Landtag und Regierung feiern gemeinsam 100 Jahre Freistaat Bayern

Mittwoch, 7. November 2018

Von Miriam Zerbel –

Es ist ein Doppeljubiläum, an das heute im Nationaltheater feierlich erinnert wurde: 100 Jahre Freistaat Bayern und 200 Jahre Bayerische Verfassung. Aus welchen historischen Wurzeln hat sich Bayern entwickelt? Aber der Blick richtete sich auch in die Zukunft. Welche Herausforderungen liegen vor uns?

Unter dem Motto „Wir feiern Bayern“ sprachen im festlichen Rahmen des Nationaltheaters zunächst der wiedergewählte Ministerpräsident Dr. Markus Söder und die frisch ins Amt eingeführte Landtagspräsidentin Ilse Aigner, beide von der CSU. Das Wittelsbacher Königshaus, so Ministerpräsident Söder, habe 1818 die Zeichen der Zeit erkannt und Bayern eine der modernsten Verfassungen in Europa gegeben. Nicht absolutistisch, sondern geprägt vom Gedanken an Teilhabe und Grundrechte habe sie als Klammer identitätsstiftend gewirkt, in einem Staatsgebiet, das aus vormals vielen Einzelterritorien bestand und erst zu einer Einheit geformt werden musste.

Freistaat: Leben und leben lassen

Auch nach dem Zweiten Weltkrieg, so erklärte Söder, hätten die Uhren in Bayern anders getickt. „Mit der Verfassung von 1946, noch vor dem Grundgesetz, war Bayern wieder seiner Zeit voraus.“ Dem Ministerpräsidenten lag auch der Begriff des Freistaates am Herzen. Er betonte, er verstehe unter dem heutigen Freistaat vor allem: leben und leben lassen. „Wir Bayern wollen gern unabhängig sein und ein bisschen anarchisch, nicht anarchistisch. Man teilt der Obrigkeit gern mit, dass nicht alles perfekt ist, man wünscht sich kleine Änderungen, aber nicht den grundlegenden Richtungswechsel.“

Das mache Bayern einzigartig. Es sei immer gelungen, Modernität und Tradition in die richtige Balance zu bringen. Die beiden Jubiläen seien Geschenke, die es auch in Zukunft zu erhalten gelte. Söder appellierte an sein Publikum, zu erhalten, was verbindet, und wieder mehr zuzuhören, wertzuschätzen und sein Gegenüber zu respektieren.


Verfassung 1818: Grundstein für repräsentative Demokratie

Auch die Landtagspräsidentin warf zunächst einen Blick zurück auf die Situation im Jahr 1818, dem Jahr, als König Max I. Joseph Bayern eine Verfassung gab, die erstmals eine parlamentarische Volksvertretung vorsah und damit den Grundstein für politische Selbstbestimmung legte. Mit dem Ende des Ersten Weltkriegs kam das Aus für das Wittelsbacher Königshaus, nach 800 Jahren. In der Nacht vom 7. auf den 8. November rief Kurt Eisner die Republik, den Freistaat Bayern aus. Mit der bayerischen Verfassung von 1919 sei dann der „Kerngedanke der repräsentativen Demokratie verwirklicht worden“, sagte Aigner.

Stabile Basis für die Zukunft

In der langen Zeitspanne von 200 Jahren habe eine wechselvolle Geschichte das Land geprägt, mit demokratischen Fortschritten, aber auch einzigartigen Zivilisationsbrüchen. Aus diesem historischen Lernprozess sei eine gefahrenbeständigere zweite bayerische Demokratie entstanden. Der Rückblick auf die erfolgreiche Arbeit des Landtags lasse sie hoffnungsvoll in die Zukunft schauen, versicherte dessen Präsidentin Aigner: „Ich bin zuversichtlich, dass wir gerade mit unserer bewegten Geschichte eine stabile Basis für einen sicheren Weg in eine gute Zukunft haben.“

Moderne Erinnerungspolitik: Mehr Orte der Demokratie

Neben den zahlreichen Amts- und Würdenträgern aus Politik und Gesellschaft, die der Landtagspräsidentin und dem Ministerpräsidenten in der Staatsoper lauschten, waren auch viele junge Leute vertreten: Schülerinnen und Schüler aus jedem Regierungsbezirk und jeder Schulart. Den musikalischen Rahmen gestalteten das Bayerische Staatsorchester sowie dessen Jugendorchester und der Kinderchor der Bayerischen Staatsoper. Das Bayerische Junior Ballett tanzte zu Musik von Dmitri Schostakowitsch, bevor Professor Dr. Ferdinand Kramer über Orte der Demokratie in Bayern sprach. Der Direktor des Instituts für Bayerische Geschichte gab mit Blick auf das Doppeljubiläum einen kurzen Abriss der historischen Zusammenhänge in den vergangenen 200 Jahren. Er endete mit der Feststellung, dass es zwar viele Museen und Gedenkstätten gebe, aber nur wenige Orte, an denen an die demokratischen Traditionen im Land erinnert werde. Das nahm Kramer zum Anlass, eine moderne Erinnerungspolitik in Bayern zu fordern.


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