Happy Birthday! 10. Preisverleihung zu „JobErfolg – Menschen mit Behinderung am Arbeitsplatz“

Mittwoch, 03. Dezember 2014

– Von Katja Helmö –



„JobErfolg“ feierte Geburtstag – mit einer riesigen Torte, die Landtagspräsidentin Barbara Stamm, Sozialministerin Emilia Müller und Behindertenbeauftragte Irmgard Badura gemeinsam anschnitten. Zum 10. Mal wurden öffentliche und private Arbeitgeber ausgezeichnet, die besondere Anstrengungen unternommen haben, um Menschen mit Behinderung in das Arbeitsleben zu integrieren. In diesem Jahr standen die VI. Bereitschaftspolizei-Abteilung Dachau (Kategorie „Öffentlicher Dienst“) und die CEWE Stiftung Germering (Kategorie „Privatwirtschaft“) im Rampenlicht. Den „Ehrenpreis“ erhielt die Stiftung Burg Feuerstein bei Bamberg. Die Auszeichnungen verdeutlichen das große Potential, das Menschen mit Behinderung in der Berufswelt haben.

Bei der 10. Preisverleihung, die im Senatssaal des Bayerischen Landtags stattfand, unterstrich die Parlamentspräsidentin: „Wir müssen Menschen mit Behinderung auf vielerlei Wegen unterstützen und dabei dafür sorgen, dass sämtliche Hürden abgebaut werden, die Arbeitgeber noch heute davon abhalten, unsere behinderten Mitbürgerinnen und Mitbürger zu beschäftigen. Durch die Auszeichnung guter Beispiele zeigen wir, dass es geht und wie es geht – und ermutigen damit hoffentlich möglichst viele andere Arbeitgeber, auch aktiv zu werden.“

Nach wie vor ist die berufliche Perspektive von Menschen mit Behinderung nicht zufriedenstellend, im Oktober 2014 waren von ihnen in Bayern rund 23.000 auf der Suche nach Arbeit. Damit sich die Beschäftigungschancen von Menschen mit Behinderung verbessern, setze der Freistaat mit Förderprogrammen finanzielle Anreize, erklärte Staatsministerin Emilia Müller. Finanzielle Mittel seien aber nur das eine. Wichtig sei ein Bewusstseinswandel bei den Unternehmen: „Wir müssen dahin kommen, dass Arbeitgeber Menschen mit Behinderung aus Überzeugung einstellen.“ Gleichzeitig dankte die Staatsministerin jenen Arbeitgebern, die sich ihrer sozialen Verantwortung stellen und Menschen mit Behinderung eine faire Chance auf dem Arbeitsmarkt geben. „Sie sind Beispiele für gelebte Inklusion. Ich hoffe, dass sie viele Nachahmer finden“, rief sie den Preisträgern zu.

Behindertenbeauftragte Irmgard Badura diagnostizierte nach wie vor eine große Lücke zwischen den Werkstätten und dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Ihr ist es ein besonderes Anliegen, dass die Leistungen und die zumeist sehr hohe Motivation von Menschen mit Behinderung auch ohne besondere Fürsprache wahrgenommen wird. Damit deren Fähigkeiten und Potentiale in den Mittelpunkt rückten, seien begleitende Maßnahmen, etwa durch einen Integrationsfachdienst, durch Berufsberatung oder ein Übergangsmanagement nach der Schule, wichtig.

„Win-win-win-Situation“ für die Betroffenen, die Gesellschaft und die Arbeitgeber

„Möglichst schnell wieder in mein altes Leben zurückzukehren“, das war das Herzensanliegen von Joachim Schoss, der vor zwölf Jahren bei einem Verkehrsunfall sein rechtes Bein und, fünf Tage später durch Amputation, seinen rechten Arm verloren hatte. Der Schirmherr von „JobErfolg“ ist Gründer der Stiftung „MyHandicap“, eine gemeinnützige Organisation, die auch Menschen mit Behinderungen und schweren Erkrankungen ein Leben nach eigenen Vorstellungen und Fähigkeiten ermöglichen will. Aus seiner Sicht bedeutet Inklusion eine „win-win-win-Situation“ für die Betroffenen, die Gesellschaft, aber auch die Arbeitgeber. Den Betroffenen ermögliche Inklusion mehr soziale Kontakte in und außerhalb der Arbeit, sie seien seltener krank und hätten eine höhere Lebensqualität. Die Allgemeinheit profitiere durch Steuern und Sozialabgaben, die von Menschen mit Handicap gezahlt würden. Und auch die Arbeitgeber könnten einen Nutzen aus den oft sehr speziellen Fähigkeiten von Menschen ziehen, die ihre Handicaps kompensieren würden und mit einer besonders hohen Loyalität ihrem Arbeitgeber verbunden seien.

 

„Wir machen das jetzt einfach mal“

Die Feier im Senatssaal wurde moderiert von Zuhal SoyHan, die im Rollstuhl sitzt und durch eine glückliche Fügung eine Anstellung fand. Aber es soll eben nicht nur „Glückssache“ oder ein „Akt der Gnade“ sein, wenn Menschen mit Behinderung einen Job bekämen, forderte sie. Auch sie wünscht sich noch viel mehr Arbeitgeber, die wenn sich ein Mensch mit Behinderung bei ihnen bewirbt, sagen: „Wir machen das jetzt einfach mal“. 

 

Die Preisträger im Überblick:
VI. Bereitschaftspolizeiabteilung Dachau (Kategorie „Öffentlicher Dienst“)  



Die VI. Bereitschaftspolizeiabteilung Dachau hat 994 Mitarbeiter, 23 davon sind schwerbehinderte/ gleichgestellte Menschen. Seit 2010 wurden dort insgesamt 13 schwerbehinderte und zwei gleichgestellte Menschen im Tarifbereich eingestellt, zudem auch mehrere Personen mit einem Behindertengrad von unter 50 Prozent. Auffallend ist das hohe soziale Engagement. So wurde einem schwerbehinderten Menschen mit Tourette-Syndrom die Ausbildung zum Mechatroniker ermöglicht. Beschäftigung fanden Menschen mit Schädel-Hirn-Trauma sowie ältere behinderte Menschen.
Die Sechste Bereitschaftspolizei-Abteilung in Dachau ist der größte Einsatzstandort in Bayern. Trotz der schwierigen baulichen Voraussetzungen hat die Bereitschaftspolizei Wege gefunden, um für die Kolleginnen und Kollegen mit Behinderung gut funktionierende Arbeitsplätze einzurichten. Die Bereitschaftspolizei Dachau hat eine erforderliche Umstrukturierung und den folgenden Mehrbedarf an Personal genutzt, um aktiv zu werden: Auf der Basis des Artikel 6c des Haushaltsgesetzes wurden schwerbehinderte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt.
Landtagspräsidentin Barbara Stamm ist von dem Willen, Menschen mit Behinderung trotz großer Herausforderungen in den Arbeitsalltag einzubinden beeindruckt: „Menschen mit Behinderung haben bei der Bereitschaftspolizeiabteilung Dachau ganz offensichtlich eine wichtige Position und tragen ihren Teil dazu bei, dass die wichtigen Aufgaben am Einsatzstandort gut erfüllt werden. Daneben spielt das Thema „Behinderung“ auch in der Ausbildung des Nachwuchses eine große Rolle: Es gibt immer wieder entsprechende Projekte, etwa die Möglichkeit einer Hospitanz in einer nahegelegenen Werkstatt für Menschen mit Behinderung – und dann natürlich auch einen entsprechenden Gegenbesuch bei der Bereitschaftspolizei.“

CEWE Stiftung, Germering, (Kategorie „Privatwirtschaft“)

Die CEWE Stiftung ist in der Fotobranche tätig und beschäftigt 189 Mitarbeiter, davon sind 19 schwerbehinderte Mitarbeiter. 11 der 19 schwerbehinderten Beschäftigten sind Frauen. Geschäftsführer Stephan-Johannes Reinhold betreibt seit Jahren eine Beschäftigungspolitik, die ganz gezielt auch Arbeitskräfte mit Behinderung miteinbezieht. Darunter sind auch Menschen mit seelischen Behinderungen. Die Arbeitsplätze werden individuell an die Bedürfnisse der einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angepasst, die Umbauten dafür trägt Reinhold in der Regel selbst. Auch Gebärdendolmetscher werden bei Bedarf aus Eigenmitteln bezahlt, zudem werden regelmäßig Schwerbehindertenversammlungen durchgeführt. Die Schwerbehindertenvertretung ist jederzeit für Anliegen der schwerbehinderten und gleichgestellten Beschäftigten ansprechbar, zusätzlich werden regelmäßige Präsenzsprechstunden angeboten.
Entwicklungsmaschinen, Sortiermaschinen und ähnliche Vorrichtungen sind komplett aus eigenen Mitteln mit Lichtwarnanlagen ausgestattet worden. Gehörlose Mitarbeiter können dadurch in fast allen praktischen Arbeitsbereichen eingesetzt werden.
Zudem wurde die Kontrolle von Fototaschen, das Scannen und die Endabfertigung für den Versand an die Bedürfnisse schwerbehinderter Beschäftigter angepasst. Üblicherweise handelt es sich dabei um Steharbeitsplätze, aber für eine Mitarbeiterin mit Einschränkungen an Beinen und Armen wurde aus Eigenmitteln ein Sitzarbeitsplatz gestaltet. Während der Scanner üblicherweise für jeden Vorgang eigens in die Hand genommen werden muss, wurde hier ein Scanner in einen Ständer fest montiert, sodass die Fototasche nur darunter gehalten werden muss. Dadurch wird ein einhändiges Arbeiten ermöglicht. Da viele Fototaschen ein relativ hohes Gewicht haben, wurde für die Bewegung der Taschen eine Art rollende Ablagekasten auf dem Tisch montiert, sodass ein wesentlich geringerer Kraftaufwand notwendig ist, um die Taschen zu bewegen. Um das Hervorholen von sehr schweren Sortiertaschen für Fotos aus einem tiefen Regal zu erleichtern, wurde eine Art Enterhaken für eine schwerbehinderte Beschäftigte mit Einschränkungen an den Armen entwickelt. Bald benutzten alle in diesem Bereich Beschäftigten dieses Hilfsmittel, nachdem sich gezeigt hatte, dass der Einsatz auch für nicht behinderte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine erhebliche Arbeitserleichterung darstellt.



Ehrenpreis Stiftung Jugendhaus Burg Feuerstein der Erzdiözese Bamberg

Insgesamt arbeiten 42 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Jugendhaus, durchschnittlich sind seit 2013 vier davon Menschen mit Behinderung. Die Arbeitsbedingungen werden an die individuellen Bedürfnisse der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angepasst. Zusätzlich werden  integrative Zeltwochen mit Jugendlichen angeboten, die das Thema in die Jugend tragen können. Das integrative Zeltlager wird seit 1980 jährlich einmal veranstaltet. Zu Pfingsten werden immer drei bis vier integrative Kurse angeboten, 2015 wird unter dem Namen „All Inklusive“ erstmals ein integratives Musikwochenende stattfinden.
 Das Jugendhaus bietet auch die Möglichkeit, dort das Freiwillige Soziale Jahr oder ein Praktikum zu absolvieren, was sehr häufig von Studierenden aus dem Bereich Pädagogik genutzt wird. Zudem kann man sich im Jugendhaus als Landwirt, Hauswirtschafterin oder Bürokommunikationskauffrau/mann ausbilden lassen.

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JobErfolg

10. Preisverleihung am 3. Dezember 2014 Video

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