Gemeinsame Expertenanhörung zum Pflege- und Wohnqualitätsgesetz

Sozialausschuss und Gesundheitsausschuss

Was muss in einem novellierten Pflege- und Wohnqualitätsgesetz (PfleWoqG) stehen? Welche Kontrollen sind in den Einrichtungen nötig? Zu diesen und anderen Fragen haben Sachverständige in einer gemeinsamen Anhörung des Sozial- und des Pflegeausschusses Stellung bezogen.

Zuständig für Kontrollen in den Wohneinrichtungen ist die FQA, früher bekannt als „Heimaufsicht“. Die Abkürzung FQA steht für „Fachstelle für Pflege- und Behinderteneinrichtungen - Qualitätsentwicklung und Aufsicht“.  Es sei richtig, dass die FQA bei den Landratsämtern verortet und dezentral organisiert ist, jedoch sei eine bessere personelle Ausstattung nötig, sagte Klaus Schulenburg. Er leitet die Abteilung Soziales, Gesundheit, Krankenhauswesen beim Bayerischen Landkreistag und ist Stellvertreter des Geschäftsführenden Präsidialmitglieds.

„Man kann keine Qualität in die Einrichtungen hineinkontrollieren“, sagte Wilfried Mück, Verwaltungsdirektor beim Landesverband Bayern des Deutschen Caritasverbands und Geschäftsführer der Landesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege Bayern. Zu viele Prüfungen seien nicht zielführend. Er plädierte für angemeldete Kontrollen. Nur dann könne man die Einrichtungen auch gut beraten.

Menschen, die Schaden erleiden, sollten nicht immer wieder als Einzelfälle betrachtet werden, so der Wunsch der ehemaligen sozialmedizinischen Assistentin und Pflegefachkraft Andrea Würtz. Zwar komme „Beratung vor Bestrafung“, aber anders als ihr Vorredner findet sie angekündigte Kontrollen nicht sinnvoll. Denn so bestehe die Gefahr einer „Klüngelei“.

„Die Branche ist extrem angeschlagen“, sagte Georg Sigl-Lehner, Präsident der Vereinigung der Pflegenden in Bayern (VdPB). Die Pandemie, Personalmangel und immer mehr zu versorgende Menschen führten zu einem Versorgungsmangel, der bereits begonnen habe. Schwarze Schafe müssten identifiziert werden, allerdings solle man die Einrichtungen nicht unter Generalverdacht stellen, mahnte er. Weder angekündigte noch nicht angekündigte Kontrollen würden Missstände beheben.  

„Pflege betrifft uns alle“, wandte sich Astrid Herold-Majumdar, Pflegewissenschaftlerin an der Hochschule München, an die Anwesenden. Gewalt sei nicht das Problem einzelner Einrichtungen und potenzieller Machtmissbrauch sei strukturell verankert. Die Wissenschaftlerin betonte, wie wichtig es sei, dass die Pflegenden insbesondere in der Langzeitpflege hochqualifiziert sind und sprach sich für eine Quotenregelung im Bereich der akademisierten Pflege aus.

In den vergangenen 20 Jahren sei viel erreicht worden, so Kai Kasri, Vorsitzender der Landesgruppe Bayern des bpa-Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste und selbst seit 19 Jahren Heimleiter.  Die Mitarbeiter der FQA seien heute anders qualifiziert, die Kultur im Prüfgeschehen eine andere. Eine Prüfung müsse nicht drei Wochen vorher angekündigt werden, über einen Tag vorher könne man aber nachdenken.

Christine Lüddemann, Geschäftsführerin der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung in Kempten im Allgäu betonte, dass die Maßstäbe aus der Altenpflege nicht auf Menschen mit Behinderung anzuwenden seien. Auch müsse unterschieden werden zwischen geistiger, seelischer und körperlicher Behinderung.

Siegfried Benker, Geschäftsführer der München Stift, kritisierte eine „immense Misstrauenskultur“. 30 bis 40 mal pro Jahr rufe man in seinen Einrichtungen von sich aus bei der FQA an, um Missstände zu melden. Die Struktur in den Häusern stimmen. Sein Vorschlag: Die FQA wird anlassbezogen gerufen und der Medizinische Dienst Bayern, eine weitere Kontrollinstanz, prüft die Struktur in den Einrichtungen.  Benker machte auch klar: Anonyme Beschwerden helfen nicht weiter.

Michael Schwägerl, Sprecher des Arbeitskreises PfleWoqG beim Bayerischen Landkreistag und der Arbeitsgemeinschaft PfleWoqG im Bayerischen Städtetag sagte, es stehe „außer Zweifel“, dass die Mitarbeiter der FQA eine entsprechende Qualifikation bräuchten. Ein Problem sei, dass es keine klare Vorgabe gebe.

Alexandra Krist, Vertreterin der Arbeitsgemeinschaft der Pflegekassenverbände in Bayern und Bereichsleiterin bei der AOK Bayern, bat, auch teilstationäre Einrichtungen mitzuberücksichtigen. Sie seien eine wichtige Säule in der häuslichen Versorgung.

Holger Kiesel, Behindertenbeauftragter der Staatsregierung, wie darauf hin, dass die Bandbreite der Wohn- und Lebensformen sehr viel größer sei als das, was in der Anhörung diskutiert werde.

Beteiligt an der Diskussion waren unter anderem auch Jürgen Auer, Landesgeschäftsführer der Lebenshilfe des Landesverbands Bayern, Alexander Schraml, Vorstandsmitglied und Vorstandssprecher der Kommunalen Altenhilfe Bayern, Barbara Holzmann, Stellvertretende Bezirkstagspräsidentin in Schwaben und Erste Vizepräsidentin des Bayerischen Bezirketags sowie Jakob Wild, Leitung des Referats Soziales beim Bayerischen Bezirketag, Klaus Lerch, Sprecher Teilhabeberatung Behindertenhilfe der Freien Wohlfahrtspflege und Marianne Hanke-Ebersoll, Leiterin des Bereichs Pflege beim Medizinischen Dienst Bayern.

Doris Rauscher (SPD), Vorsitzende im Sozialausschuss, dankte den Sachverständigen am Ende der Sitzung und kündigte an, im Austausch zu bleiben. „Jetzt liegt der Ball im Spielfeld der Staatsregierung“, so Bernhard Seidenath (CSU), Vorsitzender im Ausschuss für Gesundheit und Pflege.

/Anna Schmid

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