Forderung nach mehr Einfluss der Regionen auf europäischer Ebene

Ergebnisse der Europakonferenz der Landtage (E-LPK) und Tagung des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR)

München, 31.01.2022

  • Die Präsidentinnen und Präsidenten der deutschsprachigen Landesparlamente forderten, die Rolle der Regionalparlamente mit Gesetzgebungsbefugnissen im europäischen Mehrebenensystem weiter zu stärken.
  • Landtagspräsidentin Ilse Aigner berichtete als Vertreterin der deutschen Landtage auf der E-LPK über die Konferenz zur Zukunft Europas.
  • Die Mitglieder des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR) haben in einer gemeinsamen Entschließung dazu aufgerufen, das sogenannte Verfahren der „grünen Karte“ einzuführen, das regionalen Parlamenten die Chance bietet, EU-Rechtsvorschriften vorzuschlagen.

Die Europakonferenz der Landtage (E-LPK) hat eine gemeinsame Erklärung verabschiedet und ihren Mitwirkungsanspruch an Folgemaßnahmen der Konferenz zur Zukunft Europas bekräftigt. Im Rahmen der E-LPK tauschten sich die Präsidentinnen und Präsidenten sowie Direktorinnen und Direktoren der deutschen und österreichischen Landesparlamente und des Südtiroler Landtages sowie des österreichischen Bunderates und des Parlaments der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens Anfang der Woche per Videokonferenz aus. Landtagspräsidentin Ilse Aigner berichtete im Rahmen der Tagung über die EU-Konferenz zur Zukunft Europas, in der sie die deutschen Landtage vertritt. Die Konferenz hatte sich am vergangenen Wochenende in Straßburg mit den Vorschlägen von europäischen Bürgerinnen und Bürger unter anderem zur Stärkung der Demokratie in Europa auseinandergesetzt. In diesem Zusammenhang stand auch die Beratung der gemeinsamen Europa-Erklärung. Erstmals wird mit der Konferenz die Chance einer direkten und effektiven Mitwirkung der Landesparlamente am europäischen Willensbildungsprozess eröffnet. In ihrer gemeinsamen Europa-Erklärung heben die Präsidentinnen und Präsidenten unter anderem die Bedeutung der Konferenz hinsichtlich der stärkeren Mitwirkung und direkten Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger und der Regionalparlamente am „Projekt Europa“ hervor.

Mehr Einbindung gefordert

Die Präsidentinnen und Präsidenten bekräftigten ihre Forderung, die Rolle der Regionalparlamente mit Gesetzgebungsbefugnissen im europäischen Mehrebenensystem generell weiter zu stärken und sie besser in europapolitische Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse einzubinden. Sie müssen deshalb auch bei der weiteren Umsetzung der Ideen der Bürgerinnen und Bürger aus der Konferenz nach ihrem vorläufigen Ende am 9. Mai mitgestalten können. Bei etwaigen Folgemaßnahmen seien aber die innereuropäische Kompetenzverteilung und die in den Verträgen verankerten Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Landtagspräsidentin Ilse Aigner vertrat die Landesparlamente in der Plenarversammlung der Konferenz. Sie betonte: „Die Regionalparlamente sind ein unverzichtbarer Bestandteil des Mehrebenensystems der EU. Sie sind vor Ort Vermittler europäischer Politik und spielen eine wichtige Rolle, Bürgerinnen und Bürger in der Breite, in den Regionen zu erreichen.“

Entwicklung eines ständigen Dialogs

Die Mitglieder des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR) tagten am 26. und 27. Januar und riefen in einer gemeinsamen Entschließung dazu auf, dass die Bürgerinnen und Bürger und ihre regionalen Parlamente viel stärker in die EU-Politik eingebunden werden müssten. Dabei ist es unter anderem auf Initiative des Bayerischen Landtags und seiner AdR-Mitglieder gelungen, die regionalen Parlamente mit Gesetzgebungskompetenz als Vermittler zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und der EU fest im Text zu verankern. Die AdR-Mitglieder forderten, die politische Vertretung der Wählerinnen und Wähler auf allen Regierungsebenen zu stärken. Aufbauend auf den Erfahrungen der Konferenz solle ein ständiger ortsbezogener Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern entwickelt werden. Denn vor allem die Regionen und Städte der EU verfügten über konkretes Know-how im Bereich der Bürgerbeteiligung – so organisierten sie bereits den Großteil der fast 5.000 Bürgerdialoge im Rahmen der Konferenz. Auf regionaler und lokaler Ebene würden 70 Prozent der Rechtsvorschriften umgesetzt. "Europas Regionalparlamente sind sicher nicht bequem – aber sie sind bürgernah und damit unerlässlich im künftigen Gesetzgebungsprozess der EU. Mit Landtagspräsidentin Ilse Aigner haben die regionalen Parlamente eine starke Fürsprecherin für dieses Anliegen in der Konferenz zur Zukunft der EU“, sagte Tobias Gotthardt, (FREIE WÄHLER) und Vorsitzender im Europaausschuss.

Einführung einer „grünen Karte“

Die Präsidentinnen und Präsidenten sprachen sich zudem für die Einführung einer „grünen Karte“ auf europäischer Ebene aus. Diese ermögliche als Ergänzung zum Subsidiaritätsfrühwarnsystem den nationalen und regionalen Parlamenten, Vorschläge zu europäischen Gesetzesinitiativen einzubringen oder Änderung sowie Aufhebung bestehender Rechtsvorschriften zu fordern. Das Initiativrecht der Kommission würde dadurch nicht angetastet. Für Regionalparlamente mit Gesetzgebungsbefugnis könnte damit eine Möglichkeit eröffnet werden, über die jeweilige nationale Länderkammer Initiativen auf EU-Ebene zu starten.

Klimawandel: Emissionsfreier Straßenverkehr

Sollten die in den EU-Umweltvorschriften festgelegten Umweltziele nicht erreicht werden, belaufen sich die Kosten für die EU laut Schätzungen auf etwa 55 Mrd. Euro pro Jahr. Aus diesem Grund forderten die Mitglieder in einem Entwurf zu „Schadstofffreiheit von Luft, Wasser und Boden“ eine bessere Integration des Verursacherprinzips in die Umweltvorschriften. Dies solle vor allem durch eine Senkung der Emissionsgrenzwerte erreicht werden, um die Restverschmutzung weiter zu verringern und diffuse Verschmutzung aus allen Quellen, u. a. aus der Landwirtschaft, zu bekämpfen.

Zum Abschluss der Tagung bekräftigten die Mitglieder ihre Bereitschaft, an den Folgemaßnahmen der EU-Zukunftskonferenz mitzuwirken und damit den Weg für dauerhafte Reformen der EU zu ebnen, die über die Laufzeit der Konferenz hinausreichen sollen.

Bei der Konferenz zur Zukunft Europas handelt es sich um von Bürgerinnen und Bürgern getragene Debatten und Diskussionsreihen, bei denen die Menschen aus ganz Europa ihre Ideen gemeinsam mit den politisch Verantwortlichen der Regionen, der Mitgliedstaaten und der EU-Institutionen austauschen und unsere gemeinsame Zukunft mitgestalten können. Mehr Informationen bietet die Seite zur Konferenz zur Zukunft Europas.

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