EU-Ausschuss: „Fake News sind das größte Problem“

Informationsgespräch mit israelischer Generalkonsulin im Europaausschuss

6. Februar 2024

MÜNCHEN.    Der Nahostkonflikt, die bayerisch-israelischen Beziehungen sowie die Umsetzung der EU-Antisemitismus-Strategie – aktuelle Themen, über die sich Talya Lador-Fresher, Generalkonsulin des Staates Israel in München, mit den Abgeordneten des Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie regionale Beziehungen ausgetauscht hat. In dem Informationsgespräch wurde bekräftigt, dass Bayern solidarisch an Israels Seite stehe.

Im Februar 2024 sind bereits über 100 Tage seit dem brutalen Angriff der Hamas auf Israel vergangen. Die kriegerischen Auseinandersetzungen forderten seitdem tausende Opfer und noch immer befinden sich 136 Geiseln in der Gewalt der Hamas. Die Vorsitzende des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie regionale Beziehungen, Ulrike Müller (FREIE WÄHLER), eröffnete das Gespräch mit einem Versprechen: „Unser Herz schlägt für Israel, wir verurteilen den Angriff vom 7. Oktober 2023 zutiefst und wollen alles tun, was Bayern im diplomatischen Bereich möglich ist, um Israel zu unterstützen.“

Gute Beziehungen zwischen Bayern und Israel

Für die Generalkonsulin Israels, Talya Lador-Fresher, sei die Zeit seit dem 7. Oktober 2023 stehengeblieben. „Die Befreiung der 136 Geiseln hat für Israel oberste Priorität und unser Ziel ist es, die militärische Infrastruktur der Hamas zu zerstören“, erläuterte sie. Sorgen bereiteten ihr die Zwischenfälle mit der Hisbollah an der libanesischen Grenze sowie der zunehmende Antisemitismus in Deutschland – sowohl im Rahmen der Pro-Palästina-Demonstrationen als auch durch die Zunahme antisemitistischer Straftaten. „Es gibt aber auch gute Nachrichten: die bayerisch-israelischen Beziehungen“, hob Lador-Fresher hervor. Mit dem Besuch der Bayerischen Staatsregierung im Dezember 2023 in Tel Aviv habe der Ministerpräsident ein starkes Zeichen gesetzt. Die Generalkonsulin befürwortete, dass CSU und FREIE WÄHLER das Existenzrechts Israels und die Bekämpfung von Antisemitismus im Koalitionsvertrag verankert haben. Lador-Fresher warb zudem für Israel als Investitionsstandort trotz der aktuellen Lage: „In Israel zu investieren lohnt sich langfristig und ist eine profitable Angelegenheit.“ Die Kaufkraft im Land hätte im Vergleich zum Vorjahr nicht signifikant abgenommen und auf dem Arbeitsmarkt herrsche Vollbeschäftigung.

Verteidigung westlicher Werte

Lador-Fresher betonte, dass Israel aktuell nicht nur einen Verteidigungskampf führe, sondern auch den Terror bekämpfe, der von demokratiefeindlichen Kräften ausginge: „Israel verteidigt Werte der westlichen Welt, die Bayern und Israel verbindet.“ In diesem Zusammenhang sagte der Antisemitismusbeauftragte der Staatsregierung Dr. Ludwig Spaenle: „Wir erleben eine Explosion der antisemitischen Straftaten in Bayern. So eine Bedrohungslage gab es seit Jahrzehnten nicht mehr.“ Jüdische Familien lebten in einer eingeschränkten Form ihrer Freizügigkeit und das müsse uns zu denken geben, ergänzte Spaenle. So habe die polizeilich registrierte Zahl der antisemitischen Straftaten im vergangenen Jahr mit 538 dramatisch zugenommen. Er forderte ein Bekenntnis des Gemeinwesens mit dem Staatsziel „Schutz des jüdischen Lebens und Bekämpfung des Antisemitismus und Rassismus“ in die Bayerische Verfassung als deutliches Signal mitaufzunehmen. Karl Freller, Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, hob die Bedeutung der Aufklärungsarbeit hervor: „Wir begegnen vielen jungen Menschen, die mit Judenfeindlichkeit aufgewachsen sind, und das ist unsere Herausforderung, ihnen zumindest eine neutrale Bewertung Israels nahezubringen.“ Der Generalkonsulin dankte Freller dafür, dass sie in den letzten Wochen viele Sympathien für ihr Land geschaffen habe.

Debatte über Umgang mit Sozialen Medien

In der anschließenden Diskussion kritisierte Cemal Bozoğlu (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), dass die Erfassung von antisemitischen Straftaten mit Bezug zu den neuen verschwörungsideologischen Protestbewegungen und zum israelbezogenen Antisemitismus immer noch unzureichend sei. „Die offiziellen Zahlen weichen stark von den Zahlen ab, die durch zivilgesellschaftliches Monitoring dokumentiert wurden, wie es beispielsweise durch RIAS Bayern geschieht“, sagte er. Markus Rinderspacher (SPD) unterstrich die Wichtigkeit, sich mit dem grassierenden Antisemitismus in Europa auseinanderzusetzen, der auch immer öfter im Politikbereich aufträte. Er stellte die Frage, wie parteipolitischer Antisemitismus besser in die Schranken gewiesen werden könne? Auch Dr. Gerhard Hopp (CSU) äußerte die Frage, wie mit Antisemitismus im Inneren und Falschinformationen in den Sozialen Medien umgegangen werden müsse? Lador-Fresher bestätigte: „Unser größtes Problem sind die Sozialen Medien und Fake News, vieles ist auf den Nachrichtenkanälen total falsch dargestellt.“ Im israelischen Außenministerium stehen die Mitarbeiter deshalb in direktem Kontakt mit Ansprechpartnern von sozialen Kanälen wie Facebook und Instagram, um Falschinformationen zu melden, sowie innerhalb von 24 Stunden zu löschen. Gabi Schmidt (FREIE WÄHLER) betonte abschließend, dass in der Diskussion niemand vergessen dürfe, dass es in dem Angriffs-Krieg nicht nur um Territorien gehe. Sondern es gehe den Angreifern auch in erster Linie darum, Menschen gezielt auszurotten, was an Gemeinheit nicht mehr zu übertreffen sei.

/ Anja Guthardt

Randspalte

Seitenanfang