Wissenschaftsausschuss: Bericht zur Erinnerungsarbeit in Bayern

15. Februar 2017

München.Seit dem Frühsommer 2016 gibt es nach einem Beschluss des Haushaltsausschusses einen Runden Tisch für die Gedenk- und Erinnerungsstätten in Bayern. Dort sollen inhaltliche Ausrichtung, infrastrukturelle Herausforderungen und die konzeptionelle Zusammenarbeit untereinander besprochen werden. Auf Antrag der SPD-Fraktion erstattete das Kultusministerium einen ersten Zwischenbericht über bisherige Ergebnisse der Treffen.

Werner Karg von der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit informierte den Wissenschaftsausschuss über die ersten Resultate, legte aber vorab Wert darauf, den Charakter dieses Runden Tisches zu definieren: „Dies ist kein Zentralkomitee für Erinnerungskultur in Bayern. Der Runde Tisch dient dem Austausch.“ Dies sei notwendig, weil es für die verschiedenen Einrichtungen und Orte unterschiedlichste Verantwortlichkeiten gebe. Für manches sei der Freistaat zuständig, für manches die Stiftung Bayerische Gedenkstätten oder die Kommunen. Aber man könne Anliegen bündeln und gemeinsame Ziele formulieren. Zunächst sei zu berichten, dass das NS-Dokumentationszentrum in München mittlerweile hervorragend eingerichtet und arbeitsfähig sei. Geplant ist ein Denkmal für die Bücherverbrennung in unmittelbarer Nähe des Dokuzentrums am Münchner Königsplatz. Die Gedenkstätte am Obersalzberg werde im Moment für rund 21 Millionen Euro baulich und auch inhaltlich vollständig überholt. Hierbei sei die Vermittlung der Erinnerungskultur auf dem Obersalzberg ein zentrales Thema des Rundes Tisches gewesen.

"Der Runde Tisch ist kein Zentralkomitee für Erinnerungsarbeit"

Das NS-Dokumentationszentrum in Nürnberg werde ebenfalls grundlegend saniert, wofür Bund, Land und Stadt über 15 Millionen Euro bereitstellen. Der Grund sei der stetig steigende Besucherandrang. Konzipiert war das Zentrum für 100 000 Besucher jährlich. mittlerweile werden über 250 000 Menschen gezählt. Hierbei seien in den Gesprächen des Runden Tisches vor allem infrastrukturelle Fragen diskutiert worden, etwa die Lenkung der Besucherströme oder der Umgang mit der Zeppelintribüne. Bei der Gedenkstätte Flossenbürg habe sich eine sehr erfreuliche Entwicklung feststellen lassen, die zur allgemeinen Befriedigung in die Finalisierung der Gedenkstätte gemündet ist, nachdem nun auch das Schicksal des historischen Steinbruchs geklärt ist: ab 2025 kann das Gelände in das Konzept von Flossenbürg mit einbezogen werden, weil der Pachtvertrag mit dem derzeitigen Nutzer dann ausläuft. Wie genau die Einbindung aussehen soll, wird gerade intensiv diskutiert. Bei der Gedenkstätte Dachau gehe es ähnlich wie in Nürnberg darum, sich mit den steigenden Besucherströmen auseinander zu setzen, dazu gehört auch die umfassende Sanierung des Parkplatzes und grundsätzliche Überarbeitung der Dauerausstellung. Bei der drei Gedenkorten der ehemaligen Außenlager Mühldorf, Kaufering und Hersbruck geht es vor allem um die adäquate pädagogische Betreuung vor Ort – dafür sind 30 Lehrkräfte vom Kultusministerium abgestellt, so Karg. Ein relativ neuer und bislang völlig vernachlässigter Punkt, ist die Konzeption von Gedenkorten für die massenhaft getöteten russischen Kriegsgefangenen während des 2. Weltkriegs. Hier müsse sensibel und bedacht agiert werden, um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu gewinnen. „Da dürfen wir die Schraube nicht überdrehen“, erklärte Werner Karg. Abschließend könne man die Hauptthemen des Runden Tisches in vier Punkten zusammenfassen: Denkmalpflege, Vermittlung, Infrastruktur und Finalisierung der Gedenkstätten.

"Gedenkstätten dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden"

Karl Freller (CSU), dankte in seiner Funktion als Direktor der Stiftung bayerische Gedenkstätten dafür, dass alle Fraktionen sich des Themas angenommen hätten. Dies sei eine klare Botschaft an die Feinde der Demokratie, die derzeit immer offener agieren würden. In den letzten zehn Jahren habe sich sehr viel im Bereich Gedenkstätten getan und es gebe weiterhin viel zu tun. Nach Neuschwanstein und dem Deutschen Museum in München sei die Gedenkstätte Dachau auf dem dritten Platz der meistbesuchten Orte in Bayern, dem müsse man gerecht werden. „Wir hatten 2007 etwa 700 000 Besucher im Jahr, mittlerweile sind es fast eine Million – darauf müssen wir reagieren können, so Freller, der eine komplett neue Konzeption der Dauerausstellung in Dachau in Aussicht stellte. Isabell Zacharias (SPD) lobte die Arbeit des Runden Tisches und betonte: „Die Gedenkstätten in Bayern dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden.“ Sie plädierte dafür noch mehr Schüler in die Arbeit der Gedenkstätten miteinzubeziehen und zwar ausdrücklich nicht nur Gymnasiasten. Auch die Erwachsenenbildung dürfe nicht vergessen werden. „Das ist mir wichtig“, sagte Zacharias. Sepp Dürr (Bündnis 90 / Die Grünen) bemängelte konkrete Daten in dem Bericht. „Wir wollen genauere schriftliche Angaben. Nicht nur zu den Kosten, sondern auch zu den Bedarfsanalysen, damit wir uns ein umfassendes Bild machen können“, so Dürr. Notwendig sei die Ausarbeitung von Leitlinien für die Gedenkstätten, dafür müsse man sich Zeit nehmen, denn schnell gehe in dem Bereich ohnehin nichts vorwärts. Volker Bauer (FREIE WÄHLER) zeigte sich hingegen sehr zufrieden mit dem Bericht und bezeichnete ihn als gute Grundlage zum Arbeiten. Den Ansatz noch weiter auf die Schulen zuzugehen unterstützte er ausdrücklich. „Es wäre doch ein schöner Erfolg, wenn jemand, der als Schüler an Gedenk- und Erinnerungsstätten herangeführt worden ist, als Erwachsener wiederkommt“, erklärte Bauer. Der stellvertretende Ausschussvorsitzende Oliver Jörg (CSU) sieht die Beschäftigung mit der Gedenkarbeit als Daueraufgabe des Parlaments. „Wir müssen auch für die künftigen Kollegen im Landtag einen Gesamtplan für die Erinnerungslandschaft in Bayern erstellen, um ein Fortwirken dieser wichtigen Arbeit zu gewährleisten“, appellierte Jörg an die Mitglieder des Ausschusses.

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