Auftaktveranstaltung zur Ausstellung „Menschen lieben. Gesichter und Geschichten aus der Pflege“

Mittwoch, 6. April 2016
– Von Zoran Gojic –

„Pflege muss man leben. Das ist kein Job zum Geldverdienen“ – mit dieser bestechenden Formel brachte Altenpflegerin Doris Oltmanns das Thema des Abends auf den Punkt. Oltmanns ist eine der Pflegekräfte, deren Arbeitsalltag in der Ausstellung „Menschen lieben. Gesichter und Geschichten aus der Pflege“ dokumentiert wird. Landtagspräsidentin Barbara Stamm hatte anlässlich der Ausstellungseröffnung zu einer Auftaktveranstaltung unter dem Motto „Pflege in Würde“ in den Senatssaal des Maximilianeums geladen. „Wir müssen die Würde des Menschen gewährleisten und gerade kranken Menschen das Signal geben: Es ist schön, dass es Dich gibt“, sagte Stamm in ihrer Begrüßung.

„Für Nächstenliebe gibt es keine Budgetierung

Landesbischof Dr. Heinrich Bedford-Strohm warb in seinem Impulsreferat dafür, Pflege nicht unter wirtschaftlichen Aspekten zu sehen: „Pflege hat etwas mit der Liebe zum Nächsten zu tun und dafür gibt es keine Budgetierung.“ In der anschließenden, von Sybille Giel moderierten Gesprächsrunde mit Bedford-Strohm, Christine Bronner, der Stifterin des Ambulanten Kinderhospizes München, Rainer Ammende, dem Leiter der Akademie Städtisches Klinikum München und der Altenpflegerin Doris Oltmanns stand die entscheidende Frage im Mittelpunkt: „Wie können wir die Menschenwürde in jeder Lebensphase sicherstellen?“. Bedford-Strohm griff wieder seinen Gedanken auf, den Menschen nicht auf einen ökonomischen Wert zu reduzieren. „Wenn Krankenhäuser wegen des Kostendrucks lieber operieren als zu pflegen, weil das mehr Geld bringt, sind wir auf einem falschen Weg“, warnte der Landesbischof. Sybille Giel wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass in Bayern mehr als doppelt so viele Menschen zuhause im Kreis der Familie gepflegt werden als in Pflegeheimen.

„Auf Bedürnisse der Angehörigen eingehen

Christine Bronner sah darin eines der großen Probleme: das Zusammenspiel von professionellen Pflegeeinrichtungen und Familien. Die Bedürfnisse der Angehörigen dürften nicht einfach ignoriert werden – man müsse auf bestehende Strukturen eingehen, wofür freilich mehr Personal und Geld notwendig wäre, das man natürlich nicht habe. Rainer Ammende rief dazu auf, die Ausbildung der Pflegekräfte zu verbessern und sie nicht „alleine auf dem Fahrrad durch die Prärie zu schicken“, sondern unterstützend zu begleiten. Dafür wäre eine weitreichendere Selbstverwaltung der Pflegenden notwendig und auch die Einbindung von Gepflegten und deren Familien. Nur dann wäre eine Pflegekammer sinnvoll. „Wir müssen darum ringen, dass hier mehr Geld eingesetzt wird. Leider hat Pflege immer noch keine Lobby“, betonte Ammende. Auch das gesellschaftliche Ansehen von Pflegerinnen und Pflegern müsse steigen, forderte Doris Oltmanns. „Wenn ich Bekannten erzähle, was ich beruflich tue, kommt immer sofort die Antwort: Du spinnst, warum machst Du das denn?“, berichtete Oltmanns.

„Pflege in Würde ist möglich

Alle Gesprächspartner auf dem Podium warnten auch vor Verteilungskonflikten in der Zukunft. Es wird immer mehr Pflegefälle geben, die Kosten werden steigen und die Frage, wer es bezahlen soll, werde sich stellen – gleichzeitig auch die, wer genau diese Pflegearbeit übernehmen solle. Eine Antwort gab der gehörlose Peter Funke bei seiner Wortmeldung: Er sei 83 Jahre alt und engagiere sich ehrenamtlich in der Betreuung, was ihn sehr glücklich mache.
Pfarrerin Edith Öxler, Beauftragte für Evangelische Altenheimseelsorge im Dekanatsbezirk München, erläuterte anschließend, woher die Idee für die Ausstellung stamme: „Es gab einigen Unmut über Skandalberichte über Pflege in den Medien und so haben wir beschlossen zu zeigen, wie der Alltag wirklich aussieht.“ Fotograf Thomas Braner ergänzte: „Mir war es wichtig, mit den Fotos auszudrücken, dass Pflege in Würde möglich ist. Und auch, dass diese Tätigkeit auch die Pfleger glücklich machen kann, nicht nur den Gepflegten“. Möglich gemacht wurde die Ausstellung durch die Kooperation der Pflegeheime und der Inneren Mission.
 

Die Ausstellung ist noch bis zum 28. April im Kreuzgang des Maximilianeums zu sehen. Öffnungszeiten sind Montag bis Donnerstag von 9.00 bis 16.00 Uhr, Freitag von 9.00 bis 13.00 Uhr sowie sonntags im Rahmen der zum Sonntagscafe angebotenen Hausführungen um 13 und 15 Uhr.

Adresse: Bayerischer Landtag, Maximilianeum, Max-Planck-Str. 1, 81675 München U4/U5 Max-Weber-Platz, Straßenbahn 19 Haltestelle Maximilianeum. Der Eintritt ist frei.

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