Landtagspräsidentin Barbara Stamm zu ORH-Bericht: Prüfungsergebnisse bestätigen eingeschlagenen Weg des Parlaments

Dienstag, 13. August 2013
„Der Prüfbericht des Obersten Rechnungshofes bestätigt den Weg, den das Bayerische Parlament noch vor der Sommerpause mit seinen Änderungen zum Abgeordnetengesetz eingeschlagen hat“, kommentiert Landtagspräsidentin Barbara Stamm die Prüfungsmitteilungen des ORH, die seit gestern vorliegen. Die Entscheidungen in den letzten Sitzungen in dieser Wahlperiode hätten sich damit als richtig und konsequent erwiesen. „Dem neuen Landtag, der am 15. September 2013 gewählt wird, empfehle ich, den bisher eingeschlagenen Weg fortzusetzen und eine Weiterentwicklung des Abgeordnetenrechts zusammen mit der in Bayern seit vielen Jahren bestehenden unabhängigen Diätenkommission anzustreben. Hierbei werden auch die Empfehlungen des ORH hilfreich sein“, erklärt Stamm.

Der ORH hatte seit Mitte Mai 2013 den behördlichen Vollzug des Bayerischen Abgeordne­tengesetzes (BayAbgG) durch das Landtagsamt geprüft. Schwerpunktmäßig wurden die Aus­gaben für die Beschäftigung von Mitarbeitern der Abgeordneten (Art. 8 BayAbgG) im Zeit­raum 2010 bis 2012 in den Blick genommen. Daneben erstreckte sich die Prüfung aber insbe­sondere auch auf die Aufwendungen für mandatsbedingte Informations- und Kommunikati­onseinrichtungen (Art. 6 Abs. 4 BayAbgG).

Die wichtigsten Kritikpunkte in dem Prüfbericht sind:

- die sogenannte Altfallregelung:

Der ORH vertritt die Auffassung, dass seit der Änderung des Abgeordnetengesetzes zum 1. Juli 2004 die sogenannte Altfallregelung für die Beschäftigung naher Familienangehöriger nicht mehr gegolten habe.

Das Landtagsamt ist dagegen der Meinung, dass die Altfallregelung durch das zum 1. Juli 2004 in Kraft getretene Änderungsgesetz nicht aufgehoben wurde, sondern bis zum 31. Mai 2013 fortgalt. Aus Sicht des Landtags ist der gesetzgeberische Wille eindeutig, zumal es in den Gesetzesmaterialien keinen einzigen Hinweis gibt, dass die Altfallregelung aufgehoben werden soll und Präsidium und Ältestenrat zweimal nach 2004, nämlich 2006 und 2009 in ihren Verwaltungsrichtlinien einstimmig die Fortsetzung bestätigt haben.

Damit stehen sich zwei gegensätzliche Rechtsauffassungen gegenüber. Zur Klärung der unterschiedlichen Positionen hat Landtagspräsidentin Barbara Stamm einen renommierten Staatsrechtslehrer mit einem Gutachten beauftragt. Letztlich aber räumt der ORH selbst ein, dass etwaige Rückforderungsansprüche gegenüber Abgeordneten wegen des zu beachtenden Vertrauensschutzes kaum zu realisieren sein werden.

- Nachweise bei der Rechnungslegung zur Mitarbeiterentschädigung:

Der ORH kritisiert, dass die Abgeordneten im Zuge der Rechnungslegung entsprechend den Richtlinien keine Vertragsunterlagen vorlegen mussten. Bislang galt der Grundsatz, dass die Abgeordneten die bestimmungsgemäße Verwendung glaubhaft versichern mussten. Dies wurde aufgrund ihrer verfassungsrechtlich hervorgehobenen Stellung als ausreichend befunden und in den zuständigen Gremien Präsidium und Ältestenrat immer wieder bestätigt. Landtagspräsidentin Barbara Stamm weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Oberste Rechnungshof den Bayerischen Landtag 1998 fünf Wochen lang geprüft hat. Damals kamen die Prüfer zu dem Ergebnis, dass „das Abgeordnetengesetz, insbesondere was die Abrechnung der Diäten und der Mitarbeiterentschädigung anbelangt, vom Landtagsamt – also der Verwaltung - korrekt vollzogen wird.“ Landtagsamt und Abgeordnete konnten deshalb davon ausgehen, dass hinsichtlich der Nachweispflicht kein Änderungsbedarf bestand.

Im Übrigen hat der ORH gebeten, alle Verträge allgemein auf etwaige Rückforderungen zu überprüfen. Auch hier stünden nach Meinung des Landtagsamtes Gründe des Vertrauensschutzes solchen Rückforderungen entgegen.

Darüber hinaus hat der Bayerische Landtag noch vor der Sommerpause die Richtlinien dahingehend geändert, dass ab 1. Oktober 2013 alle der Mitarbeiterentschädigung zu Grunde liegenden Verträge dem Landtagsamt zur Prüfung vorgelegt werden müssen.

- steuerfreie Kostenpauschale:

Der ORH bemängelt, dass insbesondere bei der Ausgestaltung der steuerfreien Kostenpauschale nicht unterschieden wird, ob Abgeordnete eine Zweitwohnung am Parlamentssitz haben oder ob sie Stimmkreisbüros unterhalten. Bisher ging der Landtag in Anlehnung an die Bundestagsregelung jedenfalls davon aus, dass eine Gesamtpauschale am ehesten dem Grundsatz des freien Mandats entspricht. Klarzustellen ist, dass der ORH in seinem jüngsten Prüfbericht die korrekte Abrechnung der Kostenpauschale durch das Landtagsamt bestätigt hat.

- Erstattung von Informations- und Kommunikationseinrichtungen:

Der ORH bewertet einige Anschaffungen als problematisch. Seiner Meinung nach hätte das Landtagsamt die Notwendigkeit der Anschaffung für die mandatsbedingte Arbeit bzw. die Angemessenheit der Aufwendung hinterfragen müssen. Hier gilt jedoch: Die IuK-Pauschale steht den Abgeordneten für die Ausübung ihres Mandats unmittelbar zur Verfügung. Ob und welche Gegenstände im Rahmen der Erstattungsrichtlinien erworben werden, entzieht sich aufgrund des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Freiheit der Mandatsausübung der Prüfung durch das Landtagsamt.

- besondere Aufwandsentschädigung für Funktionsträger:

Der ORH hält den Kreis der Funktionsträger, die eine besondere Aufwandsentschädigung erhalten, für zu breit angelegt und die gewährte Summe für zu hoch. Insbesondere stellt er die Aufwandsentschädigung für Ausschussvorsitzende und ihre Stellvertreter in Frage. Die Präsidentin ist mit der unabhängigen Diätenkommission der Überzeugung, dass die zusätzliche Aufwandsentschädigung von monatlich 510 Euro für Ausschussvorsitzende bzw. 383 Euro für stellvertretende Ausschussvorsitzende angesichts deren breiten Aufgabenspektrums absolut angemessen ist. Die Beträge wurden seit 1991 nicht verändert.

- Transparenz:

Der ORH spricht an verschiedenen Punkten seines Berichts mangelnde Transparenz an. Fakt ist, dass alle Leistungen an Abgeordnete einer gesetzlichen Grundlage bedürfen und das parlamentarische Verfahren in Bayern einschließlich der Ausschusssitzungen öffentlich gestaltet ist. Darüberhinaus sind alle in diesem Zusammenhang getroffenen Entscheidungen zum Beispiel über die Höhe der Mitarbeiterentschädigung über Pressemitteilungen und auf der Homepage des Bayerischen Landtags veröffentlicht worden. Künftig ist beabsichtigt, auch die Richtlinien auf der Homepage des Landtags zu veröffentlichen.

Zusammenfassend stellt Landtagspräsidentin Barbara Stamm fest, dass der Landtag aus den Diskussionen der vergangenen Monate seine Konsequenzen gezogen und in der Zwischenzeit das Abgeordnetengesetz geändert und die Richtlinien dementsprechend angepasst hat. „Dieser auf die Zukunft ausgerichtete Kurs wird durch den ORH-Bericht bestätigt“, betont Stamm.

Den Prüfbericht des ORH und eine ausführliche Erklärung von Landtagspräsidentin Barbara Stamm finden Sie in Kürze auf der Homepage des Bayerischen Landtags. Außerdem ist dort das vom gesamten Präsidium getragene und im ORH-Bericht zitierte Schreiben der Landtagspräsidentin vom 12. Juni 2013 sowie das Gutachten des Landtagsamtes zur Fortgeltung der Altfallregelung veröffentlicht. „Mehr Transparenz ist nicht möglich“, betont Stamm.

Mit freundlichen Grüßen

Heidi Wolf

Pressesprecherin

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