Wirtschaftsausschuss: Streit um Kapazitäten des Flughafens im Erdinger Moos

Donnerstag, 13. Juli 2017

Aktuelle Zahlen zum Münchner Flughafen haben Staatsminister Dr. Markus Söder und Michael Kerkloh, Geschäftsführer der Flughafen München GmbH (FMG), im Wirtschaftsausschuss des Landtags präsentiert und dabei erneut für die Erweiterung der Kapazitäten im Erdinger Moos durch den Bau einer 3. Start- und Landebahn geworben. Diese sei erforderlich, sonst drohe dem Airport eine Rückwärtsentwicklung und der Verlust seiner bisherigen Drehkreuzfunktion warnten sie. Vertreter der Oppositionsparteien sehen die Kapazitätsgrenzen am Airport demgegenüber bei Weitem noch nicht erreicht und den Flughafen

– abgesehen von seiner Verkehrsanbindung

gut aufgestellt. In einer Sondersitzung des Aufsichtsrats des Flughafens noch vor der Sommerpause sollen die drei Gesellschafter – Freistaat, Bund und die Landeshauptstadt – darüber reden, wie es mit dem Münchner Airport weitergeht.

Staatsminister Söder führte aus, dass für das Exportland Bayern der Flughafen das Tor zur Welt sei. Aktuell würden von München 238 Ziele in 68 Ländern angeflogen. Der Airport biete derzeit insgesamt 35.000 Arbeitsplätze und sei damit einer der größten Arbeitgeber Bayerns. Im Jahr 2016 habe der Flughafen München einen bemerkenswerten Zuwachs an Fluggästen verbucht; mit 42,3 Millionen sei erneut ein Rekord aufgestellt worden, ein Plus gegenüber dem Vorjahr von 3,1 %. 

2016 waren es 394.000 Starts und Landungen, die im Erdinger Moos auf zwei Bahnen abgewickelt wurden. Wann die Kapazitätsgrenzen erreicht sind – darüber gibt es aber Streit im Landtag zwischen der Regierungsfraktion und den Oppositionsparteien. Nach Angaben von Staatsminister Söder und dem Flughafengeschäftsführer im Wirtschaftsausschuss liegt die realistisch noch mögliche Kapazitätsgrenze bei 430.000 Flugbewegungen pro Jahr – 50.000 Flugbewegungen weniger als der Planfeststellungsbeschluss beinhaltet. FMG-Geschäftsführer begründete diese Abweichung, indem er zwischen einer theoretischen und einer tatsächlich erreichbaren Maximalkapazität differenzierte: Theoretisch könne der Flughafen, wie im Planfeststellungsverfahren festgehalten, zwar 480.000 Flüge jährlich abwickeln, praktisch möglich seien aber nur 430.000. Kerkloh verwies auf unattraktive Start- und Landezeiten. So sei ein Slot um 6.15 Uhr in der Früh „ein Ladenhüter“; Dagegen komme der Flughafen zu Hauptverkehrszeiten in Kapazitätsengpässe.

Markus Ganserer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) wertete die neue Unterscheidung zwischen theoretischer und praktischer Kapazitätsgrenze als „leicht durchschaubaren Winkelzug“ der Ausbaubefürworter. Die im Ausschuss vorgestellten, positiven Prognosen zu Passagierzahlen und Flugbewegungen kämen aus den PR-Abteilungen von Unternehmen der Luftfahrtindustrie, die damit ihre wirtschaftlichen Interesse verfolgten. Mit Blick auf die Entwicklung der Flugbewegungen in den letzten zehn Jahren sagte Ganserer: „Die Realität hat die Prognosen Lügen gestraft. Wir sind heute am Münchner Airport meilenweit von dem entfernt, was damals vorhergesagt worden ist.“ Auch aus den heute vorgelegten Zahlen ergäben sich keine neuen Fakten.

Ähnlich sahen dies die Vertreter der Fraktion der FREIEN WÄHLER. Ein geteiltes Bild zeigte sich bei den Abgeordneten der SPD-Fraktion: Bernhard Roos und Annette Karl plädierten für einen Ausbau des Flughafens; Natascha Kohnen, Vorsitzende der Bayern-SPD, bekräftigte indes ihre ablehnende Position: „Ich werde der 3. Startbahn nicht zustimmen, und die SPD tut das mehrheitlich auch nicht.“ Kohnen forderte die Abgeordneten der CSU auf, über die Bedeutung eines qualitativen statt immer nur rein quantitativen Wachstums nachzudenken.

Für die CSU unterstrich der Ausschussvorsitzende Erwin Huber das klare Bekenntnis seiner Fraktion zum Flughafenausbau. Gleichzeitig kritisierte er scharf die diesbezügliche Blockadehaltung der SPD-geführten Landeshauptstadt: „Wir werden nicht akzeptieren, dass die Stadt München diese wichtige Entscheidung auf die lange Bank schiebt. Die lange Bank ist des Teufels liebstes Möbelstück.“ Huber kündigte an, dass die CSU noch in dieser Legislaturperiode „unumkehrbare Fakten“ schaffen werde. Auch Fraktionskollege Otmar Bernhard betonte: „Ein Dialog muss einmal ein Ende haben. Wir brauchen eine Entscheidung in nächster Zeit.“ Dagegen versicherte Staatsminister Markus Söder, dass es ein zeitoffenes Dialogangebot an die Stadt München geben werde. Ziel sei eine demokratische Lösung. Auch der CSU-Abgeordnete Markus Blume erklärte, dass jetzt nicht die Zeit für Ultimaten sei, jedoch die Zeit, um sich auf den Weg zur Entscheidungsfindung zu machen. 
 

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