Begrüßungsrede auf dem bayerisch-israelischen Freundschaftstag im Bayerischen Landtag

Mehr als 500 Gäste kamen zum Freundschaftstag und diskutierten unter anderem über das deutsch-israelische Verhältnis und die jeweiligen Perspektiven darauf, die Möglichkeiten von Jugendbegegnungen und die aktuelle Start-Up-Kultur in Israel. Ziel der Veranstaltung in Kooperation mit dem israelischen Generalkonsulat war es, die Zusammenarbeit zwischen Israel und Bayern weiter zu vertiefen.

Es gilt das gesprochene Wort.


Was für ein Tag?! Der 8. Mai – das historische Datum der Befreiung,
der Freiheit. Es ist ein guter Tag für den bayerisch-israelischen Freundschaftstag.

Was für ein volles Haus?! Wir feiern den 75. Geburtstag des Staates Israel. Wir feiern die bayerisch-israelische Freundschaft. Und wir feiern gemeinsam.

Mit meinen anwesenden Vizepräsidenten Karl Freller, Markus Rinderspacher und Dr. Wolfgang Heubisch heiße ich Sie herzlich wollkommen! Servus und Schalom!

Der bayerisch-israelische Freundschaftstag war eine neue Tradition geworden. Sie wurde – wie so vieles – von Corona jäh unterbrochen. Heute knüpfen wir wieder daran an. Mit einem vielseitigen Programm und hochkarätigen Gästen beleuchten wir die bayerisch-israelische Freundschaft,

  • die Bildungskooperationen und Jugendbegegnungen,
  • die Wirtschaft, Start-Ups und Innovationen,
  • die Kunst, Kultur und Kulinarik,
  • die kommunalen Partnerschaften
  • und die gegenseitigen Perspektiven.

Das wird spannend. Das wird gut!

Zu Beginn stehen die jungen Menschen im Mittelpunkt. Wir erklären, warum unsere Freundschaft besonders ist. Wir klären auf über einen Staat, über den man viel redet – aber oft zu wenig weiß.  

Wir ordnen ein, erklären, machen Lust auf ein Land mit so viel Kultur, Tradition und Geschichte wie kaum ein anderes. Vor allem – das sage ich ganz klar:

Wir bekennen uns,

  • zu Israel, zum jüdischen Staat,
  • zur einzigen Demokratie im Nahen Osten,  
  • zu unseren israelischen Freundinnen und Freunden!

Mit anderen Worten: Am Israel chai!  

Ich war schon einige Male vor Ort. Als Bundes- und Staatsministerin, und auch als Landtagspräsidentin ist eine Reise fest geplant. Weil Israel immer eine Inspiration ist.

Mit der Staatsgründung wurde ein Wunder wahr. Und seither werden es mehr. Denn dieses großartige kleine Land ist buchstäblich aus der Wüste – erblüht. Die Israelis haben nicht nur einen Staat aufgebaut. Sie haben ihren Staat zu einem Vorreiter gemacht – in Sachen Innovation, Wirtschaftskraft, Wissenschaft, Medizin, Technologie, Kunst und Kultur. So viel Kraft, so viel Energie, so viel Spirit – auf so kleinem Raum – das gibt es nur einmal. Oder?

Gut, Bayern ist mehr als dreimal so groß, aber global gesehen auch eher klein. Und auch wir haben eine erfolgreiche Entwicklung vom Agrar- zum Hightech-Standort hingelegt. Bayern und Israel – ich würde sagen: Es sind zwei unterschiedliche Kapitel, aber sie erzählen dieselbe Erfolgsgeschichte! Auch das verbindet uns!

Vor 75 Jahren wurde Israel gegründet. Seit derselben Stunde wird dieser Staat bedroht, bekämpft, beschimpft und boykottiert. Dagegen stelle ich mich. Auch hier und heute. Denn Israel gehört zur demokratischen Welt. Israel gehört zur freien Welt. Israel gehört zu uns!

Ja, aber! – Das hört man dann sofort. Was ist mit den Palästinensern?! Was ist mit der Siedlungspolitik?! Was ist das für eine neue Regierung?! Das muss man doch kritisieren – und bitte nicht zu knapp!

Ich sage es frei heraus: Mich irritieren einige Personalien in der neuen Regierung. Mich irritieren einige Äußerungen. Mich irritieren Teile der angekündigten Justizreform. Ich sehe das äußerst kritisch, weil auch eine stabile Demokratie sehr schnell Schaden nehmen kann. Aber auch diese Regierung ändert nichts daran,
dass ich eine Freundin von Israel bin und bleibe!

Ich bin eine Freundin der Menschen in Israel. Gerade jetzt, da wir ja sehen, wie lebendig die Demokratie in Israel ist. Hunderttausende gehen auf die Straße –
für die Demokratie.

Es gibt kaum ein debattierfreudigeres Volk als das israelische! Das ist gelebte Demokratie!  

Und ich bestehe darauf: Auch unter Freunden darf, vielleicht muss man sich sogar kritisieren und Dinge offen ansprechen. Aber, wenn sich Freunde, Demokraten zumal, kritisieren, dann bitte respektvoll und auf Augenhöhe!

Es gibt ein Wort im Duden – ausgerechnet im Deutschen! Es heißt: „Israelkritik“. Das gibt es in keiner zweiten Konstellation – keine „Frankreich-“, „Italien-“ oder „Hollandkritik“, nicht einmal „Irankritik“ oder „Nordkoreakritik“. Es gibt nur die „Israelkritik“. Weil sie so verbreitet ist, so beliebt – ausgerechnet in Deutschland. Dabei wird so resolut behauptet, man dürfe Israel nicht kritisieren. Tatsächlich wird kaum ein anderes Land derart kritisiert. Was ich vielmehr vermisse, ist: Empathie.

Was würden wir tun, wären wir von Feinden umzingelt? Wären Raketenbeschuss und Terror unser Alltag? Wären wir in permanenter Angst, ob unsere Liebsten abends heimkommen? Wenn wir nicht wüssten, ob es sicher ist – im Bus, im Lokal, im Café oder im Club? Wenn terroristische Gruppen und feindselige Staaten unserem Land die Existenz absprächen?

Was würden wir tun? Wir kennen die Antwort nicht. Bis vor Kurzem hatten wir nicht mal eine Ahnung. Seit Putins Angriffskrieg auf die freie, souveräne Ukraine hat sich das vielleicht geändert.

Eines weiß ich genau: Die Existenz Israels ist für mich, den Bayerischen Landtag, die Bayerische Staatsregierung und alle deutschen Regierungen unantastbar!

Deswegen stelle ich mich

  • gegen die antisemitische BDS-Boykott-Kampagne.
  • Gegen jeden, der auf „Israelkritik“ beharrt
    und in Wahrheit unter diesem Deckmantel
    nur uralte anti-jüdische Ressentiments kultiviert.
  • Gegen jeden, der Israel dämonisiert, delegitimiert oder mit doppelten Standards verurteilt.

Dieser Antizionismus ist nichts weiter als Antisemitismus. Und dagegen stelle ich mich in jeder Form, mit aller Kraft! Wer „nie wieder!“ sagt, muss „nie wieder!“ meinen!

Ich bin dankbar, dass Israel und Bayern seit Jahrzehnten eine stabile, tiefe, tragfähige Freundschaft pflegen. Das ist nicht selbstverständlich. In deutschem Namen wurden europaweit mehr als sechs Millionen jüdische Bürgerinnen und Bürger ermordet – ein einzigartiges Menschheitsverbrechen. Und es ist ein einzigartiges Geschenk, dass nach 1945 viele Jüdinnen und Juden hiergeblieben sind – mithalfen, Deutschland wiederaufzubauen. Sie haben diesem Land noch eine Chance gegeben.

Heute gibt es wieder 15 bayerische jüdische Gemeinden. Sie sind ein fester Bestandteil unserer Kultur und unseres Landes. Ihre Heimat ist Deutschland – seit mehr als 1.700 Jahren Ihre Heimat ist Bayern – seit über 1.000 Jahren. Der Holocaust konnte unser Band nicht zerreißen.

Und es gibt den Staat Israel – als Lebensversicherung für Jüdinnen und Juden in der Welt, die sich nicht sicher fühlen oder dort eine neue Heimat finden wollen. Israel ist eben auch eine Konsequenz aus dem Holocaust.

Und heute, 88 Jahre nach der Shoah, 75 Jahre nach der Staatsgründung Israels, hat sich erstmals ein Kampfjet der deutschen Bundeswehr an der landesweiten Flugshow der israelischen Luftwaffe zum Unabhängigkeitstag beteiligt. Das ist ein Bild von unglaublicher Symbolkraft!

Und noch ein Bild trage ich heute in meinem Herzen. Es ist aus der Tagesschau vom 18. April, dem Jom Ha-Shoa, der Holocaustgedenktag im jüdischen Kalender. Tausende Jüdinnen und Juden waren für den „Marsch der Lebenden“ nach Ausschwitz gekommen. Viele eingehüllt in israelische Flaggen – fast wie ein Schutzschild an diesem grausamen Ort. Sie trugen kleine Holzschilder mit Namen von Menschen, die das Lager nie wieder verlassen konnten. Auf einigen Schildern stand nicht nur ein Name, sondern auch: „Am Israel chai“.

Ich kann nicht an Israel denken – ohne daran zu denken. Ich bin nicht neutral. Ich bin solidarisch mit dem demokratischen Israel. Ich bin solidarisch mit der liberalen israelischen Gesellschaft.

Wir haben allen Grund, uns zu freuen und dankbar zu sein, dass Israel uns eine zweite Chance gegeben hat – dass Israel uns Vertrauen schenkt. Und wir – das will ich ganz deutlich sagen – haben umso mehr Gründe, den Menschen in Israel zu vertrauen!

Israel ist das einzige Land im Nahen Osten,

  • in dem Juden frei leben können,
  • in dem Christen frei leben können,
  • in dem jede Minderheit frei leben kann.
  • Im Übrigen auch das einzige Land im Nahen Osten,
    in dem Muslime wirklich frei leben können.

Israel ist das Land des Fortschritts, der Ideen und der Chancen – seit 75 Jahren.

Dieser Staat und seine Menschen haben Herausragendes geleistet – unter extremen Bedingungen. Das wollen wir uns heute genauer anschauen. Das wollen wir feiern.

Die großen und kleinen Wunder. Die Freundschaft!

Ich danke allen, die sich daran beteiligen. Ich danke dem Team in unserem Haus und dem Team im Generalkonsulat für das tolle Programm – ein Paradebeispiel für bayerisch-israelisches Teamwork. Und ich danke allen Unterstützerinnen und Unterstützern.

Ich wünsche uns einen interessanten, inspirierenden und einfach schönen Tag!

Servus und Schalom!

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