Europaausschuss: Sachverständigenanhörung zu den Aktivitäten der Volksrepublik in Bayern

China: Wichtiger, aber schwieriger Partner

28. Februar 2023

MÜNCHEN.       China investiert weltweit viel Geld. Davon profitieren auch bayerische Kommunen wirtschaftlich. Gleichzeitig erhöht sich dadurch die politische Einflussnahme der Volksrepublik. Wie der Freistaat darauf reagieren soll, diskutierten Sachverständige diese Woche auf Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie regionale Beziehungen des Landtags. Einigkeit bestand darin, dass es künftig in den Behörden mehr Wissen über das Land braucht.

Nach den pandemiebedingten Einschränkungen rechnet Claudia Wessling vom Mercator Institute for China Studies in Berlin in Zukunft wieder mit einer verstärkten Kontaktaufnahme Chinas mit bayerischen Städten und Kommunen. „Das Land will unabhängiger von ausländischen Hochtechnologien werden, und dazu braucht es Input aus Deutschland.“ Damit Behörden wissen, mit wem sie es zu tun haben, bräuchte es wesentlich mehr China-Kompetenz.

Stefan Pantekoek von der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin wies darauf hin, dass sich aktuell viele Städte und Gemeinden bei der Chinapolitik von ihren Landesregierungen alleingelassen fühlten. „Das gilt auch für Arbeitnehmervertreter, deren Betriebe vor einer chinesischen Übernahme stehen.“ Es brauche daher interkommunale Netzwerktreffen. Immerhin halten sich laut Pantekoek chinesische Eigentümer und Investoren bisher an die Regeln der betrieblichen Mitbestimmung.

„Früher hieß es immer, unsere Beziehungen zu China müssen reziprok sein“, sagte Dr. Saskia Hieber von der Akademie für Politische Bildung in Tutzing. Derzeit gebe es aber keine Handlungs- und Vertragssicherheit mit dem Land. Corona hat laut der Dozentin die Abkapselung noch verstärkt. Gleichzeitig brauche man China, beispielsweise beim Kampf gegen den Klimawandel oder bei der Rüstungskontrolle.

„Eine starke Abhängigkeit Chinas zu Deutschland hilft, Konflikten vorzubeugen“

Für Dr. Angela Stanzel von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin kann eine starke Abhängigkeit Chinas zu Deutschland dabei helfen, Konflikte wie zum Beispiel mit Taiwan zu verhindern. „Wir sollten uns daher nicht wie die USA von dem Land entkoppeln“, mahnte sie. Im Gegenteil: Deutschland müsse überlegen, wie es möglichst lange für China attraktiv bleibe. Umwelttechnologien könnten dabei eine Chance sein.

Ähnlich argumentierte Roderick Kefferpütz vom Mercator Institute for China Studies in Berlin. Er hielt die Aufkündigung von Städtepartnerschaften mit China wie in Schweden für den falschen Weg. „Was wir benötigen, ist ein kluges Risikomanagement.“ Dazu brauche es mehr Informationen darüber, welche chinesischen Unternehmen in einer Kommune sesshaft sind. Außerdem müsse an Beamtenhochschulen gelehrt werden, wie man mit politischer Einflussnahme aus China umgeht.

Der Präsident der Zeppelin Universität Friedrichshafen, Prof. Dr. Klaus Mühlhahn, sprach sich dagegen aus, die Forschungskooperationen mit China einzudämmen. „Die Zusammenarbeit ist nicht nur für China bedeutsam, sondern auch für deutsche Institutionen, die chinesische Expertise benötigen.“ Ein Abbruch der Wissenschaftsbeziehungen schade den Wissenschaftlern, die die Werte einer offenen und freien Wissenschaft in China teilen würden.

„Wirtschaftlich wäre eine Abkoppelung von China ein Desaster“

Prof. Dr. Georg Stephan Barfuß, Leiter des Wirtschaftsreferats der Stadt Regensburg, nannte eine mögliche Abkoppelung von China aus wirtschaftlicher Sicht „ein Desaster“. Dann würden die Umsätze der Unternehmen um 20 Prozent einbrechen und zehntausende Arbeitsplätze wegfallen. „Ohne die Gewerbesteuer durch das China-Geschäft in Höhe von 250 Millionen Euro könnte Regensburg auch seine kommunalen Pflichtaufgaben nicht mehr erfüllen.“

Wie wichtig China für die Wirtschaft ist, unterstrich auch Christoph Angerbauer von der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern. Allein BMW habe dort letztes Jahr 800.000 Fahrzeuge verkauft, in Indien lediglich 8000. „Das diversifizieren Sie nicht einfach weg.“ Natürlich zeige das Beispiel Russland, wie wichtig alternative Märkte sind. Aber man dürfe China und Russland nicht auf eine Stufe stellen.

Die Abgeordneten sahen in der Fragerunde den Handel mit China skeptisch. Prof. Dr. Winfried Bausback (CSU) gab zu bedenken, dass viele chinesischen Investitionen nur darauf abzielten, sich deutsches Know-how zu sichern. „Kann man da von einer fairen Partnerschaft auf Augenhöhe sprechen?“, fragte er. Auch trieb ihn die Sorge vor Spionage um. Die Europäische Union, die USA und Kanada hatten jüngst die chinesische Social-Media-App Tiktok auf Regierungshandys verboten.

„Was ist mit Wirtschaftsspionage, Produktpiraterie, Umweltschäden und Menschenrechten?“

Gabi Schmidt (FREIE WÄHLER) mahnte, bei den wirtschaftlichen Gewinnen auch die Verluste durch beispielsweise Wirtschaftsspionage, Produktpiraterie und Umweltschäden mit einzuberechnen. „Und wie wollen wir die Verletzungen der Menschenrechte einpreisen?“ Die Abgeordnete selbst darf nicht mehr nach China einreisen. „Wenn man einmal etwas sagt, was nicht gefällt, ist man von der Einreiseliste gestrichen.“

Von Versuchen der politischen Einflussnahme durch China berichtete auch Markus Rinderspacher (SPD). Das habe er als Abgeordneter sowohl bei Reisen nach Taiwan als auch bei Empfängen des Landtags mit bayerischen Uiguren erlebt. „Viele trauen sich inzwischen nicht mehr, zu Hause anzurufen, weil sonst Familienmitglieder unter Druck geraten.“ Rinderspacher hält einen Angriff Chinas auf Taiwan nur noch für eine Frage der Zeit.

Florian Siekmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) warnte davor, dass China mittel- bis langfristig so stark werden könnte, dass es deutschen Unternehmen technisch überlegen ist. „Auch in Bayern gibt es ein dichtes Beziehungsgeflecht, das China geschickt nutzt.“ Bisher agiere die Staatsregierung zu „blauäugig“. Künftig gelte es daher, die bayerischen Kommunen beim Umgang mit der chinesischen Seite besser zu unterstützen.

/ David Lohmann

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