Wirtschaftsausschuss: Bericht zur 2. S-Bahn-Stammstrecke

Donnerstag, 16. Februar 2017
– Von Jürgen Umlauft –

Die Realisierung der 2. S-Bahn-Stammstrecke im Münchner Untergrund rückt näher: Im Wirtschaftsausschuss des Landtags teilte Verkehrsminister Joachim Herrmann mit, dass seit dieser Woche für zwei der drei Abschnitte Baurecht bestehe. Nur gegen den dritten Abschnitt östlich der Isar seien noch Klagen anhängig. Diese richteten sich aber nicht gegen das Projekt als solches, sondern beträfen die Belastungen der Anwohner während der Bauphase. Ein Hindernis für die Verwirklichung der 2. Stammstrecke sah Herrmann darin nicht.

Geklärt ist nach seiner Auskunft nun auch die Finanzierung des Projekts, für das – inklusive eines „Risikobudgets“ in Höhe von 573 Millionen Euro – Gesamtkosten von 3,85 Milliarden Euro veranschlagt sind. Im Vergleich zur Ausschreibung vor wenigen Jahren bedeute dies eine Kostensteigerung von 33 Prozent, erklärte Herrmann. Die Deutsche Bahn als Projektträger begründe dies mit höheren Marktpreisen aufgrund der aktuell guten Baukonjunktur und dem technisch aufwendigen Bau der unterirdischen Bahnhöfe. Eine von ihm eingesetzte Expertengruppe habe die Zahlen geprüft und für „sachgerecht“ befunden.

Finanzierungsvereinbarung des Freistaats mit dem Bund,
der Bahn und der Stadt München

Gemäß einer Finanzierungsvereinbarung des Freistaats mit dem Bund, der Bahn und der Stadt München wird der Bund ohne Einrechnung des Risikobudgets 1,55 Milliarden Euro zum Bau beitragen, der Freistaat 1,3 Milliarden. 177 Millionen Euro kommen von der Bahn, 161 von der Landeshauptstadt. Zum bayerischen Finanzierungsbeitrag erklärte Herrmann, dieser setze sich aus 935 Millionen Euro aus den Regionalisierungsmitteln für den Bahnausbau in Bayern – wovon rund zwei Drittel bereits angespart seien –, 100 Millionen aus dem allgemeinen Haushalt und 251 Millionen Euro aus einer Darlehensrückzahlung des Flughafens München zusammen. Um den Bau zu beschleunigen, sei der Freistaat bereit, die zugesagten Bundesmittel aus eigener Tasche vorzufinanzieren. „Ich halte diese Beträge für darstellbar“, betonte Herrmann.

Massive Kritik übten FREIE WÄHLER und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Thorsten Glauber (FREIE WÄHLER) verwies darauf, dass sich die Kostenschätzung seit den ersten Planungen fast verdoppelt habe. Die nun angesetzten 3,85 Milliarden Euro werden nach seiner Einschätzung auch nicht das Ende sein. Jede weitere Erhöhung der Kosten werde aber zulasten anderer Bahnprojekte im Freistaat gehen. Schon jetzt litten diese wegen der von Herrmann genannten Ansparung in den vergangenen Jahren unter dem Bau der Stammstrecke. Markus Ganserer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) erklärte, „das Pferd ist von Anfang an falsch aufgesattelt worden“. Statt sich auf das Prestigeprojekt 2. Stammstrecke zu fixieren, wäre ein Gesamtkonzept für die Ertüchtigung der S-Bahn in München erforderlich gewesen. „An den Außenästen der S-Bahn knirscht es an allen Ecken und Enden“, sagte Ganserer. Für Abhilfe fehle das Geld wegen der teuren Tunnelröhre.

Bernhard Roos (SPD) freute sich dagegen „außerordentlich“ über den aktuellen Fortschritt. Einziger Makel sei, dass es insgesamt zu langsam vorwärts gehe. An der Notwendigkeit einer 2. Stammstrecke durch München gebe es keinen Zweifel. Sie entlaste das störungsanfällige vorhandene Netz und beschleunige den Anschluss der Stadt an den Flughafen. Keine Alternative zum 2. S-Bahn-Tunnel sah Eberhard Rotter (CSU). „Alles andere als diese 2. Stammstrecke würde uns weitere Jahrzehnte zurückwerfen und wäre ebenfalls mit hohen Kosten verbunden“, betonte er. Die Finanzierung des Projekts bezeichnete er als „schlüssig“. Dass der Freistaat einen erheblichen Teil dazu beitrage, sei wegen der Bedeutung des Vorhabens richtig.

Fortschritte beim barrierefreien Ausbau der Bahnhöfe


Wie Herrmann weiter mitteilte, geht es in Bayern auch beim barrierefreien Ausbau der Bahnhöfe voran. Zwar sei auch hier der Bund grundsätzlich für die Finanzierung verantwortlich, doch leiste der Freistaat mit einem eigenen Investitionsprogramm einen Beitrag zur Beschleunigung. Bis 2021 soll an 115 weiteren Stationen der barrierefreie Einstieg möglich sein, für rund 90 werde die Planung aufgenommen. Der Freistaat stelle dafür 100 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung, so Herrmann. Als „Meilenstein“ für den Bahnausbau in Bayern bezeichnete der Minister die Freigabe des ersten Ausbauabschnitts auf der Schienenfernverbindung München-Memmingen-Lindau-Zürich. Dieses Projekt werde zu deutlichen Fahrzeitverkürzungen, einer Takterhöhung im Nahverkehr und zu einer Elektrifizierung der Trasse führen. Vor allem wegen erhöhter Anforderungen beim Lärmschutz würden die Kosten des Projekts von ursprünglich 190 auf 440 Millionen Euro steigen. Der Finanzierungsbeitrag des Freistaats beläuft sich laut Herrmann auf 160 Millionen Euro.


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