Landtagspräsidentenkonferenz in Ostwestfalen

Westfälische Erklärung als Plädoyer für Öffentlichkeitsarbeit, politische Bildung und Social Media

Die Präsidentinnen und Präsidenten der 30 deutschsprachigen Landtage aus Deutschland, Österreich, Südtirol und der deutschsprachigen Gemeinschaft in Belgien haben eine gemeinsame Erklärung zur Stärkung der Demokratie verabschiedet. Mit der verabschiedeten „Westfälische Erklärung“ vereinbarten die Spitzen der Parlamente bei ihrer Konferenz in Ostwestfalen-Lippe, mit Angeboten der politischen Bildung und mit Kommunikation die Demokratie zu stärken.

Die Präsidentin des Bayerischen Landtags. Ilse Aigner, sagte: "Die Westfälische Erklärung ist ein wichtiges Zeichen in schwierigen Zeiten. Denn unsere Demokratie steht unter Druck von innen und außen", so Aigner. "Die gemeinsam gefasste Erklärung bestärkt uns darin, unseren Weg von noch mehr Transparenz und Bürgernähe - beispielsweise mit unserem LandTruck, unseren Social-Media-Kanälen und Angeboten der Politischen Bildung - weiterzugehen." 

Der Präsident des Landtags von Nordrhein-Westfalen, André Kuper, unter dessen Vorsitz die Konferenz in Ostwestfalen-Lippe tagte, bezeichnete die Westfälische Erklärung als "starkes Signal der Einigkeit. In Zeiten sinkender Wahlbeteiligung, Fake News und internationaler Krisen treten die Parlamente den Feinden der Demokratie geschlossen entgegen. Mit dem gemeinsamen Beschluss der Parlamentspräsidentinnen und Präsidenten wird eine starke Allianz für Demokratie geschaffen. Nicht zuletzt als Lehre aus dem Scheitern der Weimarer Republik ist großes Engagement aus den Parlamenten heraus notwendig."

Grundlage der Westfälischen Erklärung sind Gutachten, die auf der Konferenz vorgestellt wurden. Der Politikwissenschaftler Prof. Karl-Rudolf Korte erforschte, warum Bürgerinnen und Bürgern nicht an Wahlen teilnehmen. Als Gründe nannte er unter anderem fehlende Kenntnisse über die Demokratie und die Landespolitik, Frustration, keine Änderungen herbeiführen zu können und eine geringe Politik-Passion. Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung zu Verschwörungsnarrativen kam zu dem Ergebnis, dass etwa zwölf Prozent der Befragten Verschwörungstheoretiker sind und fast ein Drittel der Befragten glaubt, dass geheime Organisationen Einfluss auf die Politik haben.  


Die Studien verbindet die Erkenntnis: Politisches Wissen stärkt die Demokratie. Es fördert Wahlbeteiligung und wirkt gegen Verschwörungsmythen. Daraus leitet die Konferenz den Auftrag ab, gemeinsam mit allen Landtagen die Demokratiebildung zu stärken. Dazu rief auch der frühere Bundespräsident Dr. Joachim Gauck die Präsidentinnen und Präsidenten auf. Er wies in Ostwestfalen auf den Zusammenhang von Freiheit und Verantwortung hin und sagte, die Demokratien würden von außen und innen bedroht – von Diktatoren, die westliche Freiheit ablehnten, und von innen von Extremisten.

Die Westfälische Erklärung wurde unter Federführung von Nordhein-Westfalen erarbeitet und mit allen Landesparlamenten abgestimmt. Ihre zentralen Aussagen:

- Die Präsidentinnen und Präsidenten der Landesparlamente stimmen darin überein, dass dauerhaft niedrige Wahlbeteiligungen eine Gefahr für die Demokratie und eine Aufforderung für eine weitere Verstärkung der vitalen Vermittlungsarbeit der Parlamente sind. Auch wenn die Bürgerinnen und Bürger weiterhin mit großer Mehrheit die parlamentarische Demokratie als politisches System unterstützen, so müssen die Parlamente ihre Verantwortung für die Verteidigung der Demokratie übernehmen.

- Die parlamentarischen Demokratien stehen von innen und außen unter Druck. Die multiplen Krisen unserer Zeit – von der Corona-Pandemie mit ihren gesellschaftlichen Verwerfungen bis zu Energieknappheit und steigender Inflation auch als Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine – haben das Potenzial, einen Vertrauensverlust in Politik, Staat und Institutionen zumindest von Teilen der Bevölkerung zu fördern. Die Präsidentinnen und Präsidenten der Parlamente haben aufgrund ihrer besonderen verfassungsrechtlichen Verantwortung den Auftrag zum Schutz der Demokratie. Sie warnen daher vor der Gefahr der Radikalisierung kleiner Gruppen der Gesellschaft, die die parlamentarische Demokratie offen ablehnen.

- Gerade in einer sich ausdifferenzierenden Gesellschaft haben Parlamente die Funktion, durch transparente, nachvollziehbare Verfahren unterschiedliche Interessen zu Gehör zu bringen und demokratisch legitimierte Entscheidungen herzustellen. Den Parlamenten und ihren Präsidentinnen und Präsidenten kann zudem eine integrative Funktion zukommen, wenn sie sich zu für die Demokratie elementaren politischen Fragen positionieren. Diese überparteiliche Position entwickelt eine Kraft zur Konsensbildung in der Gesellschaft.

- Tag der Demokratie: Um Landespolitik noch sichtbarer zu machen, streben die Präsidentinnen und Präsidenten der Landesparlamente an, jährlich den 15. September (Internationaler Tag der Demokratie), alternativ den 30. Juni (Internationaler Tag des Parlamentarismus), zu begehen.

- Erlebnis Demokratie: Das direkte Erleben der parlamentarischen Willensbildung prägt eine positive Haltung zur Demokratie bei den Besucherinnen und Besuchern der Landesparlamente. Sie werden zu Multiplikatorinnen und Multiplikatoren über den Besuch hinaus. Die Angebote der Demokratiebildung werden überprüft und, soweit möglich und sinnvoll, ausgebaut.

- Niedrigschwellige Angebote: Neben dem Angebot zum Besuch parlamentarischer Sitzungen treten niedrigschwellige Angebote aus Unterhaltung und Information hinzu, wie zum Beispiel Diskussions- und Dialogveranstaltungen, Tage der offenen Tür, zielgruppengerechte Führungen (z.B. für Migrantinnen und Migranten und/oder junge Menschen), digitale und Smartphone-Touren, Rollenspiele, Ferienangebote, Informationen in Leichter Sprache und für Erstwählerinnen und Erstwähler. 

Westfälische Erklärung(Dokument vorlesen)

/Pressestelle

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