Lesung zum 1. Todestag von Max Mannheimer

Donnerstag, 28. September 2017
– Von Miriam Zerbel –

Als unermüdlicher Erinnerer und Mahner ist Max Mannheimer in die Geschichte eingegangen. Der Holocaust-Überlebende kämpfte zeitlebens gegen das Vergessen der nationalsozialistischen Verbrechen, wirkte aber auch als Versöhner. Am 23. September 2016 ist Mannheimer im Alter von 96 Jahren gestorben. Der Landtag nahm seinen ersten Todestag zum Anlass mit einer Lesung an den Kämpfer für Demokratie und Freiheit zu erinnern.  


Landtagspräsidentin Barbara Stamm erinnerte in der Bibliothek des Landtags an Mannheimer als Zeitzeugen der Nazi-Verbrechen, an den Schriftsteller und Maler sowie nicht zuletzt an Mannheimer als Persönlichkeit: „Er fand die Kraft, schrecklichste Erfahrungen positiv umzusetzen und unermüdlich für Frieden und Menschlichkeit einzutreten.“ Mannheimer habe vor allem die Verantwortung jedes Einzelnen im gesellschaftlichen Miteinander betont, eine Pflicht, zugleich aber auch ein Privileg, das den besonderen Wert einer Demokratie ausmache.

Sie wandte sich auch direkt an die anwesenden Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Grafing, die nach einem Besuch Mannheimers an ihrer Schule spontan eine Ausstellung über ihn gestaltet haben. Stamm ermutigte sie sich einen kritischen Geist, Offenheit und Neugier zu bewahren.  Die Landtagspräsidentin versprach, dass der Bayerische Landtag Max Mannheimers Erbe bewahren wird – heute und in Zukunft.

Ein Versprechen dem sich Natascha Kohnen, Landesvorsitzende der SPD in Bayern, anschloss. In ihren Augen hat es Mannheimer nicht nur geschafft, das Trauma von Schmerz und Leid zu überwinden. „Er hat den Wiederaufbau mitgestaltet und es sich zur Lebensaufgabe gemacht, junge Menschen für die Demokratie zu stärken.“ Bereits vergangenen Sonntag hatte die SPD-Fraktion eine Gedenkveranstaltung für den Shoa-Überlebenden im Maximilianeum veranstaltet.
Kohnen wehrte sich massiv gegen Forderungen des Thüringer AfD-Politikers Björn Höcke, der parteiübergreifend für Empörung gesorgt hatte, als er Anfang des Jahres eine erinnerungspolitische Wende um 180 Grad gefordert hatte. Vergangenheitsbewältigung im Stile Mannheimers habe Geschichte fassbar gemacht, so Kohnen.

„KZ überlebt“

Geschichte in den Gesichtern der Überlebenden zu bannen – diese Aufgabe hat sich der Regensburger Fotograf und Künstler Stefan Hanke gestellt. Ein Wettlauf gegen die Zeit. Hanke besuchte 121 Überlebende in sieben Ländern über einen Zeitraum von fast elf Jahren, um sie zu porträtieren. Daraus entstanden das Buch „KZ überlebt“ und eine Foto-Ausstellung, in denen auch Mannheimer vertreten ist. Vermittelt durch die langjährige Weggefährtin Mannheimers, Schwester Elija Boßler, begegnete Hanke 2006 dem Zeitzeugen in der KZ-Gedenkstätte Dachau. Dort porträtierte Hanke ihn an verschiedenen Orten. Mannheimer vertraute ihm dabei an: „Ich habe zwar Auschwitz verlassen, aber Auschwitz hat mich nicht verlassen.“

Die fraktionslose Landtagsabgeordnete Claudia Stamm, die Mannheimer persönlich besonders eng verbunden war, las ausgewählte Passagen aus seinem späten Tagebuch: Mannheimers Erfahrungen aus dem Kindergarten, sein Erleben der so genannten „Reichskristallnacht“, die Deportation 1943 nach Theresienstadt und sein Arbeitseinsatz in Auschwitz/Birkenau. Passagen, die verdeutlichten, was Mannheimer durchlitten hat: Demütigung, Vertreibung, Arbeitslager und KZ, Tod fast seiner gesamten Familie, Hunger und Krankheit.
 
Zeitzeuge mit Sinn für Humor

„Er hat nie gejammert, aufgefallen ist vielmehr sein Humor“, machte der Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten und stellvertretender CSU-Fraktionsvorsitzender Karl Freller in seiner Würdigung deutlich. Mannheimer habe es verstanden, auch über ernste Themen mit einer Portion Witz zu sprechen. Freller beleuchtete die verschiedenen Facetten Mannheimers als Versöhner, überzeugter Demokrat, engagierter Pädagoge, dessen Geschichte Generationen von Schüler berührt hat und schließlich als Künstler.

Einen bislang wenig bekannten Blick auf Mannheimer als Schriftsteller und Maler gewährt das Buch „Max Mannheimer - The Marriage of colours“ von Karmelschwester Elija Boßler, das Freller vorstellte. Es bietet einen Überblick über das gesamte künstlerische Schaffen des Malers Mannheimer und kam auf Initiative von Schwester Elija zustande, mit der Mannheimer in seinen letzten Jahren eng befreundet war.
Musikalisch umrahmt wurde die Lesung durch eine passende Liedauswahl mit Beiträgen von Vladimir Gaba an der Geige und Viacheslav Dorokhov am Piano.

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