Ex-Ministerpräsident Stoiber und ARD-Wahlexperte Schönenborn über Meinungsforschung vs. Meinungsmache

  • Auf Einladung von Landtagspräsidentin Ilse Aigner haben Expertinnen und Experten vor etwa 300 Gästen über die Rolle der Demoskopie in der Politik diskutiert. 
  • Auf dem Podium tauschten sich der frühere bayerische Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber, WDR-Programmdirektor Jörg Schönenborn, Wahlforscher Prof. Dr. Thorsten Faas und Agenturinhaberin Gwendolin Jungblut aus.
  • Landtagspräsidentin Ilse Aigner: „Im Herbst wird ein neuer Landtag in Bayern gewählt. Ich warne vor der Stimmungsdemokratie, vor einer Politik nach Umfragewerten.“

 

MÜNCHEN.   Rund 300 Menschen sind zur Veranstaltung „Der Landtag im Gespräch über Meinungsforschung vs. Meinungsmache“ in den Senatssaal des Maximilianeums gekommen. Auf Einladung von Landtagspräsidentin Ilse Aigner diskutierten unter anderem der frühere bayerische Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber und WDR-Programmdirektor Jörg Schönenborn über Rolle und Aufgabe der Demoskopie in der Politik in früheren Zeiten und heute. 

Landtagspräsidentin Ilse Aigner hat in ihrer Begrüßungsrede die Bedeutung der Meinungsforschung betont, zugleich aber dazu aufgerufen, sich nicht zu stark davon lenken zu lassen: „Deutschland sähe heute anders aus, wenn es nur nach der erforschten Stimmung im Lande gegangen wäre! Politikerinnen und Politiker sollten sich stärker dem Programm, ihren Leitsätzen, ihren Grundüberzeugungen verbunden fühlen - auch mal für Positionen kämpfen, die aktuell nur Minderheiten hinter sich haben, die aber morgen schon in Mehrheiten gewandelt werden können!“ Gerade mit Blick auf die im Oktober anstehende Landtagswahl sagte sie: „Ich warne vor der Stimmungsdemokratie, vor einer Politik nach Umfragewerten.“

Ihr Fazit: „Demoskopie und Demokratie – das hängt zusammen. Wir brauchen die Meinungsforschung als Resonanzboden. Es kann hilfreich sein, wenn es gelingt, aus vielen Meinungen mittels Umfrage ein Meinungsbild zu erstellen. Das kann der Treibstoff für demokratisches Handeln sein. Aber verlieren wir nicht jedes Maß und schenken nicht unseren eigenen Kompass her!“

Ex-Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber, der zu seiner Zeit bereits die Möglichkeiten von Umfragen genau analysierte und als einer der ersten nutzte, zeigte sich vom Wert der Umfragen überzeugt: „Die Demoskopie ist ein Stück direkte Demokratie, die viele ja auch wollen.“ Und sie sorge dafür Themen aufzuzeigen, die in den Diskussionen der Politik nicht immer eine ausreichende Rolle spielten.

WDR-Programmdirektor Jörg Schönenborn betonte, wie sensibel mit Umfragen umgegangen werden müsse, denn: „Durch die Formulierung der Frage kann ich sehr leicht das Ergebnis beeinflussen. Daher ist es unsere journalistische Aufgabe, genau auf die Fragestellung hinzuweisen.“

Wahlforscher Prof. Dr. Thorsten Faas von der Freien Universität Berlin stimmte ihm dahingehend zu: „Es ist wichtig, dass wir die Zahlen haben, aber es sind nicht in Stein gemeißelte Messungen der öffentlichen Meinung, sondern sie sind mit Vorsicht zu interpretieren.“

Gwendolin Jungblut, Inhaberin von „TheLeaderShip – Agentur für Führung, Strategie und Wahlerfolge“ wies darauf hin, dass Umfragen nicht alles seien, sondern sich die politische Kommunikation wandeln müsse. Denn: „Es gibt Momente, in denen die Bevölkerung einen Schwenk mitmacht. Denn sie haben ihre Stimme auf die Politik übertragen, die die Entscheidung für sie treffen soll.“

Bei der Reihe „Der Landtag im Gespräch“ lädt Landtagspräsidentin Ilse Aigner Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens für eine Diskussion zu aktuellen Themen der Zeit in den Bayerischen Landtag. Die Veranstaltung zur Demoskopie war die erste der Reihe seit der Corona-Pandemie.

Kostenloses Bildmaterial zur Berichterstattung kann heruntergeladen werden unter: www.bayern.landtag.de/aktuelles/presse/pressefotos/

(CK)

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