AdR-Plenartagung: Kinder im Fokus

Europäischer Ausschuss der Regionen (AdR) fordert Unterstützung für bedürftige Kinder

Brüssel, 22.04.2024

Jedes vierte Kind in der EU ist von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht – für diese macht sich der Europäische Ausschuss der Regionen (AdR) stark. So haben auf der Plenartagung am 18. April in Brüssel Vertreter der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften direkten Zugang zu EU-Mitteln gefordert, um kostenlose Bildungsangebote, Kinderbetreuung, Schulkantinen und Gesundheitsversorgung für bedürftige Kinder in der gesamten EU sicherzustellen. Ausschussmitglied Alex Dorow (CSU) betonte, wie wichtig die Familie als „Keimzelle der Gesellschaft“ sei.

Rund 20 Prozent der EU-Bevölkerung sind Kinder – doch jedes vierte Kind ist von Armut bedroht, die durch die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie und die steigenden Lebenshaltungskosten zunehmend verschärft wird. In einer Debatte betonten die Mitglieder des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR), wie wichtig Strategien zur Bekämpfung von Kinderarmut und sozialer Ausgrenzung seien, die dabei regionale Unterschiede berücksichtigten. Der AdR ist eine beratende Institution, die es regionalen und kommunalen Gebietskörperschaften der EU-Staaten ermöglicht, formal auf Entscheidungen der EU Einfluss zu nehmen.

Familien stärken

Ausschussmitglied Alex Dorow (CSU) betonte auf der 160. Plenartagung, wie wichtig es sei, die Familie zu stärken: „Grundsätzlich ist die Rolle der regionalen Ebenen bei Maßnahmen zur Bekämpfung von Kinderarmut und Folgen prekärer Verhältnisse sehr zu begrüßen. Einige aufgeführte Punkte sehen wir aber auch kritisch bzw. sie sind uns zu vage. Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe, auch der Kinderschutz werden in Bayern ohnehin von Kommunen und Landkreisen eigenverantwortlich sichergestellt. Vor allem anderen steht für uns aber die Stärkung der Familie als entscheidende Keimzelle der Gesellschaft. Nur wo sie versagt, muss der Staat auf allen Ebenen handeln.“

Besserer Zugang für Kinder

Dazu sprachen sich die Regionen und Städte für integrierte, von den Regionen unterstützte Maßnahmen in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Justiz aus, um den Zugang der Kinder zu wichtigen Dienstleistungen zu gewährleisten. Sie empfahlen, EU-Programme wie den Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+) voll auszuschöpfen, um integrierte Kinderschutzsysteme in den Mitgliedstaaten wirksam umsetzen zu können. Wichtig sei es außerdem, Kinder und Jugendliche in die Gestaltung der sie betreffenden Politik einzubeziehen. Am wirksamsten seien Systeme, die auf den Schutz von Kindern abzielen, auf lokaler und regionaler Ebene. Deshalb spielten Kommunen und Regionen bei der Umsetzung von Frühinterventionsmaßnahmen zum Schutz gefährdeter Kinder eine entscheidende Rolle.

Zusätzliche Aktionspläne

Die Vertreter aus den Kommunen und Regionen, die in dieser Woche zu ihrer Plenartagung in Brüssel zusammenkamen, betonten allerdings, dass zusätzlich zu den nationalen Plänen lokale und regionale Aktionspläne erforderlich seien, um die europäische Kindergarantie vor Ort wirksam umzusetzen. Diese Pläne sollten auf die spezifischen Bedürfnisse der Gemeinschaft zugeschnitten sein und sicherstellen, dass die am stärksten gefährdeten Kinder ein Paket kostenloser Mindestdienstleistungen erhalten, einschließlich Bildung, Kinderbetreuung, Schulkantinen und Gesundheit. Die Strategien zur Bekämpfung der Kinderarmut sollten mit der Beschäftigungspolitik abgestimmt werden, um den gesamten Lebenszyklus vom Kind bis zum Erwachsenen abzudecken.

Die AdR-Mitglieder unterstützten auch den Vorschlag des Europäischen Parlaments, eine europäische Kinderhauptstadt nach dem Vorbild der Kulturhauptstadt Europas zu schaffen. Mit dieser vorgeschlagenen jährlichen Ernennung sollen die Städte ermutigt werden, kinderfreundlichen Umgebungen und Maßnahmen Vorrang einzuräumen.

Aktuelle Empfehlungen zum Kinderschutz

Aktuelle Empfehlungen gibt es derzeit zum Integrierten Kinderschutzsystem und der Europäischen Kindergarantie. Die Europäische Kommission hat am 23. April 2024 eine Empfehlung zu integrierten Kinderschutzsystemen angenommen. Die Initiative zielt darauf ab, alle relevanten Behörden und Dienste zu ermutigen, auf ganzheitliche Weise zum Schutz von Kindern zusammenzuarbeiten.

Der Europäische Rat – die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Mitgliedstaaten – hat im Juni 2021 eine Empfehlung  zur Einführung einer europäischen Kindergarantie angenommen. Sie zielt darauf ab, soziale Ausgrenzung zu verhindern und zu bekämpfen, indem bedürftigen Kindern ein effektiver Zugang zu wichtigen Dienstleistungen wie Bildung, Gesundheitsversorgung und Wohnraum garantiert wird. In der Empfehlung werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, Aktionspläne zur Umsetzung der Kindergarantie für den Zeitraum bis 2030 vorzulegen. Vierundzwanzig Mitgliedstaaten haben ihre Pläne angenommen und befinden sich in der Umsetzungsphase.

Empfehlungen und Aktionspläne sind für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union rechtlich nicht bindend. Diese sollen aber in Politikbereichen, in denen die EU eigentlich nicht zuständig ist – wie z. B. Bildung oder Gesundheit – die regionale und lokale Ebene dabei unterstützen, ihre unterschiedliche Politik miteinander zu koordinieren und besser aufeinander abzustimmen. Grundsätzlich obliegt es im Sinne der Wahrung der Subsidiarität jedoch den Mitgliedstaaten – und im Besonderen den Kommunen und Regionen – Bildungs- oder Gesundheitsmaßnahmen zum bestmöglichen Schutz von gefährdeten Kindern zu ergreifen.

Was ist der Ausschuss der Regionen?

Der AdR vertritt die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften in der Europäischen Union. Die Hauptfunktion des AdR besteht darin, zu allen für die Regionen und Kommunen relevanten EU-Vorhaben Stellungnahmen abzugeben. Der AdR gibt hierzu Berichte (sog. Stellungnahmen) zu den Vorschlägen der Europäischen Kommission ab. Zudem müssen Kommission, Rat und Parlament vor Beschlussfassung in Bereichen, die die lokalen und regionalen Regierungen betreffen (z.B. in den Bereichen Bildung und öffentliche Gesundheit), anhören. Die 329 Mitglieder des AdR (davon 24 aus Deutschland) werden vom Ministerrat auf fünf Jahre ernannt. Der Freistaat Bayern ist mit Europaminister Eric Beißwenger (Vollmitglied) und Alex Dorow MdL (Vollmitglied) im AdR vertreten. Als stellvertretende Mitglieder wirken ebenso Wirtschaftsstaatssekretär Tobias Gotthardt (Freie Wähler) und Florian Siekmann MdL (Bündnis 90/Die Grünen) im AdR mit.

/ AG

 

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