dieser Stelle ist nicht gerechtfertigt. Wir wollen eine stärkere Rolle der regionalen Parlamente in der Europäischen Union.“  /kh

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