19.11.2010 - Bildung und Beistand für minderjährige Asylbewerber - Kinderkommission besucht Schule für junge Flüchtlinge

Wenn Michael Stenger mit seinen Schülern spricht, dann geht es um viel mehr als nur Wissensvermittlung. Der Schulleiter von SchlaU (Schulanaloger Unterricht für unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge) weiß, wie wichtig schulische Bildung und Sprachenkenntnisse für die Jugendlichen sind, entscheidend ist aber die sozialpädagogische Betreuung. In der Schule erhalten sie Beistand und Unterstützung, um trotz aller schwierigen Umstände nicht aufzugeben und ihren eigenen Weg zu gehen. Circa 140 minderjährige Flüchtlinge werden pro Jahr von Stenger und rund 15 Lehrkräften auf ihrem Weg begleitet, mit einer hohen Erfolgsquote (etwa 95 Prozent) schaffen die Jugendlichen den Abschluss – im letzten Jahr bestanden sogar alle Absolventen, ein Drittel davon mit qualifizierendem Hauptschulabschluss – und werden in den Arbeitsmarkt integriert.

Einen Einblick in den Schulalltag bei SchlaU verschafften sich die Mitglieder der Kinderkommission im Bayerischen Landtag zusammen mit Vertretern des Kultus- und Sozialministeriums bei einem Besuch der Einrichtung. Im direkten Kontakt mit den Schülern der neunten Klasse, die sich auf den qualifizierenden Hauptschulabschluss vorbereiten, erfuhren die Politikerinnen, welche enormen Leistungen die Jugendlichen erbringen, oftmals ohne klare Zukunftsperspektive.

Der Leidensweg dieser Jugendlichen endet nicht immer mit der Flucht aus ihrem Heimatland. Ohne Sprachenkenntnisse und untergebracht in der Erstaufnahmeeinrichtung geht jegliches Sozialgefühl verloren. Hawal, ein Flüchtling aus dem Irak berichtete im Gespräch mit den Abgeordneten von seinen Erfahrungen in der Münchener Flüchtlingsunterkunft in der Baierbrunner Straße, geprägt von Streit, Lärm, Unruhe und Schmutz. Unsicherheit und überschüssige Energie wandeln sich oft in Aggressionen, so auch bei Hawal. Das änderte sich erst als er zu SchlaU kam. „Wir versuchen den Jugendlichen zu zeigen, dass sie als Person respektiert werden und sich auch verwirklichen dürfen“, so Michael Stenger. Von den Mitgliedern der Kinderkommission ernteten die Kinder für ihre Leistungen höchsten Respekt.

Dr. Simone Strohmayr (SPD), Vorsitzende der Kinderkommission versicherte den Jugendlichen, dass ihre Sorgen ernst genommen werden. In der nächsten Sitzung soll das Thema erneut aufgegriffen werden, vielleicht auch schon ein gemeinsamer Beschluss gefasst und eine Empfehlung ausgesprochen. „Wir müssen überlegen, was man grundsätzlich verbessern kann. Eine Überlegung wäre, die Erstaufnahme für Kinder ganz anders zu regeln“, so Strohmayr. Das Thema Asylbewerberheim in der Baierbrunner Straße beschäftigt nicht nur die Kinderkommission. Brigitte Meyer (FDP), zugleich Vorsitzende des Sozialausschusses des Landtags, bestätigte, dass auch dort über die Problematik gesprochen wird.

Petra Dettenhöfer (CSU) äußerte sich positiv: „Ich finde es bemerkenswert, was die Schüler hier in zwei bis drei Jahren lernen“. Für alle stand am Ende des Besuchs fest, dass junge Flüchtlinge nach all ihren Erlebnissen einer besonderen Behandlung bedürfen. „SchlaU ist dafür ein Vorzeigebeispiel“, so Claudia Stamm (Grüne). Die Abgeordnete wies darauf hin, dass eine solche Einrichtung eigentlich staatlich unterstützt werden soll, und keine kommunale Aufgabe ist. Darauf hofft auch Schulleiter Stenger. Denn die staatlich anerkannte Schule finanziert sich vor allem durch Stiftungen und Privatpersonen.

Dr. Simone Strohmayr, Vorsitzende der Kinderkommission

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