Ausstellung „Orte der Demokratie in Bayern“ in Ebermannstadt eröffnet

Landtagspräsidentin Ilse Aigner enthüllte Gedenkwürfel im Gemeindeteil Wohlmuthshüll

Mit einer Vernissage hat Landtagspräsidentin Ilse Aigner im Rathaus Ebermannstadt die Wanderausstellung „Orte der Demokratie in Bayern“ eröffnet. Schon vor den ersten offiziellen Kommunalwahlen der Nachkriegszeit kamen im Gemeindeteil Wohlmuthshüll 1945 die Männer des Ortes zusammen, um Kandidaten für das Bürgermeisteramt und den Gemeinderat zu wählen. Diese galten aufgrund eines Zeitungsberichts als „die ersten freien Wahlen in Deutschland“. Die Ausstellung „Orte der Demokratie in Bayern“ erinnert daran und beleuchtet insgesamt 13 ausgewählte Orte im ganzen Freistaat.

Vor der Eröffnung der Ausstellung hat Landtagspräsidentin Ilse Aigner zusammen mit der Ersten Bürgermeisterin der Stadt Ebermannstadt, Christiane Meyer, und im Beisein des Ortssprechers von Wohlmuthshüll Heinrich Sponsel das ►Gedenkobjekt enthüllt - einen goldenen Würfel, der angelehnt an den Verfassungswürfel ist.

„Wohlmuthshüll sehen wir als Symbol für den demokratischen Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg", so Landtagspräsidentin Ilse Aigner in ihrer Rede: "Der Ort zeichnete sich bereits durch seinen passiven Widerstand gegen das nationalsozialistische Regime aus. Als 1942 der bisherige Bürgermeister verstarb, fand sich niemand, der bereit war, in die NSDAP einzutreten und das Amt zu übernehmen. Was für eine mutige Demonstration gegen die Diktatur! Und 1945 wurde dann dem Wunsch der Einwohnerinnen und Einwohner nach Selbstverwaltung stattgegeben: In Wohlmuthshüll wählten schließlich alle männlichen Personen Johann Sponsel zum neuen Bürgermeister, die US-amerikanische Militärregierung bestätigte ihn offiziell im Amt. Und so würdigte die amerikanische Heereszeitung „Der Bayerische Tag“ dann den Vorgang auch als „erste freie Wahlen“. Was für eine hoffnungsfrohe Demonstration für die Demokratie! Diese historischen Verdienste sind tatsächlich fest verankert im kulturellen Gedächtnis des Ortes. Ihr Standort – der ist fest an der Seite der Demokratie!“

Christiane Meyer, Erste Bürgermeisterin der Stadt Ebermannstadt: „Mit der Würdigung als „Ort der Demokratie“ gerät unser Ortsteil Wohlmuthshüll in den Fokus eines sehr bedeutenden Themas: Das Ringen um politische Teilhabe und Selbstbestimmung. Darauf sind wir stolz und bedanken uns bei allen Beteiligten, die gemeinsame Geschichte erlebbar machen. Vor dem Hintergrund unserer historischen Erfahrungen ist es mir als Bürgermeisterin der Stadt Ebermannstadt ein wichtiges Anliegen, die demokratisch-repräsentative Kommunalpolitik mit einer gelebten Bürgerbeteiligung zu verzahnen, um so die Lust auf politische Mitbestimmung – auch und gerade in der jungen Generation – zu stärken.“

Zum Hintergrund:

Bürger der Gemeinde Wohlmuthshüll in Oberfranken wählten am 18. Juli 1945 bei einer abendlichen Versammlung die Kandidaten für das Bürgermeisteramt und den Gemeinderat. Wenige Wochen nach Kriegsende organisierte der von den amerikanischen Besatzungskräften bestellte kommissarische Landrat Georg Mandt eine Wahl, während andernorts neue Bürgermeister in der Regel von US-Offizieren nach Erkundigungen bei Geistlichen oder NS-Gegnern eingesetzt wurden. Die Mehrheit der Stimmen fiel auf Johann Sponsel, der dann von der US-Militärregierung tatsächlich als Bürgermeister bestätigt wurde. Die Vorgänge in Wohlmuthshüll wurden Anfang August 1945 in einem Zeitungsbericht im „Bayerischen Tag“ als „die ersten freien Wahlen in Deutschland“ bezeichnet. Diese zu ermöglichen, sei eine Anerkennung für Wohlmuthshüll gewesen, da die Menschen des Ortes überwiegend eine negative Einstellung zum Nationalsozialismus hatten. Andere Dokumente geben darüber allerdings keine Auskunft. Von der Berichterstattung im „Bayerischen Tag“ fand die Wahl in Wohlmuthshüll zunächst Eingang in geschichtswissenschaftliche Darstellungen und später, begleitet von kontroverser Diskussion, in das kulturelle Gedächtnis. US-Generalkonsul Matthew Rooney und der damalige bayerische Innenminister Günther Beckstein erinnerten 2005 in einem Festakt an die frühe Wahl der Gemeindevertreter in Wohlmuthshüll und bezeichneten diese mit Blick auf die Rolle der USA in der unmittelbaren Nachkriegszeit als einen Beitrag zur Erneuerung von Demokratie und Gesellschaft in Bayern.

Die Ausstellung ist vom 30. Juni bis 26. Juli im Rathaus in Ebermannstadt zu besichtigen.
Öffnungszeiten: Mo, Mi, Fr 8 – 12 Uhr, Di 8 – 12 Uhr und 14 – 16 Uhr, Do 12.30 – 18 Uhr, der Eintritt ist frei.

Informationen zum Gesamtprojekt „Orte der Demokratie in Bayern“ und Videos zu allen Orten finden Sie unter ►orte-der-demokratie.bayern.

Pressefotos zur freien Verfügung können hier heruntergeladen werden.

/CK

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