Nach Tierquälerei-Vorwürfen in Allgäuer Milchviehbetrieb: Staatsminister Glauber stellt neues Kontrollkonzept im Ausschuss für Verbraucherschutz vor

Donnerstag, 25. Juli 2019

- Von Miriam Zerbel -

Wegen der Vorfälle in einem Großbetrieb in Bad Grönenbach im Unterallgäu kamen der Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz sowie der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu einer außerordentlichen Sitzung kurz vor der Sommerpause zusammen. Darin informierte der Verbraucherschutzminister über den aktuellen Stand der Untersuchung und präsentierte den Abgeordneten zugleich neue Ideen wie die Kontrollen intensiviert werden sollen.

Aktuell ermittelt die Staatsanwaltschaft zu den Vorfällen in einem Allgäuer Milchviehbetrieb, aber für Staatsminister Thorsten Glauber (FW) ist klar: „Das war eine Tierhaltung ohne Gefühl und ein klarer Verstoß gegen den Tierschutz. Das ist nicht hinnehmbar.“ Eine Tierschutzorganisation hatte über Wochen hinweg gefilmt, was auf dem Hof passierte. Die Filmaufnahmen zeigen, wie Kühe getreten und mit einem Traktor durch den Stall geschleift werden.

Nach Informationen Glaubers hat das zuständige Landratsamt dem Betriebsleiter mittlerweile die Sachkunde abgesprochen, die Mitarbeiter dürfen keine Nottötungen mehr durchführen und für jedes Tier muss eine Krankenakte geführt werden. In den vergangenen fünf Jahren waren in dem Betrieb 34 Kontrollen durchgeführt worden, bei denen geringe oder mittlere Verstöße gegen den Tierschutz festgestellt worden waren. Der Hof, gegen den sich die Tierquälerei-Vorwürfe richten, gehört mit 1.800 Milchkühen zu den größten im Freistaat.

Mehr Tierärzte für Kontrollen

Der Minister schlug deshalb eine neue Kontrollstruktur vor. Demnach sollten künftig 85 Großbetriebe mit Rinder- und Schweinehaltung von der Bayerischen Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen, KBLV, überprüft werden. Das ist eine Spezialbehörde, die nach dem Bayern-Ei-Skandal vor eineinhalb Jahren eingerichtet wurde und bislang für die Kontrolle von 125 überregional tätigen Lebensmittel- und Geflügelbetrieben zuständig ist. Zudem will Glauber zu den zwei schon bestehenden KBLV-Außenstellen in Erding und Kulmbach zwei weitere in Schwaben und Franken schaffen, auch um lange Fahrwege zu verringern. Dafür sollen 25 neue Mitarbeiter eingestellt werden, die in vier Teams die Betriebe kontrollieren. Das Landratsamt im Unterallgäu soll mit zwei weiteren Veterinären verstärkt werden. Insgesamt sollen bayernweit heuer sechs und kommendes Jahr 14 Veterinäre neu eingestellt werden.

Die Einrichtung dieser Außenstellen wird jedoch nicht vor Jahresende möglich sein, so dass der Minister bis dahin gemeinsam mit dem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, LGL, den Kreisverwaltungsbehörden und den Regierungen Großbetriebe, die auf industriellen Standards arbeiten, kontrollieren will. Zusammen mit dem LGL arbeite das Umweltministerium an der Möglichkeit, die Daten aus den Betrieben so aufzubereiten, dass gegebenenfalls Kontrollalarm ausgelöst wird. Zudem soll beim LGL eine Vertrauensstelle eingerichtet werden, an die sich die Bürger bei Tierschutzverstößen wenden können. Dennoch betonte der Minister: „Im Umgang mit Tieren liegt die Verantwortung zunächst bei den Betrieben.“

Höhere Kontrolldichte in Betrieben

Für sein Kontrollkonzept insbesondere für die Erweiterung der KBLV erhielt Glauber von den Abgeordneten Zustimmung. Dr. Petra Loibl von der CSU hofft auf eine höhere Kontrolldichte in den Betrieben und regte an, zur Unterstützung auch Veterinärassistenten zu berücksichtigen. Florian von Brunn (SPD) bemängelte, dass insbesondere im Unterallgäu zu wenig Personal vorhanden sei, so dass die Mitarbeiter nicht in der Lage seien, den Aufgaben pflichtgemäß nachzukommen. Bayerische Betriebe müssten nur alle 48 Jahre mit Tierschutzkontrollen rechnen. Professor Ingo Hahn (AfD) dagegen sprach von einem „funktionablen System“ und warnte, eine Komplettüberwachung sei nicht zu gewährleisten.

Auf die Frage des FDP-Politikers Christoph Skutella, ob die Digitalisierung zur Überwachung herangezogen werden könne, verwies der Verbraucherschutzminister auf den Datenschutz, wonach Videoaufzeichnungen zum Schutz der Mitarbeiter verboten sind. Wie die angekündigte Datenbündelung konkret aussehen soll und wo Alarm ausgelöst wird, war der Ausschuss-Vorsitzenden Rosi Steinberger (BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN) unklar. Benno Zierer von den Freien Wählern forderte, mehr auf das Tierwohl zu schauen und von industriellen Großbetrieben Abschied zu nehmen.

Präventiv handeln

Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber, die ebenfalls zu der Sondersitzung gekommen war, erklärte auf Nachfrage von BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN und SPD, der Hof im Unterallgäu habe keine Investitionsförderung erhalten. „Es geht uns immer um die Verbesserung der Haltungsbedingungen“, beteuerte die Ministerin.
Sie warnte davor, pauschal alle Milchviehhalter in Bayern zu diskreditieren. Auch Großbetriebe könnten ein ordentliches Herdenmanagement betreiben. Die Landwirtschaft brauche aber die Akzeptanz der Gesellschaft.

Unterstützung kam von Hans Friedl (FW), der betonte, nur mit gesunden Tieren ließen sich gesunde Lebensmittel erzeugen. Seiner Aufforderung, nun zunächst die Ermittlungen abzuwarten, wollte der SPD-Abgeordnete von Brunn nicht folgen. Politisches Handeln sei jetzt gefragt. Darin war er sich einig mit der Fraktion von BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN, die mit Gisela Sengl forderte, präventiv tätig zu werden, beispielsweise mit besser geschultem Personal in den Ställen der Großbetriebe. Sengl kritisierte zudem, das Fehlen von gesetzlichen Vorgaben für die Rinderhaltung auf Bundesebene.

Erstaunen löste bei der Opposition die Tatsache aus, dass in dem Milchviehbetrieb im Unterallgäu in den vergangenen Jahren erheblich mehr Kälber als im Bayerndurchschnitt starben. Gemutmaßt wurde zudem, dass der Betrieb vorab vor Kontrollen gewarnt wurde.

Zum Fortgang der Ermittlungen wird im Herbst noch einmal ein Bericht im Umweltausschuss folgen.

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