Ein Konzept für die Pflege in Bayern

Staatsminister Holetschek berichtet im Gesundheitsausschuss

 

In Bayern wird die Zahl der Pflegebedürftigen von derzeit rund 500.000 auf bis zu 880.000 im Jahr 2050 steigen. Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) will darauf mit seinem Konzept "Gute Pflege. Daheim in Bayern" reagieren. Die Eckpunkte stellte er im Gesundheitsausschuss vor. Sie reichen vom Ausbau der Pflegeinfrastruktur bis hin zu Finanzierungsfragen.

Auf die gewaltigen Herausforderungen in der Pflege in Bayern, die sich mit der zunehmenden Alterung der Gesellschaft verschärfen werden, will Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek mit raschen und umfassenden Reformen antworten. "Die Pflege hat für mich denselben Stellenwert wie der Klimaschutz", sagte Holetschek vor dem Gesundheitsausschuss. Die langfristige Absicherung der pflegerischen Versorgung stehe für ihn "ganz oben auf der Agenda". Sie müsse alle Bereiche von der Pflege durch Angehörige bis zu ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen umfassen. Neben bayerischen Initiativen brauche es dazu auch die Unterstützung des Bundes. Aus der dort bereits verabschiedeten "kleinen Pflegereform", müsse eine "große, wuchtige und revolutionäre" werden, forderte Holetschek.

Nach seinen Angaben unterstützt der Freistaat derzeit mit jährlich 60 Millionen Euro Investitionen zum Ausbau der pflegerischen Infrastruktur. Dies müsse fortgeschrieben werden. Zudem gelte es, die Handlungsoptionen der Kommunen weiter zu stärken. Holetschek verwies vor allem auf den Ausbau der regionalen Pflegestützpunkte. Um den wachsenden Pflegebedarf personell abdecken zu können, brauche es bis 2050 zusätzlich gut 150.000 Fachkräfte in Vollzeit. Dazu müsse der Pflegeberuf attraktiver gemacht werden. Holetschek sprach sich in diesem Zusammenhang für eine Steuerfreiheit der Zuschläge für Wochenenddienste aus und regte den Einsatz "verlässlicher Springer" als Kurzzeitersatz für erkrankte Pflegekräfte an. Dies würde das Stammpersonal in den Einrichtungen deutlich entlasten.

Vom Bund forderte der Minister einen höheren finanziellen Einsatz. Viele Pflegebedürftige und ihre Angehörigen seien bereits heute an der finanziellen Belastungsgrenze angelangt. "Pflege muss bezahlbar bleiben", betonte Holetschek. Sein Ziel sei eine sozial ausgewogene und generationengerechte Weiterentwicklung der Pflegeversicherung bei möglichst nur geringer Anhebung der Beitragssätze. Dabei dürften nicht die Abrechnungsmöglichkeiten der Leistungserbringer im Mittelpunkt stehen, sondern die Bedürfnisse der Menschen. Zudem müsse der Bund mit einem Steuerzuschuss die Kosten der Pflegeausbildung übernehmen. Für Bayern kündigte Holetschek der Ausbau der Pflegeausbildung an den Hochschulen an.

 

Pflege in Bayern: Opposition vermisst konkrete Umsetzungsschritte

Andreas Krahl (BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN) warf Holetschek vor, es sich leicht zu machen und die Hauptverantwortung zur Zukunftsabsicherung der Pflege auf den Bund zu schieben. Dabei sei der Freistaat genauso gefordert und habe dafür auch die nötigen finanziellen Ressourcen. So könnten die jährlich 400 Millionen Euro für das Landespflegegeld, das ohne konkrete Zweckbindung an Pflegebedürftige und ihre Angehörigen ausgezahlt werde, sinnvoller eingesetzt werden. "Mit diesem Geld könnten in der Pflege bahnbrechende Strukturen angestoßen werden", sagte Krahl. Vor allem müsse es um die Entlastung des Personals gehen, damit Pflegekräfte nicht schon nach wenigen Jahren physisch und psychisch ausgelaugt ihren Job aufgeben müssten.

Die SPD-Abgeordnete Ruth Waldmann erkannte in Holetscheks Ankündigungen eine "Man müsste mal"-Liste ohne konkrete Umsetzungsschritte. Sie vermisste eine Aussage zu der von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) verkündeten Pflegeplatzgarantie sowie zur Unterstützung pflegender Angehöriger, die in Bayern rund zwei Drittel der Pflegeleistungen erbringen würden. Zudem habe Holetschek offen gelassen, wo das Geld zur Stärkung der Pflege in Bayern herkommen solle, wenn er Beitrags- und Steuererhöhungen ablehne. Waldmann plädierte in diesem Zusammenhang für die Einführung einer Pflegebürgerversicherung.

Als "Rede eines Oppositionspolitikers" wertete Dominik Spitzer (FDP) die Ausführungen Holetscheks. Er habe lediglich Defizite aufgezeigt und Forderungen an andere gestellt. Es müsse jetzt aber der "Pflegeturbo" mit konkreten Maßnahmen kommen, sagte Spitzer. Roland Magerl (AfD) sprach sich für eine Stärkung der häuslichen Pflege aus. Dies sei der Schlüssel zur Bewältigung der steigenden Zahl Pflegebedürftiger. Nötig sei unter anderem, mehr Kurzzeitpflegeplätze einzurichten, damit sich pflegende Angehörige immer wieder von der anstrengenden Rund-um-die-Uhr-Pflege erholen könnten.

Lob für Holetschek kam von Beate Merk (CSU). Dessen Vorschläge rüttelten an den Grundfesten der bisherigen Gesundheitspolitik und gingen in die richtige Richtung. Im Konzept des Ministers seien Begriffe wie Würde, Verlässlichkeit und Sicherheit keine hohlen Worte, sondern mit konkreten Handlungsansätzen hinterlegt. Peter Bauer (FREIE WÄHLER) erklärte, Holetschek habe eine "schonungslose Analyse" der Situation, aber auch einen roten Faden zur Lösung der Probleme vorgelegt. Bauer, dem die Lage als Patienten- und Pflegebeauftragter der Staatsregierung bekannt ist, sprach sich für einen Bürokratieabbau in der Pflege in Bayern aus, damit die Fachkräfte "mehr Zeit am Bett der Pflegebedürftigen" hätten. Zudem müsse die Prävention gestärkt werden, um die Phase der intensiven Pflege möglichst weit nach hinten zu schieben.

/Jürgen Umlauft.

 

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