Holocaust-Überlebender Abba Naor erzählt seine Geschichte

München, 29.04.2021

"Ich habe das Beste aus meinem Leben gemacht – schließlich besitze ich zehn Urenkel", sagt Abba Naor. Der jüdische 93-Jährige überlebt als Jugendlicher den Holocaust. Doch muss er mitansehen, wie seine Mutter und sein kleiner Bruder in einem Transport nach Auschwitz überführt werden. Im Interview erzählt er, wie seine ermordeten Familienmitglieder für ihn immer noch lebendig bleiben und wie ihn nach dem Krieg sein Weg nach Palästina führt.

"Das ist doch keine lange Reise von Tel Aviv nach München", erwidert Abba Naor lachend auf die Frage, ob er sich nach dem Flug von Israel in die bayerische Landeshauptstadt gut erholt habe. Mit seinen 93 Jahren ist Naor ein sehr gefragter Mann. "Vielleicht kann ich auch bald wieder in die Schulen, wenn die Corona-Situation es möglich macht", sagt er hoffungsvoll. Seit 20 Jahren sitzt Naor regelmäßig in den Klassen vor den Kindern und bewegt sie als Überlebender des Holocaust mit seinen Geschichten. "Manche wollen anschließend ihren Opa fragen, was er im Krieg gemacht habe." Während des Gesprächs macht Naor immer wieder Pausen – zwischen seinen Erzählungen von der Zeit im Lager, der anschließenden Flucht nach Palästina und seinen Zweifeln.

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Abba Naor – eine wichtige Stimme der Holocaust-Überlebenden

Als die Deutschen seine Heimat Litauen besetzen, ist Naor 13 Jahre alt. Mit dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion im Sommer 1941, zu der damals auch Litauen gehörte, beginnt der Massenmord an der jüdischen Bevölkerung. Die Massenexekutionen in den Festungen der Stadt Kaunas erlebt Naor als Jugendlicher und versucht, seinen kleinen Bruder vor den Deutschen im Ghetto zu beschützen. Doch als die beiden Brüder in das erste Konzentrationslager Stutthof bei Danzig verschleppt werden, muss Naor mitansehen, wie sein Bruder und seine Mutter nach Auschwitz abtransportiert werden. Es ist das letzte Bild von ihnen, an das er sich erinnert und das ihn bis heute schmerzt.

Auf dem Todesmarsch bei Waakirchen, in der Nähe des oberbayerischen Bad Tölz, wird Naor am 2. Mai 1945 befreit. Durch die US-Armee trifft er seinen Vater wieder und emigriert nach Israel. Dort arbeitet er für den Geheimdienst. Heute besucht er als Zeitzeuge Schulen und Universitäten und setzt sich gegen das Vergessen der NS-Verbrechen ein. Naor ist Nachfolger des jüdischen Überlebenden Max Mannheimer im internationalen Dachau-Komitee und eine wichtige Stimme der Holocaust-Überlebenden.

Weitere Zeitzeugeninterviews, unter ihnen Charlotte Knobloch und Anna Hackl, sind auf dem YouTube-Kanal des Bayerischen Landtags veröffentlicht.

/AS

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