Landtagspräsidentin Ilse Aigner würdigt „Hochschule für Politik München“

Festakt zum Jubiläum im Landtag

6. Oktober 2025

München.      Anlässlich des 75-jährigen Bestehens der Hochschule für Politik München hat Landtagspräsidentin Ilse Aigner zum Festakt in das Maximilianeum geladen. Im würdigen Rahmen wurden die lange Tradition und die besondere Rolle der Hochschule gefeiert, ebenso wie die enge Verbindung zum Bayerischen Landtag.

In ihrem Grußwort hob Ilse Aigner, die Präsidentin des Bayerischen Landtags, die herausragende Stellung der Hochschule für Politik München hervor. Aigner sprach von einer einzigartigen Institution in Bayern, die sich als wichtige Säule unter dem Dach der Technischen Universität München, einer Universität von Weltrang, etabliert habe, von einem Ort des Austauschs zwischen Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Am 14. Juli 1950 im Auftrag der US-Amerikaner gegründet, zur „Re-education“, also dem Ziel, nach den Erfahrungen aus Holocaust, Diktatur und Krieg zur Demokratie und Freiheit zu erziehen, ist die Hochschule für Politik München (HfP) in Bayern gesetzlich verankert und wird vom Landtag finanziert.

Wichtig: Wissenschaftliche Analyse und politische Bildung

„Wir brauchen Sie“, sagte die Landtagspräsidentin an die rund 100 Gäste des Festaktes gewandt. Derzeit müsse Politik erklärt werden wie selten zuvor. Sie warnte vor gesellschaftlicher Spaltung und einer Welt, in der wieder das Recht des Stärkeren zu gelten scheine. Angesichts dieser aktuellen politischen Herausforderungen seien wissenschaftliche Analyse und politische Bildung entscheidend.

Die Präsidentin mahnte, trotz aller, vor allem per Social-Media verbreiteten, Empörung und Radikalität, sich auf die Lösung dringender Sachfragen zu konzentrieren: Wie könne es gelingen, wirtschaftliches Wachstum und Wohlstand sowie den Sozialstaat zu bewahren, das Klima zu schützen und die Freiheit zu verteidigen? Es gehe darum, die Interessenlagen zu verstehen, geopolitisch sicherheitspolitisch, sozial und wirtschaftlich, faktenbasiert vorzugehen und ohne persönliche Voreingenommenheit differenziert abzuwägen.

Politikwissenschaft als Schnittstelle

Aigner setzt ihre Hoffnungen auf top-ausgebildete Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die erklären können, wie Putin tickt oder was die NATO tun kann, die politische Prozesse analysieren und nach Lösungen suchen. „Politikwissenschaft ist mehr denn je die Königsdisziplin an der Schnittstelle zu vielen anderen Fachbereichen“, so Aigner. Die HfP stelle wissenschaftliche Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen für die politische Praxis zur Verfügung. Dabei ersetze die Wissenschaft nicht Entscheidungen in der Politik, sondern trage vielmehr zur fundierten Entscheidungsfindung bei. 

Trotz der düsteren Herausforderungen zeigt sich die die Präsidentin des Bayerischen Landtags überzeugt, dass die HfP auch weiterhin mit klaren Analysen zur Stärkung der Demokratie sowie einer freien und offenen Gesellschaft beitragen wird. 

HfP auf dem richtigen Kurs

Der bayerische Staatsminister für Wissenschaft und Kunst erlaubte sich in seinem Grußwort zunächst einen ganz persönlichen Blick auf die Hochschule für Politik München. „Die HfP verfolgt mich seit mehr als 30 Jahren“, berichtete der Minister und HfP-Absolvent Markus Blume. Ihr Ziel sei, Menschen zur „Demokratie zu befähigen“. Dabei sei der Weg der Hochschule nie gradlinig verlaufen und nie zum Ende gekommen. Es müsse immer weiter an dem Ziel gearbeitet werden, so Blume. 

Er spielte auch auf die Geschichte der Hochschule an, deren Trägerin anfangs die Ludwig-Maximilians-Universität war, die dann aber nach einigen Debatten vor mehr als zehn Jahren Teil der Technischen Universität München (TUM) wurde, um die Wechselwirkungen zwischen Technik und Gesellschaft zu erforschen und zu lehren. 

Für den Präsidenten der TUM, Professor Dr. Thomas F. Hofmann, hat sich die Aufgabe der Hochschule für Politik München gewandelt: von der Stärkung der Demokratie ab dem Jahr 1950 zur Sicherung der Demokratie heute. Zur Unsicherheit in der Bevölkerung führe unter anderem auch die „allumfassende digitale Konnektivität“. „Ist die Demokratie noch schlagfertig genug?“ fragte Hofmann. Viele Fragen haben nach seiner Ansicht mit Technologie zu tun. Deshalb passe die Hochschule für Politik mit ihrem interdisziplinären Ansatz auch so gut zur TUM. „Technische Universitäten von morgen kommen ohne Sozialwissenschaften, ohne Politikwissenschaften gar nicht aus.“ Eine der Leitlinien des TUM-Zukunftskonzepts ist demnach die Entwicklung von einer technisch orientierten Universität zu einer gesellschaftsorientierten Uni. Hofmanns Resüme: „Die HfP ist exakt auf dem richtigen Kurs.“

Weg der Demokratie mitgestalten

Dieser Einschätzung schloss sich deren Rektor, Professor Dr. Urs Gasser, an. Die Hochschule sei eine Erfolgsgeschichte, deren Gründungsmission nun aktualisiert werden müsse, sagte Gasser, der zugleich Dekan der TUM School of Social Sciences and Technology ist. In den kommenden Jahren sei es Aufgabe der HfP und der TUM, den Weg der Demokratie mitzugestalten, damit sie zukunftsfähig bleibe. Konkret bedeute das zum einen, den konsequenten Wandel zu einer lernenden Demokratie. Zum anderen die Ausgestaltung der Rechtsstaatlichkeit im Wettbewerb der Systeme. Aus Gassers Sicht ist die Garantie für eine resiliente Demokratie eine vorausschauende Gestaltung der Demokratie. 

Rolle der Hochschulen in einer resilienten Demokratie

Moderiert von HfP-Professorin Dr. Manon Westphal drehte sich das anschließende Podiumsgespräch um eben dieses Thema: „Resiliente Demokratie: Rolle und Beitrag der Hochschulen“. Dabei stellte Westphal, deren Forschungsgebiet die Demokratietheorie ist, fest, dass die Rolle der Universitäten nur wenig beleuchtet wird. Für TUM-Präsidenten Hofmann eine enttäuschende Feststellung, denn er sieht die Hochschulen in einer entscheidenden Rolle vor allem bei der Wertevermittlung. Wichtig sei dabei der Praxisbezug, ein Defizit in der US-amerikanischen Hochschulpolitik, die kaum in der Gesellschaft verankert sei. Hofmann leitete daraus den dringenden Appell ab, sich nach außen zu öffnen. „Am Ende geht es darum relevant zu bleiben.“ 

Ebenfalls mit Blick auf die USA sprach HfP-Rektor Gasser von einer Ökonomisierung der Bildung. „Bildung ist in den USA zur Ware geworden.“ Das habe entscheidenden Einfluss auf die Identität von Menschen und erkläre die Abschottungstendenzen. Gasser hob zudem die Bedeutung der unterschiedlichen Finanzierung von Hochschulen hervor. In den USA durch Studiengebühren, in Europa vorwiegend durch den Staat, was hier eine größere Abhängigkeit vermuten ließe. Tatsächlich werde die Wissenschaftsfreiheit aber durch ihren Verfassungsrang geschützt. Die US-amerikanische Finanzierung dagegen werde nun zum Spielball der Politik.

Neuer Resonanzraum der Gesellschaft

Einen demokratiebasierten Bildungsauftrag verfolgt Professorin Lydia Grün. Die Präsidentin der Hochschule für Musik und Theater München sucht nach neuen Formen der Auseinandersetzung. Die Studentinnen und Studenten sollen „die Gesellschaft in einem neuen Resonanzraum“ zusammenbringen, der nach dem gesprochenen Wort anfängt. 

Eine Stärkung der Debattenkultur forderte Marie Zinkl, Studentin der Politikwissenschaft und Fachschaftsvertreterin. Demokratie lebe vom Diskurs, so Zinkl. Sie zeigte sich zudem überzeugt, dass die Hochschulen das Vertrauen in demokratische Prozesse stärken können. Dazu gelte es aber die Selbstwirksamkeit der Studentenschaft zu fördern und mehr Mitarbeit zu ermöglichen. 

Elitenkritik ernst nehmen

Nach Ansicht der Direktorin der Akademie für Politische Bildung Tutzing gibt es bei den Bürgern eine Distanz, nicht nur zur Politik, sondern auch zu den etablierten Medien und der Wissenschaft. Professorin Dr. Ursula Münch sprach von einem Gefühl der Bevormundung durch das Bildungssystem und dadurch bedingt einem Vertrauensentzug. Selbstkritisch fragte sie: „Warum haben wir das in der Politikwissenschaft komplett übersehen?“ Aufgabe sei es nun, die akademische Arroganz abzulegen, Elitenkritik ernst zu nehmen und zu hinterfragen.

Das Karl Muskini Ensemble begleitete den Festakt zu Ehren der Hochschule für Politik München zu Beginn und zum Abschluss musikalisch. 

/ Miriam Zerbel 

Weitere Bilder des Termins in den Pressefotos.

 

 

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