Windkraftanlagen und 10 H: Änderung der Bauordnung soll Rechtssicherheit herstellen

13.05.2020

  • Im Zusammenhang mit der Windkraftenergie bringen die Regierungsfraktionen CSU und FREIE WÄHLER eine Änderung der Bauordnung in den Landtag neu ein.
     
  • Windkraftanlagen, die bereits vor Inkrafttreten der 10 H-Regel im Herbst 2014 genehmigt oder genehmigungsfähig waren, aber mittlerweile mit einem anderen Anlagetyp in Betrieb gegangen sind, sollen danach künftig rechtssicher weiterbetrieben werden können.
     
  • BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, SPD und FDP kritisieren, dass die Erlangung von Rechtssicherheit nur für bereits vollständig errichtete und betriebsbereite Windkraftanlagen vorgesehen ist.
     
  • Der Gesetzentwurf wird in den nächsten Wochen federführend im Ausschuss für Wirtschaft, Landesentwicklung, Energie, Medien und Digitalisierung beraten.

Es gibt eine Reihe von Windkraftanlagen in Bayern, deren Bau vor Inkrafttreten der 10 H-Regel beantragt wurde, bei denen aber das Erlangen einer rechtssicheren Genehmigung mit allen erforderlichen Verfahrensschritten so lange dauerte, dass der beantragte Anlagentyp bei Erteilung der Genehmigung nicht mehr verfügbar war. Neue Anlagen sind in der Regel umweltfreundlicher, leiser und leistungsstärker. Ein Wechsel des Anlagentyps müsste aber erneut beantragt und dann auch im Lichte der 10 H-Regel geprüft werden. Nach bisheriger Verwaltungspraxis bedurfte es in solchen Fällen keiner neuen Genehmigung, wenn sich der Standort nicht ändert und die Gesamthöhe nicht zunimmt. Die neue Anlage konnte auf Basis der ursprünglichen Genehmigung einfach gemeldet werden.

In mehreren Eilentscheidungen hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im April 2019 diese von der Verwaltung akzeptierten Anlagentypwechsel rechtlich in Frage gestellt. Die nun von den Regierungsfraktionen CSU und FREIE WÄHLER eingebrachte Änderung der Bauordnung soll Rechtssicherheit für den Betrieb von bereits vollständig errichteten Anlagen, bei denen es in der Übergangszeit zu Typwechseln kam, herstellen.

„Schutzwürdiges Interesse der Bauherren“

„Wir privilegieren damit rückwirkend Anlagen, bei denen ein berechtigtes schutzwürdiges Interesse der Bauherren vorliegt, weil diese auf die Rechtmäßigkeit vertrauen konnten“, legte Alexander König, stellvertretender CSU-Fraktionsvorsitzender, dar. Konkret könnten im Freistaat somit nun 20 laufende Windkraftanlagen weiter betrieben werden, denen ansonsten durch eine geänderte Rechtsprechung am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ein Betriebsstopp drohe.

Etwa 20 Windkraftanlagen in Bayern würden davor bewahrt, wegen Rechtsunsicherheiten bei der 2014 eingeführten 10 H-Regel abgebaut zu werden“, führte auch Rainer Ludwig, der energiepolitische Sprecher der FREIEN WÄHLER, aus.

Demgegenüber zeigte sich der stellvertretende Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses, Martin Stümpfig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), enttäuscht von der Gesetzesvorlage. Er unterstrich, dass auch bei jenen Betreibern ein schutzwürdiges Interesse vorliege, deren Anlagen noch nicht vollständig errichtet sind.

Annette Karl, energiepolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, sah dies genauso: Der Gesetzentwurf „springt viel zu kurz“, weil er jene Anlagenbetreiber im Stich lasse, die sich auf die ausgeübte Verwaltungspraxis verlassen hätten. Sie hätten darauf vertraut, „dass etwas, wenn es genehmigt ist, nach Ablauf von zwei Jahren auch noch genehmigt ist“. Die Windkraftenergie in Bayern, so Karl, werde „mit Anlauf an die Wand gefahren“.

Aus der Sicht von Sebastian Körber (FDP), Vorsitzender des Ausschusses für Wohnen, Bau und Verkehr, zeigt die geplante Änderung der Bauordnung, dass die 10 H-Regel „nicht praxistauglich“ sei.

Josef Seidl (AfD) forderte insgesamt ein Ende der Windenergie in Bayern. Der Betrieb von Windrädern, der aus seiner Sicht mit erheblichen ökologischen Nachteilen verbunden sei, dürfe nicht, wie im Gesetzentwurf geplant, nachträglich legalisiert werden.

10 H-Regel
Die 10 H-Abstandsregel trat am 17. November 2014 als Bestandteil der Bayerischen Bauordnung in Kraft. Sie besagt, dass neue Windräder nur dann errichtet werden dürfen, wenn ihr Abstand zur nächsten Siedlung mindestens das Zehnfache der Höhe der Anlage beträgt. Bei einem 200 Meter hohen Windrad – das ist heute Standard – wären dies 2000 Meter.

Mit der Regelung wollte der damalige Ministerpräsident Horst Seehofer eine „Verspargelung“ der Landschaft verhindern und die Windkraft-Gegner in Bayern befrieden. Für die Befürworter der Windkraft ist 10 H einer der Hauptgründe für das Stocken der Energiewende in Bayern.

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