Neue Ausstellungen: Landtag zeigt „Erkennen – verstehen – heilen“ und „Hinter den Kulissen – Patienten erzählen“

Dienstag, 20. Februar 2018

– Von Katja Helmö –

Mit elf Monaten hört die kleine Emmi das erste Mal die Stimme ihrer Mutter. Bernd kann nach 15 Jahren völliger Dunkelheit wieder das Licht sehen. Fynn ist heute ein aufgeweckter kleiner Junge, obwohl er bei seiner Geburt nur 350 Gramm wog. Diese und andere Erfolge der Universitätsmedizin dokumentiert die Ausstellung „Hinter den Kulissen – Patienten erzählen“. Die Roadshow des Verbands der Universitätsklinika Deutschlands e.V. macht zusammen mit einer zweiten Ausstellung der „Care-for-Rare Foundation“ zu Kindern mit seltenen Erkrankungen bis zum 6. März 2018 Station im Maximilianeum.

In Deutschland gibt es insgesamt 33 Universitätsklinika, die Forschung, Lehre sowie Krankenversorgung eng miteinander verzahnen. Sie entwickeln und erproben zusammen mit insgesamt 37 medizinischen Fakultäten Innovationen und sorgen so dafür, dass neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Behandlungsverfahren möglichst schnell beim Patienten ankommen. Pro Jahr profitieren fast zwei Millionen stationär behandelte Menschen von dieser Spitzenmedizin. Insbesondere bei schweren, komplexen oder seltenen Erkrankungen ist eine leistungsfähige medizinische Infrastruktur nötig, denn diese erfordern aufwändige diagnostische und therapeutische Maßnahmen.

Kinder mit seltenen Erkrankungen –
die „Waisen der Medizin“

Seltene Krankheiten, zum Beispiel aufgrund eines genetischen Webfehlers, werden in den meisten Fällen bereits im Kindesalter festgestellt. Mit der Diagnose verbunden sei aber oft das Ende der behüteten Kindheit, ein Ende des normalen Alltags, berichtete die stellvertretende Vorsitzende des Sozialausschusses Doris Rauscher, die selbst Mutter eines heute erwachsenen Kindes mit einer seltenen Erkrankung ist. Sie beschrieb die Gefühle – Hilflosigkeit, Ratlosigkeit, Angst – mit denen Betroffene zu kämpfen haben, wenn bei einer seltenen Erkrankung Langzeitstudien und Medikamente fehlten oder Therapien sich als wirkungslos erwiesen.

Zentrales Anliegen des Abends war es deshalb, mehr Bewusstsein und Raum für Kinder mit seltenen Erkrankungen zu schaffen, damit Forschungsanstrengungen im Bereich der seltenen Erkrankungen („Orphan Diseases“) erhöht und so die „Waisen der Medizin“ wirksamer unterstützt werden können. „Seltene Erkrankungen dürfen nicht länger die Waisenkinder der Medizin sein. Daran müssen wir gemeinsam arbeiten. Daran müssen wir uns messen lassen“, forderte Landtagspräsidentin Barbara Stamm bei der Eröffnung.

Dank des medizinischen Fortschritts können heute im Bereich der Onkologie – anders als noch vor wenigen Jahrzehnten – vier von fünf Kindern geheilt werden. Auf diesen Erfolg verwies Prof. Christoph Klein von der Kinderklinik und Kinderpoliklinik am Dr. von Haunerschen Kinderspital, der im Jahr 2009 die Care-for-Rare Foundation gegründet hat. Zur Wahrheit gehöre damit aber auch, dass noch immer 20 Prozent sterben; in Bayern sind das ca. 400 Kinder pro Jahr. „Das treibt uns an, Erkrankungen besser und besser zu verstehen“, sagte Prof. Klein. Prof. Matthias Frosch vom Universitätsklinikum Würzburg erklärte, wie die Universitätsklinika einerseits als „Fundament der Patientenversorgung“ wirkten, andererseits aber auch mit strukturellen Fehlentwicklungen – wirtschaftlichem Druck und Fachkräftemangel – zu kämpfen hätten. Zusatzbudgets und Drittmittel seien deshalb notwendig, damit die Würde eines Patienten, nicht die Profitabilität des Medizinbetriebs, an erster Stelle stehe.

Erfahrungen mit dem „Medizinbetrieb“

In einer nachfolgenden Gesprächsrunde mit Kathrin Sonnenholzner, Ärztin und Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, diskutierten Ursula Prinzessin von Bayern, Prof. Florian Bassermann, TU München (Klinikum rechts der Isar), mit einer an fortgeschrittenem Brustkrebs erkrankten Patientin und einem Vater, dessen Sohn Raphael an einer seltenen Form der Leukämie leidet. Deren Erfahrungen mit dem Medizinbetrieb waren und sind positiv: „Ich suchte Ärzte, die trotz meiner schlechten Prognose mit mir kämpfen wollten, und ich fand sie“, erzählte Sonja Wagner. Die Patientin hält mit einer kombinierten Antikörper- und Chemotherapie den Krebs erfolgreich in Schach und schöpft jetzt wieder Lebensmut. Auch der kleine Raphael ist heute, so berichtete der Vater, dank einer ganz neuen Therapiemöglichkeit von der Leukämie befreit. „Wir setzen jetzt unsere ganze Kraft und Hoffnung auf eine dauerhafte Heilung.“  

Die Ausstellungen im Überblick

„Erkennen – verstehen – heilen”
Care-for-Rare Foundation für Kinder mit seltenen Erkrankungen


Die Fotoausstellung gibt Kindern mit seltenen Erkrankungen ein Gesicht. In sensiblen Bildern portraitieren die Münchner Fotografen Kamer Aktas und Anselm Skogstad betroffene Kinder und deren Familien aus verschiedenen Ländern. Sie zeigen die alltäglichen Herausforderungen, die das Leben mit einer seltenen Erkrankung prägen, und betonen zugleich die individuelle Würde jedes einzelnen Patienten. Um den „Waisen der Medizin“ zukünftig besser helfen zu können, ist Forschung essentiell: Ein genaues Verständnis der zugrunde liegenden Krankheitsmechanismen bildet die Grundlage für die Entwicklung neuer Therapien.

„Hinter den Kulissen – Patienten erzählen”
Verband der Universitätsklinika Deutschland e.V.


Geschichten aus dem Leben über das Leben – direkt aus den 33 deutschen Universitätsklinika. Erzählt von Patienten und ihren Angehörigen. Stellvertretend für Millionen Menschen in Deutschland, die den Ärzten, dem Pflegepersonal und der medizinischen Ausstattung der Uniklinika ihre Gesundheit und oft auch ihr Leben verdanken. In einer Pop-up-Ausstellung erzählen Uniklinik-Patienten auf 33 lebensgroßen Fotoaufstellern ihre großen und kleinen Geschichten. Mutig, persönlich, ergreifend und von Mensch zu Mensch.

Die Ausstellungen sind vom 21. Februar bis zum 6. März 2018 zu den

üblichen Besuchszeiten des Maximilianeums geöffnet: Montag bis Donnerstag von 09.00 bis 16.00 Uhr und Freitag von 09.00 bis 13.00 Uhr im Kreuzgang sowie im Ausstellungsfoyer.
Der Eintritt ist frei. 

Größere Besuchergruppen werden gebeten, sich vorher anzumelden; Informationen dazu unter Ihr Besuch im Landtag

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