Eröffnung des Erinnerungsortes „München-Riem 1970“ am 10. Februar 2025 am ehemaligen Flughafentower München-Riem
Es gilt das gesprochene Wort.
Oberbürgermeister Dieter Reiter
Stefan Vilsmeier
- Miki Dror,
- Ofer Katzenstein,
- Tami Katzenstein,
Die Lücke, die dieser Tag - an genau diesem Ort - vor 55 Jahren in Ihr Leben geschlagen hat,
konnte und kann durch nichts gefüllt werden.
Es tut mir unendlich leid,
dass Arie Katzenstein in München ermordet wurde,
dass Sie Ihren Vater hier verloren haben –
wir können das nicht heilen, nicht wieder gut machen.
Umso mehr, umso herzlicher, danke ich Ihnen für Ihre Worte, für Ihr Kommen, für Ihre menschliche Größe!
Dr. Hans-Joachim Heßler
Generalkonsulin Talya Lador-Fresher
Dr. Charlotte Knobloch
Damen und Herren!
Es ist eine furchtbare Ironie der Geschichte,
dass die ersten Opfer der Terrorserien in Deutschland nach 1945 – wieder – Juden waren.
Was das individuell für die Familien der Opfer und für Israel bedeutet, wurde uns eindrucksvoll geschildert.
Aber was bedeutet das eigentlich für uns?
Haben wir uns je wirklich angemessen mit dem antijüdischen Terror in Deutschland auseinandergesetzt –
- und was sagt wiederum das über unser Land aus?
- Was sagt uns das über die Entwicklungen
der letzten Jahre – speziell der letzten 16 Monate?
So verbinde ich mit diesem Erinnern auch die Hoffnung,
dass wir den Quellen und Konsequenzen des Hasses gegen Juden und den jüdischen Staat
richtig auf den Grund gehen.
Das ist mein Wunsch an diesem 10. Februar!
Einmal mehr hat es lange gedauert – über 50 Jahre –
ehe eine kluge, empathische Form der Erinnerung gefunden wurde.
Auch dieser Scheu vor Erinnerung lohnt es nachzugehen.
Fest steht aber:
An den Anwesenden hat es nicht gelegen! –
Allen voran danke ich Ihnen, lieber Stefan Vilsmeier,
und der Brainlab AG.
Nicht nur im Gehirn, sondern auch im Gedächtnis
dieses Ortes leuchten Sie die dunklen Stellen aus.
Und leisten damit einen weiteren wertvollen Beitrag
für diese Stadt und unsere Gesellschaft.
Sie verbinden erfolgreiches Unternehmertum mit großem geschichts- und verantwortungsbewusstem Engagement
– und das in herausragender Weise.
Ich danke Ihnen von Herzen!
Mein Dank gilt auch der Landeshauptstadt,
- dem Oberbürgermeister,
- dem Kulturreferenten Anton Biebl
- und den Bereichen „Public History“ und „Public Arts“.
Sie wollten nicht,
dass hier nur irgendwo versteckt ein Täfelchen hängt.
Sie haben sich zusammengetan:
die Stadt - die Brainlab AG - die Familie in Israel -
und die Künstlerin Alicja Kwade.
Gemeinsam bringen Sie hier
- Gedenken,
- Erinnern
- und Leben zusammen.
Auf eine kreative Weise,
- die uns tief berührt,
- die Herz und Verstand anspricht
- und die ein Nachdenken anstoßen will,
über den Tag hinaus.
Hier steht die Zeit still – und eben doch nicht.
Meine Damen und Herren,
es wurde bereits gesagt:
Der Anschlag vom 10. Februar 1970 fand nicht im luftleeren Raum statt.
Er steht im Kontext der damaligen terroristischen Anschläge
- wie dem Bombenanschlag auf das jüdische Gemeindehaus in Berlin 1969;
- dem Brandanschlag auf das Altenheim der IKG in München mit sieben Toten nur drei Tage nach Riem;
- dem Bombenanschlag auf die Swissair-Maschine nach Tel Aviv am 21. Februar 1970 mit 47 Toten;
- das Olympiaattentat `72 mit elf ermordeten israelischen Sportlern und einem ermordeten Polizisten;
- oder die Entführung des Air-France-Flugs aus Tel Aviv nach Entebbe 1976.
Das Motiv war hier wie da der mörderische Hass gegen Juden und den jüdischen Staat.
Und – an dieser Stelle will ich sagen:
Bei aller Freude über die Freilassung der israelischen Geiseln aus den Fängen und Qualen der Hamas,
bleibt der bittere Beigeschmack,
dass Israel im Kampf um diese unschuldigen Leben totbringende verurteilte Terroristen und Mörder freilassen muss – Terroristen und Mörder
vom selben Schlag wie die Täter hier in Reim.
Das ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit!
Denn auch in Ihnen lebt der mörderische Hass
der oben angeführten Attentäter fort.
Derselbe Hass, wie ihn die Terroristen
- der Hamas in die Welt tragen,
- die Hisbollah oder die Huthis.
Derselbe Hass hat am 7. Oktober 2023 zum größten antijüdischen Pogrom seit der Shoa geführt.
Wer diesen Hass
- relativiert oder rechtfertig,
- wer darin gar Freiheitskampf oder Widerstand sieht,
der spielt nicht nur das Spiel der Antisemiten –
der singt ihr Lied!
Und der Chor ist lauter geworden –
in den letzten Monaten.
Da werden Juden
– ganz unabhängig wie sie zu Israel stehen –
wahllos angefeindet und angegriffen,
nur weil sie Juden sind.
Ich will das ganz klar sagen:
Dieser massive Judenhass ist eine Schande für unser Land!
Aber – und auch das will ich deutlich sagen:
Wir sind dem nicht ausgeliefert.
- Nicht in der Politik.
- Nicht in Kunst und Kultur,
- oder an den Hochschulen.
- In keinem Bereich unserer Gesellschaft.
Es ist unsere Verantwortung sicherzustellen,
dass jüdische Menschen hier sicher und geborgen sind!
Meine Damen und Herren,
es darf in Deutschland nicht gefährlich sein,
jüdisch zu sein!
Und es darf nicht sein,
dass die jüdische Perspektive,
das jüdische Empfinden
in unserem Land nicht oder weniger zählt.
- Das gilt mit dem Blick auf die Shoa,
- Das gilt mit Blick auf den Terror in den 70ern.
- Das gilt mit Blick auf den Verteidigungskrieg des jüdischen Staates.
- Und das gilt für das Erleben von Judenhass im Alltag.
Wir brauchen
- mehr Verständnis,
- mehr Empathie
- und mehr tiefgründige Auseinandersetzung mit antijüdischen Einstellungen
– damals wie heute.
Ich hoffe, dass auch der heutige Tag
dafür den Weg frei machen kann.
Ich habe es am Holocaust-Gedenktag gesagt und
ich sage es heute wieder:
Dieses „immer wieder“ muss ein Ende haben!
Vielen Dank!