Landtagspräsidiums zu Besuch in Prag - Gemeinsamer Gedenkakt für 2020 vereinbart

21. Mai 2019

PRAG. Das neue Präsidium des Bayerischen Landtags besucht bei seiner ersten Informationsreise am 20. und 21. Mai die tschechische Hauptstadt Prag.

Zunächst besuchte die Abordnung gemeinsam mit Christina Markert, der Gesandten Deutschlands in der Botschaft Prag, die Zentrale der Europäischen Satellitennavigation – Galileo. Es handelt sich um ein europäisches globales Satellitennavigationssystem, das weltweit Daten zur Positionsbestimmung liefert. Der Sitz von Galileo befindet sich seit 2014 in Prag, das Kontrollzentrum steht in Oberpfaffenhofen. Mittlerweile sind nach Angaben der European Global Navigation Satellite Systems Agency weltweit 700 Millionen Handys mit Galileo-Empfängern verkauft worden. Bis Ende 2019 sollen alle 30 Satelliten in ihre Umlaufbahn gebracht werden. In der frei zugänglichen Version soll eine Genauigkeit von etwa 1,5 Metern erzielt werden. Zum Vergleich: Das GPS liefert in der öffentlichen Version eine Genauigkeit von zehn Metern. Das Satellitennavigationssystem ist für die Allgemeinheit seit dem 15. Dezember 2016 zugänglich. 

Weiter an Europas Einheit arbeiten

Abends gab es in der deutschen Botschaft in Prag einen Empfang für die Delegation des Bayerischen Landtags - sozusagen in historischen Räumlichkeiten. Erinnerungen an einen Schlüsselmoment der Deutschen Einheit wurden wach. Im Frühherbst 1989 hatten 4000 DDR-Flüchtlinge im Gebäude und im Garten der Botschaft Zuflucht gesucht. Am 30. September 1989 verkündete dann der damaligen Außenminister der Bundesrepublik Deutschland, Hans-Dietrich Genscher, auf dem mittlerweile legendären Balkon der Botschaft die erlösende Nachricht: alle Flüchtlinge dürfen ausreisen. Radek Vondráček, Präsident des tschechischen Abgeordnetenhauses, knüpft an diese Bilder an, als er beim Empfang dazu aufruft, weiter an der Einigung Europas zu arbeiten.




Gemeinsamer Gedenkakt vorgeschlagen

Am zweiten Tag wurde das Präsidium von Radek Vondráček, dem Vorsitzenden des Tschechischen Abgeordnetenhauses, empfangen. Landtagspräsidentin Ilse Aigner schlug bei dieser Gelegenheit einen gemeinsamen Holocaust-Gedenkakt von Bayern, Tschechien und Österreich im Januar 2020 vor. Die Reaktionen im Prager Abgeordnetenhaus waren außerordentlich wohlwollend. Radek Vondráček versicherte, was die Erinnerungsarbeit angehe, seien sich alle im tschechischen Parlament einig, dass diese sehr wichtig sei. Die Planungen auf tschechischer Seite soll Jan Bartošek koordinieren, Mitglied des Abgeordnetenhauses. Ein Schwerpunkt bei der Vorbereitung der Veranstaltung soll auf der Frage liegen, wie ein Gedenken in Zukunft möglich sein kann, wenn es keine Zeitzeugen mehr gibt. Zudem solle ein sehr klares Bekenntnis gegen den wachsenden Antisemitismus in Europa ausgesandt werden.  Karl Freller, als Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, an der Organisation beteiligt, begrüßte die Idee ausdrücklich. Gemeinsame Gedenkakte seien die Fundamente einer gemeinsamen Zukunft, sagte er. 
Ebenfalls angesprochen wurde eine mögliche engere Zusammenarbeit im Bereich Wasserwirtschaft und beim Nationalpark Böhmerwald-Bayerischer Wald sowie der dringend notwendige Ausbau der Bahnstrecken zwischen Bayern und Tschechien.

Zuvor hatten die Abgeordneten noch ein Gespräch mit Dr. Tomáš Kraus, dem Geschäftsführer der Föderation der jüdischen Gemeinden der Tschechischen Republik. Im historischen Gerichtsaal des jüdischen Rathauses berichtete Kraus vor dem Rundgang durch das Museum und der alten Synagoge, heute ein Ort des Gedenkens an die im Holocaust ermordeten Juden, von der Geschichte der Gemeinde. Der jüdische Friedhof in der Altstadt, auf dem wahrscheinlich 100 000 Menschen begraben sind, geht auf die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts zurück. Noch älter ist die Altneu-Synagoge, die älteste der Stadt, die aus dem 13. Jahrhundert stammt. / em - as - pw

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