Veranstaltung der DGB-Region Mittelfranken

Am 31.03.2022 besuchte Landtagspräsidentin Ilse Aigner die Veranstaltung der DGB-Region Mittelfranken aus der Reihe ZeitenWechsel zum Thema „Gewerkschaft als Ort der Demokratie – in Gesellschaft und Arbeitswelt“.

 

Stephan Doll,

Marcus König,

Mitglieder und Gäste des DGB Bayern,

Damen und Herren,

 

I. Gewerkschaften – Säulen der Demokratie

„Samstags gehört Vati mir.“

Das war der DGB-Slogan zum 1. Mai des Jahres 1956.

Ein Klassiker der politischen Werbung.

Alle kennen diesen Wahlspruch für die Fünf-Tage-Woche.

 

Vieles, was uns heute selbstverständlich erscheint,
ist von den DGB–Gewerkschaften errungen worden.

Bis heute streiten der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften selbstbewusst für sozialen Fortschritt.

 

Unser Land wäre nicht dasselbe ohne die Gewerkschaften.

  • Die Fünf-Tage-Woche,
  • ein 13. Monatsgehalt,
  • Mitbestimmung,
  • Tarifautonomie und
  • Streikrecht

all diese Rechte haben die Gewerkschaften erkämpft.

 

Ohne diese Rechte wäre unsere Demokratie nicht vollständig.

 

Mehr noch:

Die Demokratie in Deutschland braucht starke Gewerkschaften.

Ohne die Gewerkschaften wäre unsere Demokratie nicht vollständig.

Gewerkschaften sind Säulen im demokratischen Prozess, weil sie selbst demokratisch aufgestellt sind,
weil sie Menschen mobilisieren können.

Herzlichen Dank für Ihren wertvollen Dienst an der Demokratie!

Herzlichen Dank für Ihre Einladung zum ZeitenWechsel!

 

II. Demokratie – Gabe und Aufgabe

„Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Gewerkschafter.

Als sie die Juden holten, habe ich geschwiegen,
ich war ja kein Jude.

Als sie mich holten, gab es keinen mehr,
der protestieren konnte.“

Eine Zeile aus dem Gedicht von Martin Niemöller –
ein Verweis auf die menschenverachtenden, unterdrückenden, einschüchternden Methoden und Apparate in Unrechtsstaaten.

Über sechs Millionen Juden sowie andere Ausgegrenzte und Verfolgte sind in den Vernichtungslagern der Nationalsozialisten gestorben.

Menschen wie der Gewerkschafter Wilhelm Leuschner wurden dort für ihren Kampf um Demokratie, Freiheit und Menschenrechte ermordet.

 

Aber wir müssen nicht in die Vergangenheit blicken.

In diesen Minuten riskieren – und opfern – in der Ukraine unzählige Menschen Leib und Leben für die Demokratie.

 

Putin hat die Sicherheitsarchitektur und die Friedensordnung auf unserem Kontinent zerstört.

Und sein verheerender Feldzug richtet sich nicht nur gegen die Ukraine – sondern gegen Frieden, Freiheit und Demokratie in Europa.

Und deshalb sind auch wir betroffen, unmittelbar.

Wir sind bei den Ukrainerinnen und Ukrainern,

die erbitterten Widerstand leisten.

 

Gemeinsam mit der SPD hatten Sie vom DGB am 2. März zur Friedensdemo am Königsplatz aufgerufen.

Es war die größte Demonstration, die München in den letzten Jahrzehnten erlebt hat.

45.000 Menschen sind Ihrem Aufruf gefolgt.

Auch mir war es eine Herzensangelegenheit, dort zu sprechen, meinem Herzen Luft zu machen.

Denn gemeinsam haben wir Solidarität mit der Ukraine gezeigt und Flagge für Frieden in Europa!

 

Was ich bewundernswert finde,

sind die Menschen in der Ukraine,

die unbeirrt und unermüdlich nicht nur für ihr Land, sondern auch und gerade für Freiheit und Demokratie kämpfen.

 

Es sind die Menschen in den Nachbarländern

wie in Polen, Moldau, Rumänien, Ungarn und der Slowakei, die die geflüchteten Menschen aus der Ukraine, vor allem Frauen, Kinder und Ältere warmherzig und großherzig versorgen.

In den ersten zehn Tagen dieses Krieges

sind mehr Menschen in der EU angekommen

als im ganzen Jahr 2015.

Nach UN-Angaben sind seit Beginn des Kriegs mehr als vier Millionen Menschen aus der Ukraine ins Ausland geflohen.

Auch bei uns im Freistaat kommen die Menschen aus der Ukraine an.

Mit nur dem Nötigsten im Gepäck –

aber vor allem mit Angst, Trauer und Schmerz.

  • Ich bin unsagbar traurig über die Opfer in diesem Krieg.
  • Ich bin unsagbar wütend über die Eiseskälte, die Putin dem einzelnen Menschenleben entgegenbringt.
  • Aber ich bin auch unsagbar stolz, wenn ich sehe, wie Europa, Deutschland und auch wir hier in Bayern seiner Eiseskälte echte Herzenswärme entgegensetzen.

 

Es ist doch großartig zu sehen:

Bei uns siegt die Menschlichkeit!

So ist es auch die Hilfsbereitschaft der Menschen in Bayern, die uns jetzt Mut macht.

Dafür danke ich von ganzem Herzen!

 

Wir erleben ein Ausmaß an Solidarität,

das alles Bisherige übertrifft.

Hundertausende zeigen auch auf deutschen Straßen Gesicht gegen diesen Krieg und für unsere Werte.

 

Wir – in der Bundesrepublik Deutschland – sind privilegiert.

Wir leben in einer Demokratie, in Einigkeit und Recht und Freiheit und relativem Wohlstand noch dazu.

 

Demokratie ist nie nur Gabe. – Sie ist eine Aufgabe.

Dieser Aufgabe widme ich meine Präsidentschaft.

Keinen Tag dürfen wir diese Aufgabe liegen lassen.

Uns niemals auf Errungenem ausruhen.

Denn die Feinde der Demokratie lassen nicht nach.

Das erleben wir gerade in erschreckender Deutlichkeit.

 

Der beste Schutz gegen eine Diktatur sind eine wehrhafte Demokratie und aufgeklärte Bürger.

Der Bayerische Landtag stellt sich dem verantwortungsvollen Umgang mit der Geschichte.

 

Deshalb haben wir im Bayerischen Landtag
mit den „Orten der Demokratie“ strahlende Fixpunkte, Orientierungspunkte markiert.

  • Orte, an denen Demokratiegeschichte geschrieben wurde!
  • Orte, an denen sich für die Entwicklung der
    freiheitlich-demokratischen Grundordnung wegweisende Ereignisse zugetragen haben.
  • Orte, die für die entscheidenden Institutionen des demokratischen Verfassungsstaates stehen.
  • Orte, an denen herausragende Persönlichkeiten und Vorbilder gewirkt haben.

Einer dieser Orte:
der Saalbau des Nürnberger Industrie- und Kulturvereins.

Hier gründeten im Juli 1919
Vertreter der deutschen Gewerkschaften
den Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund.

  • Er war in der Weimarer Republik Motor für Teilhabe und soziale Gerechtigkeit,
  • machte sich stark für die Interessen der Arbeiter
  • und trat für den Schutz der parlamentarischen Demokratie ein.

 

Andererseits verabschiedeten die Nationalsozialisten hier 1935 die „Nürnberger Gesetze“.

Mithin zeigt der Ort zugleich die Verletzbarkeit von Demokratie und mahnt zum Eintreten gegen Antisemitismus und jede Form der Menschenverachtung.

 

Den Saalbau gibt es heute nicht mehr.

Stellvertretend wollen wir den heutigen Sitz des DGB würdigen:

Das Gewerkschaftshaus hier am Kornmarkt ist ein Ort der Demokratie für die Nürnberger Gewerkschaftsgeschichte.

Ich freue mich auf den Festakt im nächsten Jahr.

 

 

III. Nürnberg – wichtiger Lern- und Erinnerungsort deutscher Geschichte

Die Stadt Nürnberg ist deutscher und internationaler
Ort der Zeitgeschichte.

Nürnberg steht mehr als andere deutsche Orte vor der besonderen Herausforderung, an die Taten zu erinnern, ohne den Tätern ein Denkmal zu setzen.

 

Durch ihren kritischen Umgang mit den baulichen Relikten an den Schauplätzen der NS-Diktatur hat die Stadt Nürnberg Maßstäbe gesetzt:

Das Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände wurde 2017 als „Premiumprojekt“ im Rahmen des Förderprogramms „Nationale Projekte des Städtebaus“ ausgezeichnet.

Das verdient Anerkennung!

 

Ebenso: die Entwicklung der Zeppelintribüne und des Zeppelinfeldes zum begehbaren Exponat.

Ich halte das Gemeinschaftsprojekt von der Stadt Nürnberg, dem Bund und dem Freistaat Bayern für überaus gelungen.

Denn Nürnberg ist ein wichtiger Lernort deutscher Geschichte!

 

IV. Erinnergungskultur im Land stärken - aus Verantwortung für Demokratie, Freiheit und Friede

Erinnerungsarbeit und Demokratieerziehung gehören zu den staatspolitischen Kernaufgaben.

Die Lehre aus der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts lautet:

Der beste Schutz gegen eine Diktatur sind eine wehrhafte Demokratie und aufgeklärte Bürgerinnen und Bürger.

 

Bayern stellt sich dem verantwortungsvollen Umgang mit der Geschichte.

2002 haben wir die Stiftung Bayerische Gedenkstätten gegründet.

Seitdem haben wir über 70 Mio. € für Erhalt und Betrieb der KZ-Gedenkstätten investiert.

Mögen diese Orte des NS-Grauens
uns Mahnung und Auftrag sein,
gemeinsam immer und überall für eine Zukunft
in Demokratie, Freiheit und Frieden einzutreten!

 

 

 

V. Appell für Zivilcourage

Die deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts hat gezeigt, wie schnell demokratische Prinzipien und oberste Grundwerte verspielt werden können.

Deshalb müssen wir wachsam sein und bleiben.

 

Wir müssen den Lehren der Geschichte Beachtung schenken.

Demokratie, Freiheit und Frieden brauchen Einsatz, Zivilcourage und Mut.

 

Ich weiß, dass die Gewerkschaften diese Aufgabe annehmen!

Wo immer Demokratie unter Druck kam, Gewerkschaften waren auf ihrer Seite – und dafür danke ich Ihnen!

 

Mit dem heutigen ZeitenWechsel setzen wir gemeinsam ein Zeichen:

Wir treten für demokratische Grundwerte und die Achtung der Menschenwürde ein.

Wir tragen gemeinsam Verantwortung für die Zukunft.

 

VI. Zukunft mutig gestalten: Der DGB hat es vorgemacht

Die Hoffnung auf eine bessere Zukunft ist die vielleicht wirkungsmächtigste Idee der Menschheitsgeschichte.

Das Leitmotiv des Fortschritts und der Antrieb der Gesellschaft.

Aber die Zukunft ist für immer weniger Menschen eine Hoffnung.

Die Zukunft ist für viele zur Projektionsfläche
für Skepsis und Sorgen geworden.

 

Sehr problematisch in diesem Zusammenhang, historisch und gegenwärtig: die Inflation.

Im März sind die Verbraucherpreise in Deutschland nach Angaben des Statistischen Bundesamtes um 7,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen.

Bei uns in Bayern sogar um 7,8 Prozent,

Speiseöl, Mehl, Gemüse – viele alltägliche Produkte sind deutlich teurer geworden.

Vor allem die steigenden Preise für Heizöl, Gas und Kraftstoffe treiben die Teuerung an.

Dazu kommt der Krieg in der Ukraine, der Kornkammer der Welt.

Das Land ist einer der größten Weizenexporteure.

Mittlerweile stehen viele Traktoren still, Felder können nicht mehr bestellt werden.

Auch wenn die EU sich mit Getreide selbst versorgen kann: Die Ernteausfälle werden weltweite Folgen haben –
vor allem in den ärmsten Ländern.

Putins Krieg ist ein Verbrechen an der Menschheit, aber auch ein Angriff auf die soziale Stabilität in unserem Land.

 

Die Inflation frisst die Kaufkraft.

Und das spüren die besonders, die eh schon jeden Euro zweimal umdrehen müssen:

Familien mit Kindern,

Rentnerinnen und Rentner.

Eine gute Nachricht: Rund 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner können sich aufgrund der Rentenerhöhung zum 1. Juli 2022 über ein Plus von mehr als 5 Prozent freuen.

Und endlich hat die Bundesregierung ein Entlastungspaket vorgelegt.

Höchste Zeit wurde es!

Entlastung ist richtig und notwendig.

Allerdings ist es ein klassischer Ampel-Kompromiss:
scheinbar für alle etwas dabei.

Er ist nur auf Sicht ausgelegt – für drei Monate.

Im toten Winkel: die Wirtschaft.

Sie wird nicht entlastet.
Eine Gefahr für die Sicherung von Arbeitsplätzen, insbesondere in der energieintensiven Industrie!

Das wurde übersehen.

Und mir scheint das Entlastungspaket recht kompliziert in der Umsetzung, wenn ich nur an den ÖPNV denke!

 

Das Paket ist aus der Not geboren, das sieht man.

Bei einer deutlicheren Senkung der Energiesteuer wäre die Entlastung für Mittelstand und die Verbraucherinnen und Verbraucher sicher größer und auch überzeugender ausgefallen!

Und länger gelten müssten die Maßnahmen auch!

 

Meine Damen und Herren,

Putin hat gezielt Gift geträufelt:

Je länger die Angst vor morgen anhält,
je länger diese Unsicherheit umgeht,
umso größer ist der Vertrauensverlust in die Fähigkeit von Politik und Gesellschaft, die aktuellen Herausforderungen zu meistern.

Pessimismus wiederum schwächt die Demokratie.

Und das ist gefährlich in einer Zeit, in der Demokratie ihre ganze Stärke braucht.

Nicht auf die Angst, dass es noch schlimmer werden kann,
sondern auf die Zuversicht, dass wir es besser machen können, darauf sollten wir unsere Kraft konzentrieren.

Das wissen Sie vom DGB aus ihrer langen Geschichte!

 

Bestes Beispiel:

die Forderungen aus dem Münchner Grundsatzprogramm des DGB von 1949.

Sie prägen unser Land bis heute:

  1. eine „Wirtschaftspolitik, die unter Wahrung der Würde freier Menschen die volle Beschäftigung aller Arbeitswilligen […] sichert.“
  2. die „Mitbestimmung der organisierten Arbeitnehmer in allen […] Fragen der Wirtschaftsführung.“ und
  3. „soziale Gerechtigkeit […] und Gewährung eines ausreichenden Lebensunterhaltes für die infolge von Alter, Invalidität oder Krankheit nicht Arbeitsfähigen.“

 

Ob diese Forderungen immer und überall voll und ganz erreicht wurden, ist sicher eine Frage der Perspektive.

Aber allein die Tatsache, dass diese Forderungen maßgeblich für unsere Soziale Marktwirtschaft sind,
ist Ihr Erfolg, der Erfolg des Deutschen Gewerkschaftsbundes.

Ein Erfolg für Ihre Organisation.

Aber vor allem ein Erfolg für die Menschen in unserem Land, deren Leben Sie verbessert haben!

 

VII. Erfolgsmodell Sozialpartnerschaft

Sozialpartnerschaft heißt unser Erfolgsrezept in Bayern und in ganz Deutschland.

Sozialpartnerschaft ist die Wurzel unseres solidarischen Miteinanders.

Und dieses Miteinander erfüllen die Gewerkschaften mit Leben.

 

Der DGB ist eine tragende Säule unseres Landes.

Sie vertreten bundesweit rund sechs Millionen Menschen.

Der DGB-Bayern ist die starke Stimme von über 800.000 Gewerkschaftsmitgliedern im Freistaat.

  • Sie alle stehen für ein solidarisches Miteinander.
  • Für die gerechte Verteilung von Arbeit und Einkommen.
  • Für Chancengleichheit unabhängig von Herkunft, Hautfarbe und Geschlecht.

Und ich weiß aus eigener Erfahrung:
Sie beziehen klar Position im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. – Gut so!

Einer Ihrer unermüdlichsten Streiter für Solidarität ist letztes Jahr viel zu früh aus dem Leben gerissen worden.

Matthias Jena war ein großer Gewerkschafter und – ich darf persönlich hinzufügen: ein beeindruckender Mensch.

Die Rhetorik des Funktionärs war Matthias Jena fremd.

Er war stets sachlich und er wollte vor allem eines: überzeugen.

Das machte ihn in Verhandlungen zu einem höchst angenehmen und angesehenen Partner.

Er predigte keine Gewissheiten, sondern stellte sich den Vielschichtigkeiten des Lebens, der Politik und der Wirtschaft.

Sein Lebenswerk wird bleiben und weiter wirken.

 

Matthias Jena, sein Nachfolger im Amt, Bernhard Stiedl, und Sie alle vom DGB übernehmen Verantwortung für den Zusammenhalt in Bayern.

Sie machen sich stark für Arbeits- und Rechtschutz, Mitbestimmung und faire Löhne.

Sie finden Gehör bei den Arbeitgebern und in der Politik.

Sie gestalten nicht weniger als die Arbeit der Zukunft und die Zukunft der Arbeit.

Ich danke Ihnen für Ihren Einsatz!

 

Lieber Herr Doll,

meinen herzlichen Glückwunsch zur Wiederwahl. Alles Gute für Ihre vierte Amtszeit!

 

Sie sind das Gesicht der Gewerkschaften an der Spitze des DGB Mittelfranken.

Sie streiten hart aber fair für eine gute Sache.

Sie geben alles für Land und Leute.

Sie sind der Beweis:

  • Wohlstand kommt vom Wohlwollen.
  • Erfolg kommt von Einsatz.
  • Werte schaffen Mehr-Wert.

 

Die Soziale Marktwirtschaft, die Symbiose von wirtschaftlicher Eigeninitiative und sozialer Verantwortung – das bleibt unser Kompass.

 

Bayern ist gut beraten, wenn wir wirtschaftliche Kompetenz mit sozialem Einfühlungsvermögen verbinden.

Nur mit zwei Flügeln lässt es sich fliegen.

 

Mit seinen zwei starken Flügeln hat Bayern in den vergangenen Jahrzehnten einen historisch beispiellosen Steigflug hingelegt.

  • Dank des Fleißes und des Könnens seiner Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
  • Dank des dualen Systems der Berufsausbildung, um das uns die ganze Welt beneidet.
  • Dank einer starken betrieblichen Mitbestimmung, mit der wir die Interessen austarieren.
  • Dank einer Tarifpartnerschaft, mit der wir Standort und Arbeitsplätze sichern.

 

All das ist auch das Verdienst von Ihnen allen.

Sie übernehmen in unseren Betrieben Mitverantwortung für die Kolleginnen und Kollegen und unser Land.

Ich danke Ihnen.

 

 

 

VIII. Erfolgsmodell Soziale Marktwirtschaft

 

Das wirtschaftliche Erfolgsrezept:
die Soziale Marktwirtschaft.

Eine Wirtschaftsordnung, die Wettbewerb, Privateigentum und Gewinnorientierung mit sozialem Ausgleich verbindet.

 

Denn eines wusste Ludwig Erhard – ich hoffe, Sie empfinden das Zitat meines Amtsvorgängers als Bayerischer Wirtschaftsminister nicht als Provokation:

Je freier die Wirtschaft, umso sozialer ist sie auch.“

Diese Aussage teile ich.

Die wirtschaftlich zerrüttete DDR gab ein warnendes Beispiel ab:

Je unfreier die Wirtschaft, desto unsozialer die Folgen.

Zum Leitbild der sozialen Marktwirtschaft stehe ich vor den Wirtschaftsverbänden und dazu bekenne ich mich auch vor Ihnen.

Ich meine:

Die Prinzipien Erhard´scher Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik sind aktueller denn je.

Die Soziale Marktwirtschaft ist gerade heute der zuverlässige und richtige Wegweiser in die Zukunft.

 

Mit der Sozialen Marktwirtschaft haben wir in Deutschland einen erfolgreichen Gegenentwurf

  • zur Planwirtschaft,
  • zum chinesischen Staatskapitalismus,
  • sowie eine echte Alternative zum angelsächsischen Marktkapitalismus reiner Lehre.

 

Die Soziale Marktwirtschaft verbindet in bestmöglicher Weise

  • individuelle Freiheit,
  • privates Eigentum,
  • funktionierenden Wettbewerb und
  • marktwirtschaftliche Effizienz
  • mit sozialem Ausgleich.

Nicht umsonst sind die sozialen Unterschiede hierzulande deutlich kleiner als in den USA oder China [gemessen an der Einkommensverteilung].

 

Klar ist:

Freiheit, Eigentum und Wettbewerb müssen auch zukünftig das Fundament für wirtschaftlichen Erfolg und soziale Sicherheit bleiben.

Nur dort, wo Wohlstand auf Eigentum und Leistung gründet, ist gerechte Teilhabe möglich.

Der Staat kann und soll nicht alles leisten.

Aber er ist als Schiedsrichter gefragt.

Er muss den Marktkräften ordnungspolitische Leitplanken verleihen, ohne die Eigeninitiative und den Schaffensdrang der Unternehmen einzuschränken.

 

In der Vergangenheit wurde das zu oft vergessen.

Mit teuren Folgen:

  • Finanzkrise,
  • Bankenkrise,
  • Eurokrise.

 

Allerdings gehört auch zur Wahrheit:

Gerade bei uns in Deutschland wird immer öfter „Soziale Marktwirtschaft“ gesagt und dabei „Wohlfahrtsstaat“ mit wachsenden Ansprüchen gemeint.

Dabei hat uns Ludwig Erhard eindringlich vor dem
„sozialen Untertan“ gewarnt und ist immer für den mündigen Bürger eingetreten.

 

Mehr Staat, mehr Schulden – wir müssen aufpassen,
dass durch die Pandemie die Rollen zwischen Politik und Wirtschaft nicht dauerhaft neu verteilt werden.

Der Ruf nach dem Staat ist unüberhörbar.

Corona war die eine Katastrophe.

Putins Krieg in Europa ist die nächste Katastrophe.

Und es ist klar und auch richtig, dass der Staat, dass die öffentliche Hand jetzt stärker sein muss als in Nichtkrisenzeiten.

Wir sind ein Land mit starker Wirtschaftsleistung,
ein Land mit hohem Wohlstandsniveau.

Wir können viel leisten.

Wir können uns viel leisten.

Wir können auch viele Schulden aufnehmen.
Und das tun wir.

 

Aber langfristig muss das Prinzip lauten:

So viel Staat wie nötig, so wenig wie möglich!

Es ist ein Gebot der Gerechtigkeit und der Demokratie, dass wir uns nicht allzu hoch verschulden.

Die Schuldenlast muss für die nächsten Generationen zu schultern sein!

 

Jede zukunftsfähige Gesellschaft und jede kraftvolle Volkswirtschaft braucht Werte, die über das Hier und Heute und den Egoismus der Gegenwart hinausweisen.

Wir alle sind gefordert, die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft immer wieder neu mit Leben zu erfüllen.

Ihre Werte und Regeln haben nichts an Gültigkeit verloren.

Und sie müssen in den kommenden Jahren noch entschiedener verteidigt werden:

Da kommt den Tarifpartnern eine Schlüsselrolle zu!

 

 

IX. Kurs halten

Ich bin dankbar, dass bei Ihnen und mit Ihnen immer ein offenes Wort möglich ist.

Es lohnt sich immer, zu Ihnen zu kommen und Ihnen zuzuhören – auch wenn wir vielleicht nicht immer 100%ig einer Meinung sind.

 

Bleiben Sie, wie Sie sind:

  • streitbar,
  • standhaft,
  • den Interessen der Arbeitnehmerschaft und den Werten der Demokratie verpflichtet.

So habe ich unsere Gewerkschaften kennen und schätzen gelernt.

 

Ich verbinde mit Ihrem Wirken auch ein Ur-Element unserer Demokratie:
letztlich nämlich die Bereitschaft zum Kompromiss.

Diese Bereitschaft hatte in der Gesellschaft vor Putins Krieg und zu Corona-Zeiten in meiner Wahrnehmung arg gelitten.

Ich habe viel Unversöhnlichkeit erlebt, die dann überging in Systemkritik und Spott und Häme.

Bis hin zur Verächtlichmachung unserer Demokratie.

Das hat mich zutiefst beunruhigt.

 

Umso wichtiger ist es, sich auf die tragenden Pfeiler unserer Demokratie verlassen zu können.

Die Gewerkschaften sind oft hart in der Sache – und das müssen sie wohl auch sein: als Interessensvertreter, die in Verhandlungen stehen.

Aber niemals darf es so weit kommen, dass an unserer Demokratie und an unserer sozialen Marktwirtschaft grundlegende Zweifel gesät werden – dass ihnen der Kampf angesagt wird.

Und da weiß ich den DGB an meiner Seite!

 

Meine Damen und Herren,

Sie alle sind also ein Pfeiler der Erfolgsgeschichte
Bayerns und Deutschlands!

Machen Sie weiter so –
zum Wohle unserer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, zum Wohle unseres Landes,
zum Wohle unserer Heimat Bayern!

 

Glück auf und alles Gute!

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