Expertenanhörung: Änderung des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes

Ausschuss für Wissenschaft und Kunst

08. März 2023

MÜNCHEN.          Mit der Änderung des Denkmalschutzgesetzes will die Staatsregierung einen Ausgleich zwischen Klima- und Denkmalschutz finden. Inwiefern erneuerbare Energien an und in der Nähe von denkmalgeschützten Gebäuden eingesetzt werden sollen, diskutierten Fachleute mit den Ausschussmitgliedern. Thema war dabei auch die im Gesetzentwurf vorgesehene Verschärfung für Bodendenkmäler.

Immer wieder bremst der Denkmalschutz den Bau von Photovoltaik-Anlagen auf Dächern von denkmalgeschützten Gebäuden aus.  Das soll sich mit der Novellierung des Denkmalschutzgesetzes ändern. Auch historische Bauten sollen vom Klimaschutz nicht ausgenommen sein. Für die Windkraft gibt es ebenfalls entsprechende Pläne. Demnach ist vorgesehen, dass Windräder leichter errichtet werden können und nicht mehr wie aktuell noch aufwändige Erlaubnisverfahren durchlaufen müssen, bevor sie in der Nähe von Denkmälern gebaut werden dürfen. Wie intensiv die Denkmalpflege in die Pflicht genommen werden soll, um ihren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, darüber gingen die Meinungen auseinander.

„Man darf Denkmäler verändern“

Die meisten der Expertinnen und Experten, die in den Ausschuss für Wissenschaft und Kunst geladen waren, sahen in dem Gesetzentwurf einen guten Ansatz. Dennoch diskutierten die Sachverständigen Verbesserungs- und Änderungsvorschläge zu etlichen Aspekten mit den Abgeordneten.

„Natürlich darf man Denkmäler verändern“, sagte Professor Andreas Hild vom Lehrstuhl für Entwerfen, Umbau und Denkmalpflege an der TU München. Hild machte den Unterschied zwischen Erscheinung und Substanz mit einem plakativen Beispiel deutlich: Die durchsichtigen Plexiglasplatten des Münchner Olympiadaches seien schon häufiger ausgetauscht worden, auf Kosten der Substanz, um die Erscheinung zu wahren. Erscheinung unterliege immer auch dem Geschmack.

Harsche Kritik durch den Weilheimer Architekten Heiko Folkerts erntete das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege. Mit Blick auf den praktischen Vollzug sprach Folkerts von einer Zerstörung der Bayerischen Kulturlandschaft und zeigte Bilder von nach seiner Meinung mutwillig zerstörten Baudenkmälern der Münchner Schule in Oberbayern.
Für Professorin Carola Metzner-Nebelsick vom Institut für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie und Provinzialrömische Archäologie der LMU München ist dennoch klar: „Dass es das Gesetz in der neuen Fassung geben soll, ist unabweisbar.“

Das Verursacherprinzip und seine Konsequenzen

Als verlässliche Grundlage nahezu einhellig begrüßt wurde das im Gesetzentwurf festgehaltene Verursacherprinzip, wonach derjenige, der die Rettung von archäologischen Funden veranlasst, die Kosten für die wissenschaftlichen Untersuchungen, die Bergung sowie die Dokumentation der Funde tragen muss. Allerdings nur, soweit ihm das zuzumuten ist. Bei der Zumutbarkeit gab es Uneinigkeit unter den Experten. Während Dr. Till Kemper, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, dafür plädierte, so wie in anderen Bundesländern auch, die Einzelheiten in einem Vertrag zu regeln, warnte der Archäologe Harald Krause vor gravierenden Ungerechtigkeiten im Vollzug. Der Leiter des Museums Erding und zugleich Vorstand im Archäologischen Verein Erding wies darauf hin, dass im Gegensatz zu privaten Bauherren Investoren mit Gewinnabsicht Kosten für Ausgrabungen bei Bauvorhaben als Betriebsausgaben steuerlich absetzen können. Bei privaten Bauvorhaben sei das nicht möglich. Krause sieht dringenden Handlungsbedarf für die Staatsregierung und mahnte Kostengerechtigkeit für alle Bauherren an. Der Ausschussvorsitzende Robert Brannekämper (CSU) brachte daraufhin eine Verringerung der Zumutbarkeitsgrenze von 15 Prozent der Investitionssumme auf acht Prozent ins Gespräch.

Einführung eines Schatzregals in Bayern

Dass in Bayern ein so genanntes Schatzregal eingeführt werden soll, begrüßten viele Fachleute. Mit dem Schatzregal wird geregelt, dass Entdecker ihren Fund an staatliche Behörden abgeben müssen. Wer ohne Metallsonde gesucht hat, soll künftig eine Belohnung für die Funde erhalten. Bislang ist es so, dass Eigentümer eines archäologischen Fundes zur Hälfte der ist, der den Fund gemacht hat, zur anderen Hälfte der Grundstückseigentümer. Kritisiert wurde ein daraus entstehender Grabungstourismus.

Der Landesarchäologe Dr. Erich Claßen, Leiter des Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland, sieht damit eine gravierende Gesetzeslücke mit negativen Auswirkungen für das archäologische Erbe Bayerns geschlossen. Für Professorin Carola Metzner-Nebelsick wird so das Problem der Raubgrabungen angepackt. Sie forderte, darüberhinaus auch Grünlandflächen in die Regelung mit einzuschließen.

Dagegen lassen sich nach Meinung von Hofrat Dr. Bernhard Hebert vom Bundesdenkmalamt in Österreich dadurch illegale Grabungstätigkeiten nicht verhindern. „Da geht es darum, Trophäen zu sammeln oder Geld zu verdienen mit den Funden.“ Der Schwarzmarkt werde attraktiver bleiben als eine Belohnung, so Heberts Einschätzung.

Schatzsucher ohne Metallsonden

Für die Grundstückseigentümer der Fundorte ist im Gegenzug nun eine Ausgleichszahlung vorgesehen. Dimitrij Davydov, Professor für Verwaltungsrecht an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen kann das nicht nachvollziehen: „Die Frage ist doch: Was will man erreichen?“, sagte Davydov. Der Verwaltungsrechtler sieht keinen sachlichen Grund für eine staatliche Ausgleichsleistung. Denn der Grundstückseigentümer, der von der Existenz eines Denkmals oder Schatzes auf seinem Boden gar nichts wisse, habe durch den Fund auch keinen Schaden, der ausgeglichen werden müsse.

Verschärfungen sieht der Gesetzentwurf bei Begehungen von ausgewiesenen Flächen mit Metallsonden vor. Insbesondere bei eingetragenen Bodendenkmälern soll diese Art der privaten Schatz-Suche verboten werden. Für den Archäologen Claßen und seinen österreichischen Kollegen Hebert ein Verbot, das nicht unbedingt sinnvoll ist. Zielführender sei eine gute Einbindung und Zusammenarbeit mit „Schatzsuchern“, so Claaßen, die zwar zusätzlichen Personalaufwand mit sich bringe, aber unausweichlich sei. Diskutiert wurde auch eine Lizenzierung von Sondengängern, wie es sie in Großbritannien oder Dänemark gibt. Besonderes Lob gab es vom Leiter des Museums Erding, Krause, für die Regelung, dass eine Gemeinde beim Freistaat die Übertragung des Eigentums beantragen kann, um die Exponate in Kommunalmuseen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Expertise einbinden

Generell sei es wichtig, dass bei Baudenkmälern regenerative Energien genutzt werden können, erklärten Klaus-Jürgen Edelhäuser, Vorsitzender des Arbeitskreises Denkmalpflege bei der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau und Professorin Lydia Haack, Präsidentin der Bayerischen Architektenkammer. Baudenkmäler dürften aber weder optisch noch substantiell unter entsprechenden baulichen Maßnahmen leiden. „Wenn man heute Photovoltaikanlagen auf einem Dach sieht, die aussehen wie die Zahnspangen von Pubertierenden, dann kann das kein Weg für ein Denkmal sein“, erklärte Haack. Beide forderten versierte Fachleute wie „Energieberater für Baudenkmale“ oder Architekten und Stadtplaner verpflichtend einzubinden.

Mehr Menschen sensibilisieren für Denkmalschutz

In der Fragerunde beschäftigte die Abgeordneten vor allem, wie mit dem Schatzregal und den Sondengängern umgegangen werden sollte, wo die Zumutbarkeitsgrenzen liegen und ob ein erweiterter Denkmalschutzbegriff weiterhelfen könnte. Eine Denkmalkategorisierung schlug Dr. Sabine Weigand von BÜNDIS 90/DIE GRÜNEN vor. Weigand begrüßte die grundsätzliche Öffnung im Gesetz, die für Denkmaleigentümer eine Teilhabe am Klimaschutz möglich mache.

Der Sozialdemokat Volkmar Halbleib wollte wissen, ob die Erhaltungssatzungen in den Kommunen weiter rechtlich gültig sind, was der Vertreter der Staatsregierung bejahte und ergänzte, es sei zudem geplant, Vollzugshinweise für das Gesetz herauszugeben.

Der stellvertretende Ausschussvorsitzende Wolfgang Heubisch (FDP) erkundigte sich nach den personellen Herausforderungen beim Fachpersonal. Der AfD-Abgeordnete Ulrich Singer hakte bei Architekt Folkerts nach, wie es gelingen könne, Objekte, die jetzt erst nach und nach zu Denkmälern werden, zu erhalten. Die Anregung des Ausschussvorsitzenden Brannekämper und des SPD-Abgeordneten Halbleib, den Denkmalschutz aktiver im gesamtgesellschaftlichen Bewusstsein zu verankern, fand allgemein Zustimmung.

/Miriam Zerbel

Randspalte

Seitenanfang