Wissenschafts- und Gesundheitsausschuss: Fachgespräch zur Rolle der Universitätsklinika für die medizinische Versorgung in Bayern

16. Oktober 2019
– David Lohmann –

Universitätskliniken sind neben den Reha-Kliniken das große Plus am Gesundheitsstandort Bayern. Doch wie können auch Menschen abseits großer Städte von der Spitzenforschung profitieren? Beim gemeinsamen Fachgespräch des Wissenschafts- und Gesundheitsausschusses zur Rolle der Universitätsklinika für die bestmögliche Gesamtversorgung sprachen sich die Experten für eine bessere Vernetzung zwischen Unikliniken, Krankenhäusern und Landärzten aus.

Prof. Dr. Karl-Walter Jauch sieht die Medizin in Bayern gut aufgestellt. Er ist Vorsitzender der Universitätsmedizin Bayern, dem Zusammenschluss der bayerischen Unikliniken. „Durch den medizinischen und technologischen Fortschritt können wir mehr Menschen heilen, die früher nicht geheilt werden konnten“, betonte er. Sorgen bereiten ihm allerdings die alternde Gesellschaft, die Zunahme an chronisch kranken Menschen und die Multimorbidität, also das gleichzeitige Bestehen mehrerer Krankheiten bei einem Patienten.

Konzentration in den Metropolregionen

Die Veränderung der Gesellschaft wirkt sich auch auf den Fachkräftemangel aus. „Der Berufsverband der Chirurgen prognostiziert, dass in den kommenden Jahren 50 Prozent der niedergelassenen Chirurgen in den Ruhestand gehen“, sagte Jauch. Bei Krankenhauschirurgen sehe es nicht besser aus. Hinzu kommt die ausgedünnte hausärztliche Versorgung. „Nicht nur Ärzte und die Bevölkerung zieht es in Metropolregionen, sondern auch andere medizinische Fachberufe.“ Daher müssten neue Strukturen her.

Dass sich bereits etwas tut, beweist das Bayerische Krebsforschungszentrum. Durch die gemeinsame Einrichtung der bayerischen Universitätsklinika soll der Fortschritt in der medizinischen Forschung schneller beim Patienten ankommen. Auch auf Bundesebene schließen sich immer mehr Unikliniken zusammen. Einig waren sich die Experten, dass die Vernetzung der Hochschulmedizin mit den Krankenhäusern in der Peripherie und den Hausärzten auf dem Land besser werden muss.

Forderung nach mehr Ausbildungsplätzen für Mediziner

Für Prof. Dr. Martina Kadmon, Gründungsdekanin der Medizinischen Fakultät an der Universität Augsburg, braucht es für eine bessere Versorgung vor allem mehr Ausbildungsplätze für Mediziner. Außerdem müsste es für Absolventen mehr Möglichkeiten geben, im Team zu arbeiten – beispielsweise in Versorgungszentren. „Die jungen Ärzte drängen in die Unikliniken, weil sie dort einen geschützten Raum vorfinden, um ihre Berufsfähigkeit zu entwickeln.“   

Jens Bussmann vom Verband der Universitätsklinika Deutschland lobte zwar die vielen Projekte, vermisste aber eine langfristige Struktur und einen regulatorischen Rahmen. Um die Landarztquote zu erhöhen, sprach sich Dr. Wolfgang Krombholz, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, für den Ausbau von Lehrpraxen abseits großer Städte aus. „Es ist naheliegend, dass Studierende dort bleiben, wo sie auch gearbeitet haben.“ Er nannte das den „Klebeeffekt“.  

Dr. Markus Beier, Vorsitzender des bayerischen Hausärzteverbands, wünschte sich für eine bessere Versorgung in der Fläche mehr medizinische Lehrstühle in ländlichen Regionen. Außerdem forderte er, die Forschung hinsichtlich des Nutzens für die Praxis zu überprüfen. „Vieles, was bei uns ankommt, bringt uns nicht viel.“ Nicht zuletzt dürfe der Austausch nicht nur einseitig sein: „Es gibt viele alltägliche Probleme in unseren Praxen, die in der Spitzenforschung unbekannt sind.“

Dr. Wolfgang Heubisch (FDP), Vizevorsitzender des Wissenschaftsausschusses, überzeugte vor allem der Klebeeffekt. „Die Ärzte bleiben da, wo sie ihre Ausbildung gemacht haben“, sagte der Abgeordnete. Für Ruth Waldmann (SPD), Vizevorsitzende des Gesundheitsausschusses, ist die Digitalisierung eine Chance, die Zusammenarbeit zu verbessern – beispielsweise durch Messenger-Dienste. Dr. Dominik Spitzer (FDP) forderte für eine bessere Vernetzung zwischen den Ärzten mehr Zeit und Freiräume für den interkollegialen Austausch. Kerstin Celina (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sorgte sich um Menschen, die gehörlos, dement oder andere Verständnisprobleme haben. Auch sie müssten in den Unikliniken komplexe Diagnosen so übermittelt bekommen, dass sie diese verstehen.

 

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