Französische Botschafterin zu Besuch im Bayerischen Landtag

Anne-Marie Descôtes berichtet über die französische EU-Ratspräsidentschaft

Bienvenue au Landtag! Nicht zum ersten Mal ist die französische Botschafterin Anne-Marie Descôtes zu Besuch im Maximilianeum, doch diesmal hat Frankreich die EU-Ratspräsidentschaft inne. Beim Treffen mit Landtagspräsidentin Ilse Aigner stand das Thema deshalb natürlich auf der Agenda – ebenso wie beim Besuch des Europaausschusses.

Für eine ist es die offizielle Premiere im Bayerischen Landtag: Corinne Pereira da Silva ist als Generalkonsulin zum ersten Mal zum Gespräch bei Landtagspräsidentin Ilse Aigner, schließlich trat sie ihren Posten erst im Herbst 2021 an – und dann kam die erneute Corona-Welle. Mit den Lockerungen war nun endlich ein Treffen möglich, das sich gleich mehrfach lohnte: Denn die Generalkonsulin kam zusammen mit der französischen Botschafterin Anne-Marie Descôtes – und das nur wenige Wochen nach der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft durch Frankreich.

Doch angesichts der Eskalation in der Ukraine und der Rede von Russlands Präsident Putin am Vorabend stand zunächst die aktuelle Lage dort im Mittelpunkt des Gesprächs. Descôtes berichtete von den intensiven Bemühungen der französischen Regierung um Deeskalation im Vorfeld. Nun gehe es um die Frage, wie die aktuellen Geschehnisse zu charakterisieren seien und vor allem welche Sanktionen getroffen werden müssten.

In Deutschland wie in Frankreich: Impfpflicht für bestimmte Berufe und Corona-Proteste

Auch über die Situation in der Corona-Pandemie tauschten sich die drei Frauen intensiv aus. Landtagspräsidentin Ilse Aigner drückte angesichts einer kleinen, aber sehr lauten Minderheit bei Protesten gegen Corona-Maßnahmen und die Impfungen ihre Sorge vor zunehmender Gewalt gegen Kommunalpolitikerinnen und –politiker aus: Diese seien weniger gut geschützt als sie selbst oder zum Beispiel Regierungsmitglieder: „Wenn sich Landräte oder Bürgermeister dann aus Angst um ihre Familie nicht mehr aufstellen lassen, haben wir ein echtes Demokratieproblem.“ Descôtes berichtete Ähnliches aus dem Nachbarland: So gebe es auch in Frankreich verbale, aber auch physische Angriffe gegen Kommunalpolitikerinnen und –poitiker. Die eigentlichen Proteste gegen Corona-Maßnahmen und die Impfpflicht in bestimmten Berufsgruppen seien jedoch schnell abgeflaut.

Die französische Botschafterin erläuterte zudem die Lage vor der im April anstehenden Präsidentschaftswahl. „30 Prozent der Bürgerinnen und Bürger sind den Umfragen zufolge bereit, einem der beiden Kandidaten der extremen Rechten ihre Stimme zu geben, das ist besorgniserregend“, so Descôtes. Staatspräsident Emmanuel Macron müsse seine Kandidatur bis Anfang März offiziell erklären.

Französische Botschafterin Descôtes hält Rede im Europaausschuss

Über Frankreichs Ziele für die EU-Ratspräsidentschaft berichtete Descôtes dann ausführlich im Europaausschuss. So sei die strategische Souveränität der Europäischen Union aus Sicht Frankreichs zentral. Neben der Gewährleistung von Sicherheit sieht Frankreichs Regierung aktuell die entscheidenden Herausforderungen im Klimawande sowie in der digitalen Vernetzung. So müsse ein neues europäisches Wachstumsmodell entwickelt werden, das den Herausforderungen des Klimaschutzes Rechnung trage. Denn bis 2050 soll die EU demnach klimaneutral werden. Im Hinblick auf die Digitalisierung müsse Europa einen einheitlichen digitalen Markt schaffen und Regeln für diesen definieren, so Descôtes: „Diese Herausforderungen führen dazu, dass wir über unser europäisches Wachstums- und Sozialmodell nachdenken.“ Was dies konkret bedeutet, führte die französische Botschafterin auf Nachfrage der Abgeordneten weiter aus: So wolle sich Frankreich unter anderem dafür einsetzen, dass das Prinzip des Mindestlohns europaweit eingeführt werde.

/ CK

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