Bauausschuss: Sondersitzung zur Zweiten S-Bahn-Stammstrecke

Staatsminister Christian Bernreiter berichtet

10. Oktober 2022

Die Fertigstellung der Zweiten S-Bahn-Stammstrecke in München verzögert sich um mehrere Jahre und wird sehr viel teurer als ursprünglich angegeben. Aber woran liegt das? Und wer wusste wann davon? Mehr Klarheit sollte eine Sondersitzung im Bauausschuss bringen.

Staatsminister Christian Bernreiter (CSU) sollte den Abgeordneten Rede und Antwort zum Thema Zweite S-Bahn-Stammstrecke in München stehen. Sich ausführlich mit dem Thema zu befassen, sei ein fraktionsübergreifender Wunsch gewesen, so der Ausschussvorsitzende Sebastian Körber (FDP).  

Seit dem 29. September, einen Tag nach der Aufsichtsratssitzung der Bahn, lägen die Kosten und die Termine auf dem Tisch, so der Minister: Sieben Milliarden Euro soll das Projekt nun kosten. 5,5 Milliarden sollen die Basiskosten decken, 1,5 Milliarden sind als Risiko-Puffer eingeplant. Statt wie bisher angedacht 2028 soll das Projekt 2035 fertig werden. Eine Beschleunigung sei Experten zufolge nicht möglich. Bernreiter stellte klar: „Die Verantwortung für die jetzige Situation liegt eindeutig bei der DB als Bauherrin.“ Grundvoraussetzung für das Gelingen des Projekts sei eine enge Zusammenarbeit mit der Bahn.

Im Sommer hatte das Ministerium der Öffentlichkeit ähnliche Zahlen präsentiert, wie sueddeutsche.de berichtet: Damals war die Rede von 7,2 Milliarden Euro statt wie ursprünglich geplant 3,8 Milliarden und einer Fertigstellung 2037. Sein Haus hätte diese Zahlen mit denen der Bahn abgleichen wollen, doch diese habe sie nicht offengelegt habe, so Berneiter im Sommer.

Bei seinem Vortrag im Landtag trug der Minister nun eine Chronologie des Projektverlaufs vor. Demnach schätzte die Baubegleitung die Kosten bereits im März 2020 auf mindestens 4,8 Milliarden Euro. Von einer zeitlichen Verzögerung waren Fachleute bereits vorher ausgegangen.

Seine Vorgängerin im Amt, Kerstin Schreyer (CSU), habe Ministerpräsident Dr. Markus Söder (CSU) Ende Juni 2020 schriftlich informiert, dass die Baubegleitung inzwischen mit einer Fertigstellung Ende 2033 rechnet, so Bernreiter. Nach der Sommerpause dann sei die Staatskanzlei vom Ministerium über die prognostizierten Baukosten von mittlerweile 5,2 Milliarden Euro unterrichtet worden.

Nach dem Minister sprach Wolfgang Rauscher vom Baucontrolling, das dem Ministerium unterstellt ist. Er erklärte, was geplant ist, welche Bauabschnitte es gibt und wo die Herausforderungen liegen. Auch Rauscher äußerte den Wunsch, benötigte Daten von der Bahn zu bekommen.

Berthold Huber, Infrastrukturvorstand der Deutschen Bahn und ebenfalls in der Sondersitzung anwesend, sicherte zu, alle Daten für Termine und Kosten noch in dieser Woche verarbeitbar zur Verfügung zu stellen.

Die Zweite Stammstrecke sei „eines der wichtigsten Infrastrukturprojekte in Bayern“, sagte Jürgen Baumgärtner (CSU). Dass die Bahn plant und baut, während der Bund das Projekt finanziert, sei „ein signifikanter Systemfehler“. Er stellte fest: „An der Staatsregierung und am Minister liegt es nicht.“

Es sei wichtig, die Sachlichkeit nicht hintenanzustellen, so der stellvertretende Ausschussvorsitzende Manfred Eibl (FREIE WÄHLER). Er fragte, ob die Inflation miteinkalkuliert sei. Bei einer durchschnittlichen Inflationsrate von fünf Prozent auf 14 Jahre bedeute das eine 70-prozentige Kostensteigerung, rechnete er vor.

„Das Ganze ist ein erschreckender Skandal“, sagte der Abgeordnete Dr. Markus Büchler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Denn Staatsregierung habe den Landtag und die Öffentlichkeit nicht oder falsch informiert. Er betonte die Rolle des Parlaments als Kontrollorgan.

„So einen Dilettantismus wie man ihn hier erlebt, habe ich noch nicht gesehen“, sagte Inge Aures, SPD. „Wie kann so etwas überhaupt passieren, wie geht man mit unseren Steuergeldern um und wer hat eigentlich den Hut auf?“, fragte sie.

Spätestens 2019 sei der Bahn und der beteiligten Politik klar gewesen, dass das Projekt aus dem Ruder läuft, so der AfD-Abgeordnete Uli Henkel. Er fragte, ob es zwischen der DB AG als Bauherren und dem Freistaat Bayern als Auftraggeber ab 2019 wenigstens Gespräche darüber gegeben habe, wie man die Bauzeit verkürzen oder eine Kostenreduktion erreichen könne.

„Ich ringe um Fassung“, so Sebastian Körber, FDP-Politiker und Ausschussvorsitzender. Er sprach von einer groben Missachtung des Parlaments. Er selbst habe diverse Anfragen ans Haus des Ministers gestellt, die mit Blick auf die vom Minister vorgetragene Chronologie mindestens fehlerhaft, wenn nicht sogar falsch beantwortet worden seien. Diverse Kostenzwischenstände seien ihm, genau wie dem Kollegen Markus Büchler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), verheimlicht worden. Körber kündigte an, sich mit den Antworten dieser Sitzung nicht zufrieden zu geben.

Das Schlusswort hatte Bahn-Manager Huber: Die Bahn habe jedes Interesse daran, die Dinge transparent zu machen, sagte er. Wenn das in der Vergangenheit als zu wenig empfunden worden sei, müsse man das ändern. Mit dem Gremium wolle er weiter Austausch pflegen.

/ Anna Schmid

Randspalte

Seitenanfang