Europa: „Jeder ist Botschafter“

München, 04.05.2021

Im Austausch mit Christa Schweng, Präsidentin des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA), diskutierten die Abgeordneten im Europaausschuss, zu Beginn der diesjährigen „Europawoche“ welche Chancen sich für Bürger aus der bevorstehenden Konferenz zur Zukunft Europas ergeben.

Wie kann Europa widerstandsfähiger aus der Covid-19-Krise hervorgehen? Dieser Frage hat sich Christa Schweng als Präsidentin des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses verschrieben. Dieser ist neben dem Ausschuss der Regionen ein beratendes Gremium der EU-Institutionen. Der Ausschuss baut die Brücke zwischen Brüssel und den alltäglichen Herausforderungen der Wirtschaftsvertreter, Gewerkschaften und der sonstigen Zivilgesellschaft. Vizepräsident Karl Freller (CSU) leitete das Informationsgespräch in Bezug auf die Bedeutung der EU für jeden einzelnen Bürger ein: „Finanzkrise, Flüchtlingskrise, Brexit und aktuell die Coronakrise – wir brauchen nicht glauben, dass wir alleine als einzelnes Land die Herausforderungen meistern können. Das heutige Gespräch zeigt, wie wichtig die europaweite Zusammenarbeit ist und dass sich der Bayerische Landtag seiner wichtigen Rolle bewusst ist.“

Erfolg mit Bottom-up-Prozess

Schweng unterstützte den Appell Frellers. In der Konferenz zur Zukunft Europas sieht sie eine Chance, die Zivilbevölkerung mit ins Boot zu holen und ihnen eine Stimme zu geben. „Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass der Schlüssel zum Erfolg der Konferenz zur Zukunft Europas darin liegt, dass diese nach einem breiten, partizipativen Bottom-up-Prozess durchgeführt wird. An diesem Prozess muss eine Vielzahl von Akteuren – aus allen Regionen – beteiligt sein, um Erfolg zu haben“, sagte sie.

Dashboard für Transparenz

Damit sich aus Ergebnissen der Konferenz tatsächliche Verbesserungen für das tägliche Leben der Menschen in Europa ergeben, müssten zudem transparente „Follow-up-Maßnahmen“ folgen. „Wir fordern daher ein ‚Dashboard‘, in dem jeder Bürger die konkrete Umsetzung der Maßnahmen verfolgen kann. Wenn diese nicht weiterverfolgt werden, muss diese Entscheidung auch transparent klargemacht werden.“ Als Auftakt für Aktivitäten kündigte Schweng eine Konferenz Mitte Juni in Brüssel an. „Die Stärke unserer Initiative liegt im Wissen der verschiedenen Mitglieder vor Ort. Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter und die Mitglieder unserer diversen Gruppe wissen am besten, wo die Probleme liegen. Die Mitglieder dienen als Multiplikatoren, Botschafter und Vermittler in der Debatte. Diese sind in ihren Mitgliedstaaten ansässig und nicht nur in der ‚Brüsseler Blase‘. Das macht sie sozusagen zur idealen Brücke zwischen den Bürgern, d.h. der organisierten Zivilgesellschaft und der Konferenz“, erläuterte die Präsidentin des EWSA.

EU-Sozialgipfel als Chance?

In der anschließenden Diskussion fragte Markus Rinderspacher (SPD) nach den Chancen, die Schweng im bevorstehenden EU-Sozialgipfel in Porto sehe. Das Erreichen der drei Kernziele des Gipfels – darunter die Erwerbstätigkeit von mindestens 78 Prozent der Bevölkerung im Alter zwischen 20 bis 64 Jahren – müssten laut Schweng sowohl von den Regierungen als auch der organisierten Zivilgesellschaft unterstützt werden. Gabi Schmidt (FREIE WÄHLER) kritisierte in diesem Zusammenhang die extrem hohe Jugendarbeitslosigkeit einzelner Mitgliedsstaaten. Schweng hob hervor, dass die Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen in den vergangenen Jahren in einigen Regionen halbiert worden sei. Wo keine Verbesserungen eingetreten seien, müsse explizit nach den Gründen gesucht werden. Florian Siekmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) fragte, wie junge Menschen als Vertretung der Zivilgesellschaft in Prozesse integriert werden sollen. „Es ist wichtig, dass junge Menschen strukturiert miteinbezogen werden“, betonte Schweng. Wie dies geschehe, läge allerdings in der Verantwortung der einzelnen Mitgliedsstaaten, da bisher keine Quoten dazu existieren.

Die Europäische Union (EU) feiert jährlich am 9. Mai ihren „Europatag“. Seit 1995 wird in Deutschland rund um den Europatag bundesweit die „Europawoche“ mit zahlreichen Veranstaltungen durchgeführt. Die Aktivitäten sollen dazu einladen, über Europa nachzudenken und gemeinsam zu diskutieren sowie andere Kulturen und Länder Europas näher kennenzulernen. Wer seine Chance nutzen möchte, sich Gehör zu verschaffen und mitzuteilen, in welchem Europa er leben möchte, bekommt die Gelegenheit dazu auf dieser Plattform, der Anlaufstelle der Konferenz zur Zukunft Europas: futureu.europa.eu
Eine weitere Möglichkeit sich im Rahmen der „Europäischen Hausparlamente“ einzubringen bietet das Projekt der Pulse of Europe Bewegung: homeparliaments.eu/

Die Ausschuss-Sitzungen werden aktuell auf dem YouTube-Kanal des Bayerischen Landtags im Livestream übertragen.

Die Tagesordnungen zu allen Ausschuss-Sitzungen finden Sie unter Aktuelles/Tagesordnungen und kommen hier zum Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie regionale Beziehungen.

/ AS

 

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