Schärfere Strafen für höheren Kindesschutz

München, 15. Oktober 2020

  • Die Kinderkommission hat sich mit den beiden Berichten des Justizministeriums zu Kinderpornografie und des Innenministeriums zum Thema Cyberkriminalität befasst.
  • Die Staatsregierung informierte die Kinderkommission darüber, dass sie das Reformpaket des Bundes zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder unterstützt. Es sieht eine Verschärfung der Strafen vor.
  • Im Bereich der Internetkriminalität liegt die Aufklärungsquote mit knapp 50 Prozent vergleichsweise hoch – dennoch erhofft sich das Landeskriminalamt, durch eine Erweiterung der Befugnisse effizienter zu ermitteln.

Zum besseren Schutz von Kindern vor sexualisierter Gewalt ist ein Gesamtkonzept in den Bereichen Strafverfolgung und Prävention erforderlich. Einen Beitrag dazu soll das Reformpaket des Bundes zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder leisten, das voraussichtlich Ende Oktober im Bundeskabinett beschlossen werden soll. Ministerialrat Dr. Martin Reinhard erläuterte die zentralen Punkte und welche Ergänzungen das Bayerische Justizministerium vorschlägt. Die bisherigen Straftatbestände des „sexuellen Missbrauchs von Kindern“ sollen künftig begrifflich als „sexualisierte Gewalt gegen Kinder“ gefasst werden. Zudem soll der Strafrahmen des bisherigen Grundtatbestands des sexuellen Missbrauchs von Kindern deutlich angehoben werden – von Freiheitsstrafen von sechs Monaten bis zehn Jahren auf Freiheitsstrafen nicht unter einem Jahr bis 15 Jahren. Damit wird der Grundtatbestand zu einem Verbrechen hochgestuft, was ein klares Signal setzten soll. „Die Anhebung der Mindeststrafe wirkt direkt auf das Entscheidungsverhalten der Richter ein, da Verfahren zwangsläufig vor Gericht kommen“, sagte Reinhard. Neben der Strafschärfung sieht das Reformpaket auch eine Regelung zur Fortbildung und Qualifikation von Familien- und Jugendschutzrichtern sowie die Erweiterung gesetzlicher Befugnisse zur Ermittlung vor.

Höhere Strafen für Plattform-Betreiber

Eines der größten Probleme sei jedoch laut Reinhard das hohe Dunkelfeld. Gründe für das geringe Anzeigenaufkommen seien u. a. nicht aussagefähige Opfer wie Kleinkinder, Drohungen des Täters, falsch verstandene Loyalität oder Scham. „Deshalb ist es wichtig, dass die Strafverfolgungsbehörden aus dem privaten Umfeld der Opfer Hinweise erhalten – von Erziehern bis Ärzten“, sagte Reinhard. Auch Verjährungsfristen müssten erhöht werden, damit Opfer Missbrauchsfälle zur Anzeige bringen. Aus Sicht des Bayerischen Justizministeriums sei es auch wichtig, dass Betreiber von Foren stärker bestraft werden (mit einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren), die zur Verbreitung von Pornografie führen. Ermittlungsverfahren scheitern zudem an der Verkehrsdatenspeicherung. „Wir müssen deshalb Grundlagen dafür schaffen, die IP Adressen der Anschlussnutzer zu ermitteln. Das ist bisher nicht möglich, weil Daten nicht zugeordnet werden können“, kritisierte Reinhard.

Verbreitung über Darknet

Mario Huber, Kriminaldirektor des Bayerischen Landeskriminalamtes München, stellte die Ergebnisse des Berichts des Innenministeriums zum Thema Cyberkriminalität und Darknet vor. Er unterteilte in den Bereich Cybercrime im weiteren Sinne, zu dem zum Beispiel das Ausspähen von Daten zähle sowie das Internet als Tatmittel. Dazu gehöre die Verbreitung von Kinderpornografie, die heutzutage fast nahezu 100 Prozent über das Internet erfolge. Die Aufklärungsquote im Bereich „Cybercrime“ betrug im vergangenen Jahr rund 36 Prozent. Die Quote im Bereich „Internet als Tatmittel“ lag bei knapp 50 Prozent. Das Problem in Ermittlungsverfahren sei jedoch, dass die Verbreitung von Kinderpornografie oft im Darknet stattfände. Dazu zählen Seiten, die nicht über herkömmliche Suchmaschinen gefunden werden, sondern für die technische Voraussetzungen nötig sind – wie der Gebrauch des Tor Browsers, der Nutzern Anonymität bietet.

Befugnisse erweitern

Um gegen Täter effektiver ermitteln zu können, forderte Huber, bestimmte Befugnisse im Bereich der Vorratsdatenspeicherung über längere Zeiträume zu erweitern. „Oftmals hilft uns bei Ermittlungen nur der Zufall oder Unachtsamkeit des Täters, sodass wir überhaupt noch ermitteln können“, kritisierte Huber. Die polizeiliche internationale Zusammenarbeit beschrieb er als hervorragend. „Kindesmissbrauch ist eine Thematik, die in jeder Gesellschaft in höchstem Maße geächtet ist. Deshalb werden in allen Ländern der Welt bei Hinweisen auch direkt Ermittlungen eingeleitet“, sagte er. Der Kriminaldirektor fügte auch hinzu, wie hoch die Belastung der Kollegen sei. Neben regelmäßiger Supervision stehen Beamten Seelsorger zur Seite und die Arbeit basiere auf absoluter Freiwilligkeit.

Was macht das ZKI?

Im Kampf gegen Kindermissbrauch ist seit Oktober 2020 das "Zentrum zur Bekämpfung von Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch" (ZKI) aktiv. Das ZKI ist unter dem Dach der 2015 gegründeten "Zentralstelle Cybercrime Bayern" bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg angesiedelt. Dort ist bereits seit 2018 eine Arbeitsgruppe auf die Verfolgung von Kinderpornografie spezialisiert. Das Team wurde von vier auf acht Spezial-Staatsanwälte verdoppelt. Deren Aufgabe: Jagd auf Pädokriminelle im Clear- und Darknet.

Am 7. Oktober 2020 hat sich die Kinderkommission unter Vorsitz von Tanja Schorer-Dremel (CSU) mit den Mitgliedern der Kinderkommission des Deutschen Bundestages zum Thema „Situation von Kindern in der aktuellen Corona-Pandemie und die Verwirklichung von Kinderrechten in dieser herausfordernden Lage“ ausgetauscht. Informationen dazu finden Sie unter: www.bundestag.de/kiko

/AS

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