Erster Bayerischer Verfassungsorden an Holocaust-Überlebenden Abba Naor verliehen

Landtagspräsidentin ehrt den Zeitzeugen als Stimme der Versöhnung, Vermittlung und Verständigung

Abba Naor ist Träger des ersten Bayerischen Verfassungsordens. Landtagspräsidentin Ilse Aigner verlieh dem Holocaust-Zeitzeugen die Auszeichnung im Beisein des 1. Landtagsvizepräsidenten und Direktors der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, Karl Freller, dem Präsidium des Bayerischen Landtags sowie Israels Generalkonsulin Carmela Shamir.

Bei der Verleihung im Akademiesaal des Maximilianeums hat Landtagspräsidentin Ilse Aigner die Verdienste von Abba Naor für die Bayerische Verfassung herausgestellt. Denn diese sei vor 75 Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg und nach der Shoa als Gegenentwurf zur „ungeheuerlichen, verheerenden Staats- und Gesellschaftsordnung“ der Nationalsozialisten entstanden und Naors Engagement als Zeitzeuge auch vor diesem Hintergrund außergewöhnlich: „Diese Auszeichnung, lieber Abba Naor, ist auch eine Verneigung vor Ihrem Mut, Ihrer menschlichen – schier übermenschlichen – Größe, Ihrem unermüdlichen Einsatz gegen das Vergessen, Ihrer leidenschaftlichen demokratischen Haltung, Ihrer Empathie und Ihrem Einsatz für die Versöhnung.“

In ihrer Laudatio zeigte sich Aigner beeindruckt vom Wirken Naors, der seit Jahrzehnten vor allem Jugendlichen vom Grauen berichtet, das er und seine Familie zur Zeit des Nationalsozialismus erleben mussten: „Sie haben in den Abgrund gesehen – in den Abgrund der Unmenschlichkeit. Ihre Schilderungen sind schmerzhaft. Sie sind schonungslos – aber dank Ihrer Empathie überfordern Sie nicht, sondern Sie dringen vor in die Herzen und die Köpfe Ihrer vorwiegend jungen Zuhörerinnen und Zuhörer. Mit unglaublichem Mut und bewundernswerter Ausdauer sind Sie Stimme der Versöhnung, Vermittlung und Verständigung. Und wann immer es notwendig ist, sind Sie auch eine mahnende Stimme gegen Antisemitismus, Rassismus und Menschenverachtung aller Art.“

Abba Naor engagiert sich seit 30 Jahren als einer der letzten Zeitzeugen für eine Versöhnungskultur und das Gedenken an den Holocaust, nicht zuletzt seit 2017 als Vizepräsident des Comité International de Dachau und als Mitglied des Stiftungsrats der Stiftung Bayerische Gedenkstätten. Mit dreizehn Jahren wurde er mit seinen beiden Brüdern und Eltern in das Ghetto in Kaunas deportiert. Seine Mutter und seine Brüder starben, Naor selbst wurde im Frühjahr 1945 auf den Todesmarsch geschickt und durch die US-Armee in Bayern befreit. Der 93-jährige lebt heute in Israel und ist derzeit zu Besuch in Bayern.

Der ursprünglich geplante Festakt, bei dem noch weitere Persönlichkeiten mit dem Verfassungsorden ausgezeichnet werden sollen, musste wegen der Corona-Pandemie verschoben werden.

Die Auszeichnung wurde als Bayerische Verfassungsmedaille am 1. Dezember 1961 vom damaligen Landtagspräsidenten Rudolf Hanauer gestiftet. Seit nunmehr 60 Jahren ist sie öffentliche Anerkennung für Bürgerinnen und Bürger, die sich herausragend für das Gemeinwohl engagieren und damit die Werte der Bayerischen Verfassung mit Leben füllen. In diesem Jahr wird sie erstmals als Bayerischer Verfassungsorden verliehen.

/ CK

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