Landwirtschaftsausschuss: Fachgespräch zur Betroffenheit der Bäuerinnen und Bauern durch den Wolf

Mittwoch, 27. Februar 2019
– Von David Lohmann –

In der Mitte des 19. Jahrhunderts war er fast ausgestorben: der Wolf. Seit den 1990er-Jahren steigt die Anzahl der Tiere in Deutschland und Europa wieder. Was Tierschützer freut, ist Viehhaltern ein Dorn im Auge. Der „Aktionsplan Wolf“ der Staatsregierung soll Abhilfe schaffen. Beim Fachgespräch im Landwirtschaftsausschuss kamen die Betroffenen zu Wort.

Georg Mair, Vorsitzender des Almwirtschaftlichen Vereins Oberbayern, war vor neun Jahren selbst betroffen: Während mehrere Wölfe im Mangfallgebiet unterwegs waren, sind 50 Schafe gerissen worden – und wegen der Panik fünf Mal mehr Rinder abgestürzt als im Schnitt der vergangenen Jahre. „Ein Miteinander zwischen Weidewirtschaft und Wolf ist schwer bis unmöglich“, sagte Mair. Er forderte daher großflächige Weideschutzgebiete auf Almen und in Berggebieten.

Der Vorsitzende des Alpwirtschaftlichen Vereins, Franz Hage, hat ebenfalls Tiere verloren. Doch obwohl es sich eindeutig um Wolfsrisse gehandelt habe, hätte die Behörden immer wieder behauptet, es sei ein Hund oder ein Fuchs gewesen. Erst nach der zweiten DNA-Analyse sei Hages Einschätzung bestätigt worden. „Das Ergebnis muss vorliegen, bevor der Wolf in den nächsten Ort weiterzieht“, sagte er. Auch die Ausgleichszahlungen für Wolfsrisse müssten schneller erfolgen.

Dr. Michael Honisch, Geschäftsführer des Alpwirtschaftlichen Vereins, berichtete, dass in Deutschland in den letzten 18 Jahren rund 5000 Nutztiere gerissen wurden. Er forderte, den Entscheidungsprozess über eine Entnahme des Wolfs, also einen Abschuss, zu beschleunigen. „Bisher besteht die Möglichkeit, dass viele Leute dreinschwatzen – bis dahin ist der Wolf über alle Berge.“

Der Vorsitzende des Landesverbands Bayerischer Schafhalter, Joseph Grasegger, glaubt nicht an Abhilfe durch Herdenhunde. „Das funktioniert wegen des Gebells nur in Ländern mit geringer Einwohnerzahl pro Quadratkilometer“, erläuterte er. Und Zäune seien ebenfalls keine Lösung. Sie müssten meterhoch und hunderte Kilometer lang sein. In felsigen Gebieten sei die Installation gar nicht möglich. Außerdem würden Zäune die Lebensräume von anderen Tieren zerschneiden.

René Gomringer, Geschäftsführer des Landesverbands Bayerischer Schafhalter, ergänzte, dass Schäfer durch den Wolf große Angst vor staatlichen Sanktionen hätten. Jedes zweite Mitglied lebe von Ausgleichszahlungen für die Landschaftspflege. Wenn die Vorgaben wegen Wolfsrissen nicht eingehalten werden könnten, verlören sie viel Geld. „Was im Aktionsplan steht, ist zu wenig“, sagte er und forderte mehr Garantien bei Wolfsschäden gegenüber Dritten.

Erika Sauer, Vorsitzende des Fleischrinderverbands in Bayern, beklagte die große Arbeitsbelastung für Viehhalter durch das derzeitige Wolfsmanagement. Die durchschnittliche Betriebsgröße ihrer Mitglieder liege bei neun Kühen, 95 Prozent seien Nebenerwerbler. „Diese Leute hören auf, wenn es ihnen zu viel wird“, unterstrich sie. Um kleinbäuerliche Strukturen zu schützen, müssten endlich praxisnahe Lösungen gefunden werden.

Dr. Erik Settles vom Umweltministerien erinnerte daran, dass der Wolf einen sehr strengen Schutzstatus genießt. Mit dem Aktionsplan versuche Bayern schon trotz Kritik anderer Bundesländer, den Rechtsrahmen soweit wie möglich auszuschöpfen. Settles versprach, jeden Schaden im Einzelfall großzügig prüfen zu lassen. Bei der Zaunhöhe versicherte er, dass es kein „Wettrüsten“ wie in anderen Bundesländern geben wird: Die Zaunhöhe bleibe in Bayern bei 90 Zentimetern, elektrisiert. „Schafft es ein Wolf darüber, kommt eine Entnahme in Betracht.“

Klaus Steiner (CSU) betonte in der anschließenden Aussprache, dass keine Koexistenz zwischen Wolf und Weideviehwirtschaft möglich sei. „Wir monitoren und managen uns noch zu Tode.“

Nikolaus Kraus (FREIE WÄHLER) beklagte, dass Wolfsrisse trotz Entschädigungszahlungen immer einen riesigen bürokratischen Aufwand verursachten. Durch die Paarungen mit Hunden würden die Tiere immer weniger menschenscheu.

Markus Plenk (AfD) warnte davor, dass künftig bei uns wie 2010 in Alaska auch Menschen angegriffen werden könnten. Außerdem sei der Wolf im eurasischen Raum stark verbreitet und müsse daher bei uns nicht vor dem Aussterben bewahrt werden.

Christoph Skutella (FDP) forderte, den Wolf auf die Liste der jagbaren Tierarten zu setzen und sich auf bundesweite Standards beim Wolfsmanagement zu einigen.

Ruth Müller (SPD) betonte, dass es laut Landwirtschaftsministerium in Bayern nur zwölf Wölfe gibt, die zwischen 2013 und 2018 lediglich 21 Tiere gerissen haben.

Gisela Sengl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) kritisierte die Zusammensetzung des Fachgesprächs als einseitig.

Der Ausschussvorsitzende Dr. Leopold Herz (FREIE WÄHLER), der selber Landwirt ist, versprach, an dem Thema dranzubleiben.

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