Demokratie lebendig halten

Berchtesgadener Weihnachtsschützen eröffnen Bayerischen Verfassungstag

Demokratie ist weder ein Selbstläufer noch ist sie nur eine Gabe, sondern um sie muss immer wieder aufs Neue gerungen werden. Den Festakt zum Bayerischen Verfassungstag nahmen die Redner im Landtag zum Anlass, an die Verantwortung eines jeden Einzelnen zu appellieren. „Wir müssen entschlossen eintreten für unsere Werte – lassen sie uns dafür auf allen Ebenen werben“, sagte Landtagspräsidenten Ilse Aigner.

Die Bayerische Staatsregierung und die Bayerische Einigung e.V. feierten am Bayerischen Verfassungstag 2019 im Maximilianeum gleich drei Jubiläen: Zum einen wurde mit der „Bamberger Verfassung“ vor 100 Jahren das erste parlamentarische und demokratische System in Bayern eingerichtet mit einer zentralen Aussage:
„Das Volk ist der Souverän des Staates.“ Das war zu der Zeit revolutionär. Vor 73 Jahren gab sich das bayerische Volk dann die heutige demokratische Verfassung des Freistaats Bayern. Und vor 30 Jahren folgte der Mauerfall. Seitdem verbindet die Bevölkerung Dankbarkeit für die Menschen im Osten, die mutig und friedlich gegen einen Unrechtsstaat und für Freiheit und Einheit gekämpft haben. Aktuell sind die Trümmer für viele zwar nur noch Geschichte. Denn die heutige Generation kennt nichts anderes als ein vereintes Land in einem vereinten Europa. Doch es könne auch gefährlich werden, wenn kein Bezug mehr zwischen Trümmern und der eigenen Verantwortung im Hier und heute hergestellt werde, mahnte Landtagspräsidentin Ilse Aigner. „Die Bayerische Einigung wurde vor 65 Jahren mit dem Ziel gegründet, das Wissens um das kulturelle und staatspolitische Fundament des Freistaats zu vertiefen und den Einsatz dafür zu fördern. Es ist auch mein Leitsatz: Demokratie ist keine Gabe, sondern eine Aufgabe. Ich danke der Bayerischen Einigung und der Bayerischen Volksstiftung für ihr wichtiges Engagement. Und für diesen Festakt, der uns erinnert, wo wir herkommen, wer wir sind und wogegen wir uns stemmen müssen“, sagte Aigner.

Widerspruch einlegen


Ein Ehrensalut der Weihnachtsschützen des Berchtesgadener Landes eröffnete den Festakt im Bayerischen Landtag. Der Appell der Festredner fiel deutlich aus: „Demokratie braucht politische Bildung“. So stellte Florian Besold, Präsident der Bayerischen Vereinigung e.V. und Vorsitzender des Vorstands der Bayerischen Volksstiftung, in seiner Begrüßungsrede heraus, dass sowohl ein kritischer Umgang mit dem Verfassungsbegriff als auch Spracherziehung wichtige Bestandteile der Bildungsarbeit seien. Justizminister Georg Eisenreich betonte, dass in einer Gesellschaft jeder einzelne gefordert sei, wenn es darum gehe Verantwortung zu tragen – vor allem im alltäglichen Zusammenleben. „Inzwischen ist das Klima von Rändern der Gesellschaft vergiftet. Doch hört jemand rassistische Äußerungen – beispielsweise über den Gartenzaun des Nachbarn hinweg– dann liegt es in der Verantwortung von jedem sein Wort zu erheben und Widerspruch einzulegen.“

Kampf gegen Vorurteile


Freiheit brauche Verteidiger, appellierte Eisenreich an seine Zuhörer. So seien die Medien aktuell wichtiger denn je. „Die Leute informieren sich zum großen Teil im Internet, aber das führt auch dazu, dass Hass und Hetze im Netz immer mehr zunehmen und das Klima vergiften“, sagte er. Das Redaktionsteam Junge Talente Augsburg zeigt beispielsweise beim Radiosender Ego FM, wie mit Berichterstattung gegen Vorurteile aufgeräumt werden kann. Unter anderem für das Medienprojekt „Aktiv gegen Vorurteile“ erhielt das Team den Verfassungspreis „Jugend für Bayern“ und somit eine Würdigung des gesamten Netzwerkes.

Heimatliebe in der Verfassung


Prof. Dr. Hans Maier, ehemaliger bayerischer Kultusminister, verdeutlichte wie sehr Schule und Bildung in der Bayerischen Verfassung mit der Natur im Zusammenhang stehen. Als Indiz dafür nannte er den Artikel 141. Noch in den 1968er Jahren wurde über die darin gepriesene Heimatliebe und Denkmalpflege die Nase gerümpft. 1984 wurde der Artikel um folgenden Satz erweitert: „Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen ist, auch eingedenk der Verantwortung für die kommenden Generationen, der besonderen Fürsorge jedes einzelnen und der staatlichen Gemeinschaft anvertraut.“ Maier deutete dies unter anderem als Tatsache dafür, dass die Verfassung ein lebendiges Gebilde geblieben sei und ein wirkungsfähiges Fundament für die Bürger. „Demokratie ist aber kein Selbstläufer. Um sie muss gerungen werden und sie muss verteidigt werden“, sagte Maier.

Probleme ernst nehmen


Auch Aigner stellte fest: „Die politische Agende wird verengt, auf wenige große Themen. Unter Hochdruck werden Vorschläge erarbeitet, die zwangsläufig hinter den Erwartungen zurückbleiben. So dreht sich eine Spirale schlechter Nachrichten, politischer Frustration und Radikalisierung. Wir sind als Volk, als Politik, als Gesellschaft gefordert, die Herausforderungen konstruktiv anzunehmen. Wir müssen Probleme erkennen, ernstnehmen und lösen. Nur so kann man den Populisten begegnen. Denn die – so viel steht fest – lösen kein einziges Problem!“

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